Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
offen gestanden, schon gedacht, dass es Schwierigkeiten geben könnte. Im Moment wird jeder arbeitsfähige Mann auf den großen Schaffarmen gebraucht.«
»Da unter diesen Umständen kaum Hoffnung besteht,dass sich so bald ein Käufer für die Farm findet, sollte ich die Kinder vielleicht vorübergehend erst einmal hier an der Schule anmelden. Was meinen Sie, Emily?«
»Nun, vielleicht ist das jetzt gar nicht mehr notwendig.« Sie stand auf, ging in den Korridor und kehrte kurz darauf mit einem kleinen Notizzettel zurück, den sie Shelly überreichte. »Hier, das ist die Telefonnummer von Jonas Reardon. Er bittet Sie, ihn zurückzurufen. Es hörte sich ganz so an, als wollte er Ihnen ein Kaufangebot für die Farm machen.«
»Und das sagen Sie mir jetzt erst?« Ungläubig starrte Shelly sie an.
Emily seufzte. »Es tut mir leid. Ich weiß, ich hätte es Ihnen gleich sagen sollen, aber …« Schuldbewusst senkte sie den Kopf. »Der Gedanke, dass das alles hier schon bald jemand anderem gehören könnte, macht mir ganz einfach Angst. Können Sie das denn nicht verstehen?«
Shelly hielt die Luft an. Sie hätte sich ohrfeigen können für ihr unsensibles Verhalten. Natürlich konnte sie Emilys Ängste sogar sehr gut nachvollziehen. Es tat ihr leid, dass die ältere Frau litt, denn sie mochte sie sehr und wünschte sich wirklich, etwas für sie tun zu können. Doch ihr war klar, dass sie, sobald der Kauf abgewickelt war, kaum noch Einfluss darauf haben würde, was mit Emily geschah.
»Nun machen Sie sich um mich alte Frau keine Gedanken«, sagte Emily, als hätte sie Shellys Gedanken gelesen. »Ich bin im Leben noch immer auf die Füße gefallen und werde es ganz bestimmt auch dieses Mal tun. Na los, rufen Sie Jonas schon an!«
Der Kaufinteressent war ein junger Schaffarmer, der Sohn von Bob Reardon, dem Mann, der ihr und ihren Kindern mit dem Wagen geholfen hatte. Und das Gespräch mit ihm verlief für Shelly äußerst positiv. Jonas Reardon zeigte sich sehrinteressiert an der Farm, und sie verabredeten für den nächsten Tag ein persönliches Treffen.
»Und, wie ist es gelaufen?«, fragte Emily, als Shelly kurz darauf in die Küche zurückkehrte.
»Sehr gut. Mr Reardon kommt morgen Nachmittag hierher, um die Details zu klären.« Sie umarmte die ältere Frau glücklich. »Ach, Emily, ich bin ja so froh! Wenn alles klappt, kann ich mit den Kindern schon in ein paar Wochen weiter nach Auckland ziehen und brauche mich hier gar nicht mehr um einen Schulplatz zu kümmern.«
»Ich freue mich für Sie.« Emilys Lächeln wirkte ehrlich. »Wirklich. Aber ich fürchte, Geraldine Wood wird über diese Entwicklung alles andere als begeistert sein.«
»Ach was!« Shelly winkte ab. »Was soll sie schon machen? Nein, nein, jetzt wird alles gut, das spüre ich einfach!«
»Ja, Malcolm, das hilft mir sogar sehr weiter. Vielen Dank, dass Sie mich gleich informiert haben. Sie können sicher sein, dass ich Ihre Loyalität in dieser heiklen Angelegenheit sehr zu schätzen weiß. Melden Sie sich bitte, wenn Sie etwas Neues erfahren. Ja … Ihnen auch noch einen schönen Abend.«
Geraldine beendete das Telefonat und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Nachdenklich legte sie die Fingerspitzen aneinander und hob die Zeigefinger an die Lippen. Ein paar Minuten saß sie regungslos, dann nahm sie den Telefonhörer wieder zur Hand und wählte aus dem Gedächtnis eine Nummer.
»Ja, Geraldine Wood hier, guten Abend«, sagte sie, als sich jemand meldete. »Hören Sie, ich will sofort zur Sache kommen: Ich habe erfahren, dass Sie eine Kreditanfrage bei der AAB gestellt haben und in diesem Zusammenhang erwähnten,dass Sie das Grundstück des alten Ben Makepeace kaufen möchten …«
Einen Moment lang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann: »Wer hat Ihnen das gesagt?«
Geraldine lächelte. Sie wusste, dass sie so gut wie gewonnen hatte. »Wie ich in den Besitz dieser Informationen gelangt bin, tut nichts zur Sache. Ich rufe lediglich an, um Ihnen zu sagen, dass Sie besser daran täten, die Finger von der Makepeace-Farm zu lassen.«
»Soll das eine Drohung sein?«, fragte ihr Gesprächspartner empört.
»Keineswegs«, entgegnete Geraldine ausgesucht freundlich. »Nur ein gut gemeinter nachbarschaftlicher Rat.«
Mit diesen Worten legte sie auf, ohne die Reaktion des Mannes abzuwarten. Sie durfte auch so sicher sein, dass sie ihn in der Tasche hatte. Jonas Reardon war nicht dumm, er wusste, dass er bei einer direkten
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