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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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euch!«
    Doch das hörte Chalida schon nicht mehr. Sie stieß ihrem Pferd die Fersen in den Leib und jagte es zur Farm. Aaron brüllte ihr noch nach, dass sie sofort zurückkommen solle, sie sich sinnlos in Gefahr bringe und sie alles nur noch schlimmer mache, doch nichts drang mehr zu ihr durch. Schon wenige Minuten später erreichte sie die Farm. Gerade als sie in den Hof ritt, stießen die Büttel ihre Mutter aus dem Haus. Sie stürzte, fiel in den Staub und wurde von einem der Büttel in den Leib getreten. »Na los, weitergehen, ausruhen kannst du dich, wenn du in der Hölle schmorst!« Und wieder trat er zu.
    Mit einem gellenden Aufschrei sprang Chalida vom Pferd und rannte ihrer Mutter zu Hilfe. »Lasst sie in Ruhe, so lasst sie doch! Das dürft Ihr nicht!«
    Als der Büttel ihre Mutter erneut mit einem Tritt weiterbeförderte, stürzte sich Chalida auf ihn und schlug ebenso panisch wie blindwütig auf ihn ein. »Ihr sollt meine Mutter in Frieden lassen, hört sofort auf damit!«
    »Verdammtes muslimisches Miststück!«, fluchte der Büttel und hieb Chalida mitten ins Gesicht. Sein Handrücken traf sie an der Schläfe. Chalida taumelte zurück, wurde von einem weiteren Schlag getroffen, stürzte und fiel gegen die Hauswand. Auch nach ihr trat der Büttel jetzt. Sein nächster Tritt traf sie am Kopf und ließ sie in einem dichten Nebel versinken.

XI.
    Granada
Herbst 1502
    A ls Chalida zu sich kam, spürte sie die Wärme eines Leibes, der sie hielt, und eine Hand, die ihr sanft übers Haar strich und sie damit Stück um Stück dem Alpdruck entriss, der sie wie ein Eisenmantel einzwängte und ihr den Atem nahm. Sie machte Anstalten, sich aufzusetzen und die Augen zu öffnen, doch sofort packte die Hand beherzter zu und drückte sie zurück.
    »Bleib liegen, mein Herz, wenigstens noch eine Weile, bis du wieder ganz zu dir gekommen bist!«
    Jetzt öffnete Chalida endgültig die Augen, sah zu ihrer Mutter auf – und augenblicklich schoss ihr ein so stechender Schmerz in den Kopf, dass sie die Augen sogleich wieder zukniff. Sie tastete über die pochende Stelle über dem Ohr und spürte etwas Klebriges. Ihre Mutter zog ihre Hand zurück. »Nicht, so bringst du nur noch mehr Schmutz in die Wunde!«
    Allmählich nahm Chalida trotz der rasenden Kopfschmerzen mehr von ihrer Umgebung auf: Sie spürte den festgestampften Lehmboden unter der Hand, nahm die feuchte Kälte und die Dunkelheit wahr und hörte ein Stöhnen, das von weither zu kommen schien. Sie öffnete die Augen wieder, bewegte den Kopf diesmal weit behutsamer, erkannte, dass sie in einem Kerker eingesperrt waren, und sah sich erschrocken um, ob auch noch andere Familienmitglieder hier untergebracht waren, konnte aber unter dem guten Dutzend Frauen kein bekanntes Gesicht entdecken.
    »Wo sind Ranaa und Deborah und die anderen?«, fragte sie mit banger Stimme und wurde noch banger, als sie sah, wie ihre Mutter schluckte. »Aber … aber sie … sie sind doch nicht …«
    »Nein, nein, das nicht!«, fiel Zahra ihr hastig ins Wort. »Die Büttel sind zwar auch mit ihnen nicht eben zimperlich umgegangen, aber abgeführt haben sie nur uns beide.« Zahra küsste sie innig aufs Haar. »Ach Kind, warum hast du mir bloß zu helfen versucht? Es tut mir so leid, dass du jetzt auch noch in dies alles hineingeraten bist! Aber dein Vater wird dich gewiss bald holen kommen! Raschid hat bestimmt schon mit ihm geredet, und dir können sie nichts vorwerfen. Nur ich habe nicht die Messe besucht, nur mich können sie anklagen!«
    Wieder strich Zahra ihr übers Haar. Doch statt den Trost der Geste zu spüren und sich zu beruhigen, züngelte in Chalida ein immer heißer, immer bedrohlicher werdender Gedanke hoch: der Fes, der rote Fes! Nur sie allein war an der Verhaftung schuld – und wenn Gott sie strafen wollte, dann hatte er recht: Sie hätte nicht mit Anisha über Aaron reden und noch viel weniger Zukunftspläne mit Aaron schmieden und sich ihm sogar hingeben dürfen. Man schwor dem Allmächtigen nicht etwas und suchte sich dann ein Schlupfloch, um ihn zu hintergehen … Und je länger sie darüber nachdachte, was sie mit Anisha im Wald alles besprochen hatte, desto elender und jämmerlicher wurde ihr zumute. Mein Gott, welches Unglück habe ich mit meinem Egoismus, meinem Eigensinn, meinem Ungehorsam über meine Familie gebracht! Erneut schnürte sich ihr der Brustkorb zusammen, bis sie kaum noch Luft bekam und sich alles um sie herum zu drehen begann.
    »Mutter,

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