Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)
Stadt marschiert, um sich auf die Suche nach Lutz und Oswald zu machen.
In einer Seitengasse, im Hinterhof einer Schenke, entdeckte er endlich ihren Wagen. Er betrat die Schenke, in der es bereits hoch herging.
Im hintersten Eck, kaum zu erkennen in der düsteren Kaschemme, fand Gero seine zwei Kumpane und setzte sich wortlos zu ihnen. Er bestellte ein Bier und kam ohne viel Aufhebens gleich zur Sache. »Ich bin drin«, meinte er.
»Wie hast du das angestellt?«, wollte Lutz wissen.
»Erzähle ich euch ein andermal. Ich habe nicht viel Zeit, schließlich unterstehe ich jetzt dem gräflichen Burghauptmann. Nur so viel: Ihr müsst morgen früh beim ersten Tageslicht eine Taube mit einer Nachricht losschicken.«
»Und wie lautet die Nachricht?«, fragte Oswald.
Da die Wirtin das Bier brachte, schwieg er so lange, bis sie wieder fortging. Dann griff er in den Schaft seines Stiefels und drückte Lutz unter dem Tisch einen kleinen, zusammengerollten Zettel in die Hand. Er trank das Bier in wenigen langen Zügen aus, ohne abzusetzen, wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab und erhob sich.
»Bis demnächst«, sagte er. »Und sauft nicht zu viel. Ich will nicht, dass ihr betrunken etwas ausplaudert, habt ihr verstanden?«
Oswald und Lutz nickten. Gero drehte sich um und verschwand durch die Tür.
* * *
Hunderte von flackernden Kerzen tauchten den Altarraum der Klosterkirche von Heisterbach hinter dem Lettner in rötlich schimmerndes Licht.
Die Seitentür im Kirchenschiff, die direkt zu den Räumlichkeiten des Abtes führte, ging auf. Der Erzbischof trat mit ernster Miene heraus, Abt Sixtus, sein Adlatus, hielt ihm devot die Tür auf. Dann eilte Abt Sixtus dem Erzbischof voraus und öffnete die Tür des Lettners, durch die Konrad von Hochstaden in den vorderen Altarraum ging.
Vor dem Altarkruzifix, dem lebensgroßen Christus am Kreuz, fiel der Erzbischof auf die Knie, schloss die Augen und betete. Abt Sixtus, der sich dezent im Hintergrund hielt, wurde allmählich unruhig. So viele geschäftliche Angelegenheiten waren noch durchzugehen und zu besprechen. Derart quälend lange hatte der Erzbischof um diese Zeit, es war nach der Terz, noch nie stille Zwiesprache mit seinem Gott gehalten.
In diesem Moment wurde die Tür des Lettners aufgerissen und der schwer atmende, dickbäuchige Pater Antonius watschelte herein, so schnell er konnte, sah den Abt, eilte auf ihn zu und entdeckte erst jetzt den betenden Erzbischof, bei dessen Anblick er kurz zusammenzuckte. Deutlich gebremst und mit mehr Würde ging er weiter auf Abt Sixtus zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dabei zeigte er auf einen Boten, der mit dem Hut in den Händen in der Tür des Lettners stand.
Abt Sixtus nickte und ging so geräuschlos wie möglich vor zum Altar, beugte sich hinunter und sprach leise zu dem betenden Erzbischof. Der Erzbischof nahm es bewegungslos zur Kenntnis.
Abt Sixtus richtete sich wieder auf und wartete. Abrupt erhob sich der Erzbischof schließlich und winkte dem Boten. Der kam heran, verbeugte sich, küsste den dargebotenen Ring und übergab die Nachricht, die auf einem winzigen, zusammengerollten Zettelchen notiert war, ehrerbietig dem Erzbischof.
»Lies sie vor«, sagte der Erzbischof und gab ihm den Zettel zurück.
Der Bote räusperte sich und las. »König Konrad IV. mit Gefolge in O. eingetroffen. Jubel groß. Soll auf Landskron bleiben.«
»Das war alles?«, fragte der Erzbischof.
»Jawohl, Eure Eminenz.«
»Gut.« Der Erzbischof wirkte nachdenklich und nahm den Zettel wieder an sich. »Vergiss die Nachricht gleich wieder, hast du verstanden?«
»Ich habe sie nie gelesen.«
Der Erzbischof nickte. »Lass dir von Abt Sixtus ein Zimmer anweisen und Essen bringen.«
* * *
Der Erzbischof wartete, bis der Bote, Abt Sixtus und Pater Antonius den Altarraum verlassen hatten. Dann zerknüllte er den Zettel und eilte durch den Lettner, die Tür ließ er krachend ins Schloss fallen. Mit wehendem Mantel schlug er den Weg zur Seitentür ein, die zur Abtwohnung führte.
XII
N ach einem anstrengenden Tag war Anna in ihre Kammer gegangen und hing ihren Gedanken nach. Das überraschende Auftauchen des jungen Grafen Hochstaden in Oppenheim hatte alles wieder in ihr hochkommen lassen, was sie in den Tiefen ihres Herzens vergraben zu haben glaubte. Die Erinnerung daran war schmerzhaft. Die Ungewissheit über das Schicksal ihrer Eltern quälte sie wie die Frage, was der Erzbischof tun würde, wenn er erfuhr, dass sie noch lebte.
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