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Das Geheimnis der Perle

Das Geheimnis der Perle

Titel: Das Geheimnis der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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waren so zwiespältig, als spiegelte die Perle zwei Seiten ihrer Persönlichkeit. Zum einen war sie pflichtbewusst und hielt ihre Vorfahren in Ehren, zum anderen war sie sehr gefühlvoll und intuitiv. Es war diese Seite, die sich in Cullen verliebt hatte.
    Beruhigend legte Cullen seine Hand auf ihren Arm. „Matthew hat die Perle nicht. Er kann sie gar nicht haben, das hast du selbst gesagt.“
    Der Fahrer hielt an der Ecke, wo er sie schon mittags herausgelassen hatte. Wenig später standen sie gemeinsam vor dem Apartment ihrer Tante.
    Mei öffnete selbst die Tür. „Liana. Du bist so blass.“
    Liana atmete tief durch. „Wir können nicht lange bleiben, Tantchen. Falls jemand anruft zu Hause …“
    „Ihr werdet so lange bleiben, wie es notwendig ist.“ Mei nahm ihren Arm, und sie gingen zusammen zu dem kleinen Wohnzimmer. Liana wusste nicht einmal, wer wen stützte.
    „Wo soll ich mich hinsetzen, Mei?“, fragte Cullen, nachdem die alte Frau sich in einem Sessel niedergelassen hatte.
    Liana sah, dass ihre Tante Fotos auf dem Tisch neben sich ausgebreitet hatte. Als Kind hatte Liana oft Fotoalben mit Bildern von Meis Familie angeschaut. Bilder von ihrem Mann Wo Fong, ihren Söhnen und Enkeln, einschließlich Frank. Er war in Lianas Alter und inzwischen ihr Verbündeter bei Pacific International. Sie hatte gehofft, die Bilder würden ihr das Gefühl geben, dazuzugehören.
    Aber diese Fotos hier kannte sie nicht.
    „Du sitzt neben mir, Cullen“, sagte Mei in ihrer zögernden Redeweise. Sie deutete auf das Sofa, das rechts von ihr stand. „Und Liana soll hier sitzen.“ Sie zeigte auf den Stuhl zur Linken.
    „Diese Geschichte braucht Zeit, aber die haben wir nicht“, sagte Mei, nachdem sie Platz genommen hatten. Sie schloss die Augen und schwieg einen Moment. Dann begann sie zu sprechen. „Ich war in Jimiramira, Cullen, der Ort, an dem du geboren wurdest. Und ich habe deinen Großvater Bryce gekannt, als er noch jung war.“ Sie nahm eines der Fotos und gab es Cullen. „Siehst du? Als Mädchen wurde ich bei meinem chinesischen Namen gerufen, Mei-Zhen. Das bedeutet Wunderschöne Perle. Meine Mutter hat diesen Namen ausgesucht, damit ich den Tod meines Vaters nie vergesse. Aber dein Großvater Bryce kannte mich nur als May.“
    Liana spürte Cullens Blick. Als ihre Tante dann mit ihrer Geschichte begann und die Vergangenheit wiederaufleben ließ, war Liana in Gedanken auch bei Matthew. Wo war ihr Sohn? Und wie konnten die Erinnerungen an Menschen, die sie nie kennengelernt, und Orte, die sie nie besucht hatte, ihr den Sohn zurückbringen?
    Sie schloss die Augen und sah Matthews Gesicht vor sich. Und sie klammerte sich an dieses Bild wie an einen Talisman.
    Flug 747 über den Pazifik. Matthew Llewellyn warf einen schüchternen Blick zu der Stewardess mit dem hellblonden Haar und dem professionellen Lächeln auf den rot geschminkten Lippen. Sie war ihm gleich aufgefallen, als er an Bord gekommen war. Sie war zwar nicht außerordentlich hübsch, wirkte aber so, als würde sie mit jeder Situation zurechtkommen, was ihn in seiner derzeitigen Lage sehr beeindruckte.
    Jetzt blieb sie neben ihm stehen und fragte höflich: „Undwas ist mit dir? Möchtest du etwas zu trinken?“
    Er klappte sein Tablett herunter. „Eine Cola, bitte.“ Seine Stimme klang beruhigend tief und erwachsen.
    „Bist du ganz allein?“
    Diesmal sah er sie an. „Meine Mutter ist hinten“, log er. „Sie macht ein Nickerchen.“
    Sie schien ihm zu glauben. Die Maschine war nur halb voll, und einige Passagiere hatten sich zum Schlafen hingelegt. „Du solltest auch ein bisschen schlafen. Ist ein langer Flug. Bis Sydney dauert es noch eine ganze Weile.“
    „Gute Idee. Vielleicht nach dem Film.“
    Sie ging weiter, und er entspannte sich. Eigentlich hatte er vorgehabt, sich mit seinem Sitznachbarn zu unterhalten, damit die Flugbegleiter nicht auf ihn kommen würden, sollte man sie später nach einem allein reisenden Jungen fragen. Doch da der Platz neben ihm leer war, würde die Lüge mit seiner Mutter vielleicht genauso ihren Zweck erfüllen.
    Ebenso wie sein frisch geschnittenes Haar, das Hemd und die Cowboystiefel, die er am Flughafen in Dallas gekauft hatte. Und der Pass und der Führerschein, den Simon Van Valkenburg ihm geliehen hatte – der einzige Freund, dessen Mutter ihm garantiert nie Fragen stellte.
    Er durfte nicht vergessen, dass sein Name ab jetzt Simon lautete.
    Aber wie könnte er das je vergessen? Vor ein paar Wochen

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