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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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nicht doch noch etwas hätte tun können, um die Maßnahmen gegen die Muslime unseres Königsreichs zu verhindern. Er täte mir einen Gefallen, wenn er mir erlaubt, diesen Schuldschein zu vergessen, denn wenn, dann habe ich eine Schuld bei den Mauren offen, weil ich das Moriskenedikt nicht habe verhindern können – und auch so manch anderes nicht, was Ihr und Euer Volk seit dem Ende der Reconquista zu erleiden hattet, eine Schuld, die ich wohl nie werde begleichen können.«
    »Ihr …«
    »Nein, Zahra, bitte, lasst es so stehen. Und jetzt will ich Euch nicht länger aufhalten. Es war mir wichtig, Euch noch einmal zu sehen, bevor ich … Und ich hoffe, dass sich Jaime besinnen und doch nicht in den Krieg ziehen wird. Selbst ein Blinder kann sehen, wie sehr er Euch und Eure Kinder liebt!«
    Noch ehe Zahra etwas erwidern konnte, erhob er sich, verneigte sich zum Abschied und verließ mit langen Schritten den Patio. Nachdenklich sah Zahra ihm nach, und mit einem Mal vermisste sie Jaime mit solcher Macht, dass ihr Körper nur noch ein einziger stechender Schmerz war. Doch statt ihr Leid hinauszustöhnen, biss sie die Zähne zusammen und straffte sich – und merkte nicht, dass ihr die Tränen wie Bäche über das Gesicht rannen.
     
    Es war Tamus Hand, die sie zurück ins Hier und Jetzt holte, diese rauhe, inzwischen ach so faltige Hand, deren Wärme sie von Kindesbeinen an kannte. Sie spürte sie auf ihrer Wange, wo sie ihr die Tränen abwischte, und sah zu ihr auf. Tamu tätschelte ihr mitfühlend die Schulter und ließ sich mit einem schweren Seufzer neben sie sinken. »Er hat recht«, murmelte die Alte. »Jaime liebt Euch, und Ihr werdet es bitter bereuen, wenn Ihr ihn nicht davon abhaltet, in diesen unseligen Krieg zu ziehen!«
    »Eigentlich dachte ich, dass du allmählich zu schlecht hörst, um noch immer lauschen zu können«, grummelte Zahra, aber in ihren Augen war kein Vorwurf, sondern nur Zuneigung für die alte Berberin zu lesen.
    »Es sind nicht die Ohren, mit denen ich so etwas aufnehme, es ist das Herz«, entgegnete Tamu sanft und trocknete auch noch ihre andere Wange. »Es ist gut, dass Ihr weint. Nur das kann Euch helfen, wieder ins Leben zurückzufinden. Ganz über den Berg seid Ihr erst, wenn Ihr das Leben wieder in Euch spüren könnt – und das tut nun einmal manchmal weh …«
    »Ach, Tamu«, seufzte Zahra.
    »Aber nicht nur Ihr macht mir Sorgen, Herrin«, sagte die Berberin einen Moment später mit belegter Stimme.
    »Ich weiß.« Zahra sah sie an. »Chalida …«
    Tamu nickte. »Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das Kind zum letzten Mal lachen gehört habe – und je näher die Hochzeit rückt, desto mehr zieht sie sich in sich zurück.«
    »Ich glaube nicht, dass die Hochzeit etwas damit zu tun hat. Ich … ich bin es, die ihr aufs Gemüt drückt.«
    Tamu atmete hörbar durch die Nase aus und schüttelte den Kopf. »Wie wenig Ihr Eure Tochter kennt!«
    »Was willst du damit andeuten?«
    »Nicht mehr, als ich damit gesagt habe.« Sie warf ihr einen Blick zu, der deutlich zum Ausdruck brachte, dass sie sich nicht weiter zu dem Thema äußern würde.
    »Tamu, wenn du mehr weißt als ich …«
    »Ich weiß nichts, und ich höre schlecht. Aber ich habe Augen im Kopf. Und die habt Ihr auch.« Ächzend erhob sich die Alte. Sie nickte ihr noch einmal nachdrücklich zu und ging zurück ins Haus.
     
    Noch am gleichen Abend versuchte Zahra, mit Chalida zu reden, doch auf ihre Frage, wie es ihr ginge und ob sie ihr helfen könne, verschloss diese sich sofort und versicherte ihr, dass sie sich keine Gedanken machen müsse.
    »Und die Hochzeit?«, fragte Zahra behutsam weiter. »Ich … also, wenn es da etwas gibt, das dir Sorgen macht, dann solltest du es sagen und …«
    »Aber nein, Mutter, auch die macht mir keine Sorgen, ehrlich nicht. Ich bin Musheer während seiner Krankheit nähergekommen und weiß jetzt, dass Ihr mir einen wahrhaft guten Mann ausgesucht habt!«
    »Aber dich belastet doch etwas, Kind, das spüre ich, und auch Tamu sagt das. Oder ist es wegen deines Vaters und mir und weil er jetzt nach Neapel gehen will?«
    »Zerbrecht Euch meinetwegen nicht den Kopf, es geht mir gut. Kann ich jetzt gehen? Anisha ist eben gekommen und muss schon in einer Stunde wieder zurück …«
    Seufzend ließ Zahra sie ziehen, obwohl ihr klar war, dass Chalida es nicht Anishas wegen so eilig hatte.
Trotzdem hat Tamu nicht recht,
dachte sie, als sie nachdenklich auf ein Sitzkissen

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