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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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zu müssen. Ich frage dich: Mit einem Schlag schuldenfrei sein – wie macht man das am besten?«
    »Man greift zur Gewalt?«
    »Beinahe richtig. Aber nur beinahe. Man macht sich selbst die Hände nicht schmutzig. Man lässt andere die Gewalt ausführen und wäscht seine Hände in Unschuld.«
    »Wie Pontius Pilatus?«
    »Wie Pontius Pilatus. Äußerungen wie die des Burgkaplans sind die ersten Anzeichen. Man wiegelt das gemeine Volk gegen die Gläubiger auf. Indem man erfundene Geschichten über sie in die Welt setzt, möglichst grausame, um die Empörung bei den einfachen Menschen, die diesen Gerüchten Glauben schenken, anzustacheln. Meistens beginnt es damit, dass irgendjemand behauptet, die Juden würden Christenkinder für ihre Rituale opfern. Oder wir würden Brunnen vergiften. Oder Hostien schänden. Oder eben ein jüdischer Medicus wie ich würde irgendwelche Hexenkünste durchführen, wie der Burgkaplan behauptet. Das Resultat: Wir Juden werden, wenn wir Glück haben, aus dem Land gejagt. Mitnehmen können wir nur das, was wir auf dem Leib tragen. Im schlimmeren Fall … aber das muss ich dir nicht näher erläutern.«
    Seine Rede hatte einen verbitterten Unterton bekommen, das war Anna nicht entgangen.
    »Habt Ihr so etwas schon einmal erlebt?«, fragte sie mitfühlend.
    »Ja, als kleiner Junge. Und ich sage dir, ich will es nicht noch einmal mitmachen. Ich will keine Synagoge mehr brennen sehen oder, was noch schlimmer ist, Menschen. Nie wieder.«
    »Aber Ihr steht unter dem Schutz des Grafen und somit unter dem Schutz des Kaisers!«
    »Was nützt es mir, wenn der fanatische, zur Mordlust aufgehetzte Mob brandschatzend durch die Gegend zieht? Der Kaiser ist auf Sizilien oder in der Lombardei oder Apulien. Jedenfalls weit weg. Und der Graf ist selbst mit seinem Heer nicht stark genug, wenn erst der ungezügelte Volkszorn entfacht wird. Du hast es selbst bei unserer Ankunft hier in Oppenheim erlebt, was passieren kann, wenn eine Menschenmenge außer Kontrolle gerät.«
    Anna wurde es angst und bange: »Was wollt Ihr machen? Glaubt Ihr, dass es bald wieder so weit sein kann?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte der Medicus traurig und scheute sich nicht, vor Anna seine tiefe Resignation zu offenbaren. Aber dann er besann sich wieder. »Dieses Gespräch muss unter uns bleiben, Anna. Bitte erwähne Esther und Rebecca gegenüber kein Wort davon. Sie würden sich nur unnötig aufregen und ängstigen.«
    Anna griff tröstend nach Aarons Hand. »Aber Euch wird niemand behelligen. Ihr habt den Menschen doch immer nur Gutes getan, das werden sie Euch nicht vergessen!«
    Aaron seufzte und tätschelte dankbar Annas Hand. »Glaub mir, das zählt alles nichts, wenn der Sturm erst losbricht.«
    »Ich werde mit Euch gehen, wo Ihr auch hingeht.«
    Jetzt drohte der Medicus wieder mit dem erhobenen Zeigefinger. »Das wirst du nicht! Du gehörst hierher. Du hast hier eine Aufgabe zu erfüllen. Und wenn ich meine Arbeit nicht weitermachen kann, musst du das für mich tun. Das ist deine Bestimmung!«
    Seine Worte wogen schwer. Anna wurde ganz mulmig ums Herz.
    »Aber Meister – ich muss noch so viel lernen. Ich bin noch lange nicht so weit. Ohne Euch …«
    »Wenn man etwas so gut kann wie du«, unterbrach er sie, »dann hat man eine Verantwortung. Die Verantwortung, das zu nutzen und Gutes zu tun. Versprich mir, dass du weitermachst. Versprich es mir, bei allem, was dir heilig ist!«
    So ernst hatte Anna ihren Herrn und Meister noch nie erlebt. Tränen traten ihr in die Augen. »Ich … ich werde es versuchen«, stammelte sie.
    »Du bist stark, du wirst es schon schaffen«, sagte er und stand auf. »Aber vielleicht kommt es ja gar nicht so weit. Wir wollen es hoffen. Gute Nacht und schlaf gut, Anna.«
    Er schlich mit gebeugtem Rücken aus dem Laboratorium.
    Zum ersten Mal kam Anna der Medicus wie ein alter Mann vor.

XVII
    D ie ersten Tage nach der Geburt seines Sohnes, des kleinen Friedrich, schienen zunächst ruhig zu verlaufen. Graf Georg hielt mit seiner Freude über die glückliche Geburt nicht hinter dem Berg. So oft es ihm seine Geschäfte und seine Verpflichtungen als Gastgeber erlaubten, suchte er seine Frau und den Säugling auf, um sich über die Fortschritte ins Bild zu setzen. Doch nach drei Tagen wurde Gräfin Ottgild von einem Fieberanfall heimgesucht, der durch eine starke Kräutermixtur und Wadenwickel, die die Medica verordnete, am Tag darauf gottlob wieder zurückging. Von diesem Zeitpunkt an verlief die

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