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Das Geheimnis der Perle

Das Geheimnis der Perle

Titel: Das Geheimnis der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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nicht finden durfte, und lief schnell in ihr Zimmer.
    Wenig später hörte sie, wie Bryce die schluchzende Viola hereinführte. Mei zündete eine Laterne an und trat hinaus, als sei sie eben erst aufgewacht. „Ist sie krank?“
    „Im Herzen.“
    „Er hat sie genommen. Ich habe sie ins Nest gelegt. Er hat sie gestohlen.“
    Stirnrunzelnd sah Mei Bryce an, als wüsste sie nicht, wovon Viola sprach. Er schüttelte nur den Kopf, als wollte er andeuten, dass es nicht wichtig sei.
    „Es ist meine Perle.“ Ihr Blick flog zu Mei, die Wasser in eine Schüssel schüttete. „Mein Vater hat sie mir gegeben.“
    „Wenn es hell ist, werden Sie sie bestimmt wiederfinden“, sagte Mei. „Wir helfen Ihnen.“
    „Dann fang bei seinen Taschen an. Da wirst du sie finden.“
    Mei wusch Violas tränenverschmierte Wangen ab und half ihr dann ins Bett. „Vielleicht haben Sie von dem Nest nur geträumt. Morgen früh werden Sie sich bestimmt wieder besser erinnern.“
    Viola rollte sich wie ein bemitleidenswertes Häufchen Elend zusammen und legte den Arm schützend über ihr Gesicht.
    Obwohl Mei die Perle selbst hatte stehlen wollen, fühlte sie Mitleid mit Viola. Sie hatte sich wie ein Baby zusammengerollt. Wohin Archer sie auch schicken mochte, schlimmer als in Jimiramira konnte es nicht sein.
    Bryce nahm die Laterne, ehe sie in den Flur traten. Mei folgte ihm ins Wohnzimmer, wo er das Licht abstellte.
    „Willst du Jimiramira wirklich verlassen?“, fragte Mei leise.
    „Und ob! Das hätte ich schon vor Jahren tun sollen.“
    „Es ist dein Zuhause.“
    „Ein Zuhause sollte mehr sein als nur ein Dach über dem Kopf. Die Menschen, die dort leben, sollten einander lieben.“
    Mei dachte an ihr eigenes Zuhause, das es nicht mehr gab. Aber die Erinnerung an Willow, die sie geliebt hatte, konnte ihr niemand nehmen. „Leider ist es nicht immer so.“ Sie berührte seinen Arm. „Aber das hier ist dein Zuhause.“
    „Jeder Farmer im Umkreis wäre froh, mich bei sich zu haben. Wenn sie geht, bin ich auch weg.“ Er senkte die Stimme. „Komm mit mir!“
    „Ich kann nicht hierbleiben, wenn deine Mutter nicht mehr ist und du …“
    „Ich meinte: Komm mit mir ! Komm mit mir, wohin ich auch gehe. Wir werden zu Anfang nicht viel haben, aber ich kenne mich mit Rindern aus. Zusammen könnten wir uns etwas aufbauen.“ Seine Stimme klang nun weicher, eindringlicher. „Irgendjemand wird mich sicher anstellen, und du könntest im Haushalt arbeiten. Und später finden wir vielleicht einen Platz, der uns gehört. Du wärst die Frau des Farmers. Das würde dir doch gefallen, oder nicht? Ich würde für dich sorgen, May.“
    Sein Blick spiegelte das wider, was am Abend passiert war. Er hatte gelitten, und nun brauchte er sie. Niemand hatte ihn je geliebt, und jetzt bat er sie um ihre Liebe.
    „Bryce …“ Sie schluckte schwer. „Geh ins Bett. Jetzt ist nicht der richtige Augenblick, um an die Zukunft zu denken. Du musst schlafen, damit du …“
    Er schlang die Arme um ihre Hüften und zog Mei an sich. Hatte sein erster Kuss noch von zärtlicher Zurückhaltung gesprochen, sprach er jetzt von schierem Verlangen. Ihr blieb nicht einmal die Zeit, sich in Erinnerung zu rufen, warum sie hierhergekommen war. Auch sie war von einem Verlangen erfüllt, das so alt war wie die Welt selbst.
    Bryce zog sie noch fester an sich, sodass sie seinen Körper deutlich durch ihr dünnes Nachthemd spürte. Er war muskulös und seine Lippen so fordernd wie das Leben, das er geführt hatte. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, als sei nichts anderes mehr wichtig. Sie war einfach nur eine Frau. Und es war ein wunderschönes Gefühl.
    Und dann lag Bryce plötzlich am Boden, und Archer hatte seine Hände an ihrer Kehle. „Du schlitzäugige Hure! Ich habe dir gesagt, du sollst die Hände von meinem Sohn lassen!“
    Sie konnte nicht einmal schreien. Hilflos schnappte sie nach Luft, aber Archer drückte immer fester zu. Plötzlich sprang Bryce auf und packte die Arme seines Vaters. Er rissihn von Mei weg. Sie holte verzweifelt Luft.
    Kämpfend rollten die beiden Männer über den Boden. Und endlich konnte Mei schreien, aber es war niemand da, der sie hören und zu Hilfe eilen konnte.
    „Aufhören!“ Sie sprang zur Seite, als die beiden Männer gegen sie stießen. „Aufhören!“
    Jetzt war Bryce über seinem Vater und umklammerte dessen Schultern. Er hob ihn hoch und schlug ihn wieder auf den Boden, einmal, zweimal, bis Archer ihn von sich stoßen konnte.

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