Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
seligen Elisabeth von Thüringen tätig, da aufgrund der gestrengen Gesetze Innozenz III er den Ketzern kaum Habhaft werden konnte, um sie ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Erst dem mutigen Eingreifen seiner aller katholischsten Majestät, Kaiser Friedrich II und seiner umfangreichen Gesetze zur Verfolgung und Bestrafung der Ketzer ist es zu verdanken, dass Magister Konrad die ihm übertragenen Aufgaben endlich in gerechter Weise erfüllen und endlich in gebotener Weise gegen das Ketzervolk und andere Verfemte vorgehen konnte.
»Das ist ja höchst interessant, Stockhausen«, murmelte Matthias halblaut. Der Bibliothekar blickte auf.
»Soll ich Euer Gnaden noch einen Becher Wein mit Wasser mischen?«, antwortete er mit einer Frage.
»Ja, macht das! Der Wein scheint mich aufzumuntern!«
Matthias trank den dargebotenen Becher in einem Zug, dann las er weiter und merkte dabei nicht, wie Stockhausen ein verschlagenes Lächeln über das Gesicht huschte.
Es war wohl eine Fügung Gottes, dass Konrad von Marburg auf seinem Zug durch die Städte, Flecken und Dörfer, Burgen und Kate auf zwei Gesinnungsgenossen traf, die das gleiche Ziel verfolgten wie er selbst. Ihre Namen möchte ich an dieser Stelle nochmals erwähnen: Der Eine war ein Ordensbruder von Konrad, ein Dominikaner namens Tors, und den anderen Ketzerprediger nannte man Johannes den Einäugigen und Einhändigen. Mit ihrer Hilfe entfachte er erbarmungslose Gerichtsverfahren und bald schon waren die schrecklichen Ketzermeister in aller Munde. Schnell sprach man von tausenden von Verbrennungen, doch wie Ihr wisst, wird in solchen Fällen oft übertrieben, um das Grauen bei den Zuhörern erst recht zu entfachen.
Tors und Johannes waren selbst einmal Ketzer gewesen, die jedoch auf den rechten Pfad Gottes zurückgefunden haben. Jetzt halfen sie Konrad mit List und Tücke beim Ausspionieren ihrer einstigen Ketzerbrüder und -schwestern. So war es Konrad denn auch Recht, als sie von einem Treffen Heinrichs mit anderen Rittern berichteten und behaupteten, von gotteslästernden Gesprächen zu wissen.
Das war Konrad von Marburg Anlass genug, Heinrich von Sayn anzuklagen. Denn er glaubte nicht an die Mär, dass die Johannesritter von Cölln alle vernichtet seien, die sich zum Schluss durch Gottes weise Führung, durch Verrat und Gegenverrat gegenseitig vernichteten. Er wusste nur zu gut, dass Heinrich von Sayn auch zu jenen Rittern gehörte, die an jenem Kreuzzug gegen die Ketzer in Occitanien teilgenommen hatten, der allen Ruhm, Ehre, Macht und auch Geld in Hülle und Fülle einbrachte. Schon von weitem war der Gerichtsbote vom Landgericht Coblentz zu erkennen, der sich im Märzen des Jahres 1233 nach der Fleischwerdung unseres Herrn auf den Weg gemacht hatte, um Heinrich von Sayn die Klage zu überbringen. Der leuchtend rote Überrock und die roten Beinkleider waren schon von weitem gut sichtbar. Eine grüne Armbinde und eine graue Haube mit roter Kordel und Quaste dienten als Zeichen seiner Würde als Gerichtsdiener.
Heinrich von Sayn war voller Grimm, als er las, dass man ihm nicht nur schlimme Gräulichkeiten, die er gesagt haben sollte, sondern auch die Unterstützung heimlicher Verbreitung ketzerischer Schriften und Lehren vorwarf, derentwegen er vom Magister Konrad von Marburg vorgeladen werde.
Im ersten Zorn wollte Heinrich Sayn Vasallen um sich sammeln und mit Waffengewalt seine Ehre verteidigen. Nur Abt Ludolph von der Prämonstratenser Chorherrenabtei gelang es, Heinrichs Zorn zu besänftigen, und er bewegte ihn schließlich dazu, mit Magister Konrad über die Anschuldigungen zu sprechen. Er, Abt Ludolph, begleitete Heinrich sogar auf dessen Bitte hin, da dieser im Umgang mit Rechts- und Schriftgelehrten zu unerfahren war. Doch alle Vermittlungsversuche schlugen fehl und schon bald lud der Inquisitor Konrad von Marburg auch Freunde Heinrichs vor, die sich nach entsprechender Denuntio schimpflichen Strafen unterwerfen mussten. So geschehen durch die Grafen Solms und von Henneberg und der Gräfin von Lohs.
Der im Rheinland hoch geachtete Graf Heinrich, seines Zeichens Schirmvogt des Cassiusstiftes zu Bonn und Vogt des Cöllner Domstiftes, wurde weiter mit den unsinnigsten Anschuldigungen konfrontiert, dass sogar der Mainzer Erzbischof keinen anderen Ausweg mehr sah, als sich direkt nach Rom an den Heiligen Vater zu wenden. Es fiel ihm nicht leicht, sich über Magister Konrad zu beklagen, weil er in rechtswidriger Weise gegen Ketzer vorging. Schließlich
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