Das Geheimnis der schönen Catherine
Augen einen Ausdruck gesehen …
Nun, das hatte überhaupt nichts zu sagen, es hatte keinerlei tiefe Bedeutung, er hatte sich nur darum bemüht, dass sie ehrlich blieb.
Sie würde sich in Italien ein neues Zuhause einrichten. In Italien war es warm, und die Italiener waren ein freundliches Volk. Sie hatte vage Kindheitserinnerungen daran aus der Zeit, als ihre Mutter noch lebte. Ja, sie wollte in Italien leben, wo ihre Mutter und ihr Bruder begraben lagen. Dort würde sie sich bald wie zu Hause fühlen – wenn nur dieses verflixte Schiff endlich ablegte.
Je länger sie warten musste, desto mehr Zeit blieb ihr zum Grübeln. Aber sie wollte nicht länger grübeln, sonst würde sie schwach werden und ihre Meinung ändern, und wohin würde das dann führen? Vermutlich direkt in die Katastrophe.
Plötzlich klopfte es an die Kajütentür.
Catherine erstarrte. »Wer ist da?«
»Ich bin es, der Captain, Miss.«
»Oh.« Catherine glitt von der schmalen Koje und öffnete die Tür.
Vor ihr stand der Kapitän und sah sie merkwürdig an. »Sie haben Besuch, Miss Smith. Anscheinend hat man nach ihnen gesucht.« Er trat einen Schritt zur Seite.
Catherine bekam es mit der Angst zu tun. Ein Bow Street Runner, der sie ins Gefängnis stecken wollte! In panischer Hast warf sie einen Blick auf das Bullauge. Zu schmal!
»Miss Singleton?« sagte jemand mit tiefer Stimme.
Catherine erstarrte. Sie drehte sich um. »Mr. … Mr. Devenish«, stotterte sie.
Hugo trat ein. »Danke, Captain. Ich nehme sie dann mit.«
Mitnehmen? »Nein!« rief Catherine. »Sie können nicht zulassen, dass er mich mitnimmt, Captain. Er … er hat kein Recht, über mich zu verfügen. Er … er ist ein gemeiner Entführer. Er will mich entführen.
Bitte! Bitte, Captain, ich flehe Sie an!«
Der Kapitän warf Mr. Devenish einen forschenden Blick zu. »Er sieht aber nicht wie ein Entführer aus, Miss. Eher wie ein richtiger Gentleman.«
»Ach, das ist doch nur eine Verkleidung«, erklärte sie, der Verzweiflung nahe. »Er ist ein furchtbarer Mensch. Er will mich mitnehmen, wegen meiner …«
»Wegen Ihrer Erbschaft?« schlug Hugo trocken vor.
»Ja, wegen meiner Erbschaft. Und wer weiß, was er sonst noch vorhat!« fügte sie wild hinzu und sah den Kapitän flehentlich an.
Hugo zuckte mit den Schultern, jeder Zoll ein ehrbarer Gentleman. »In Wirklichkeit, Captain Patchett, hat sie etwas an sich genommen, was mir gehört. Sie ist eine viel gesuchte Frau.«
»Wahrhaftig, Sir? Nun, das wundert mich nicht, wenn ich sie mir genau anschaue.«
»Ich werde nicht gesucht«, sagte Catherine mit leiser, verzweifelter Stimme. »Ich besitze nichts, was nicht mir gehört, ehrlich. Sie können mein Gepäck durchsuchen, Captain. Ich habe alles zurückgegeben, was nicht mir gehört. Und Sie, Mr. Devenish, senden Sie einen Boten zu sich nach Hause. Er wird die Krawattennadel dort vorfinden.«
Der Kapitän sah sie zweifelnd an. Sie konnte es ihm nicht verdenken. Und Hugo stand einfach da und verströmte Ehrbarkeit und Autorität.
»Tut mir Leid, Miss, aber ich denke, ich werde Sie an ihn übergeben.«
Catherine sank das Herz. »Er hat aber doch keinerlei Autorität über Sie! Sie sind der Kapitän – die Entscheidungen auf diesem Schiff treffen Sie. Niemand kann Sie zwingen, etwas zu tun.«
Der Kapitän zuckte mit den Schultern. Fast glaubte Catherine, ein amüsiertes Funkeln in seinem Blick zu entdecken. »Mir bleibt keine andere Wahl, Miss. Mr. Devenish gehört das Schiff. Ich warte schon den ganzen Tag auf ihn. Tut mir Leid, Miss.« Er tätschelte ihr die Hand, ging aus der Kajüte und schloss die Tür hinter sich.
Catherine ließ sich apathisch auf ihre Koje sinken. Sie spürte die leichte Brise, die durch das Bullauge strich. Sie trug den Gestank der Gefängnisschiffe heran.
Der Lohn der Sünde.
Sie konnte nicht behaupten, dass ihr Unrecht geschah. Aber warum – warum musste ausgerechnet er sie stellen? Er, der einzige Mann auf der Welt, dem sie nicht ins Gesicht schauen konnte. Der Mann, den sie von ganzem Herzen liebte.
Sie schluckte. Er hatte sie eine Diebin genannt. Das stimmte. Jetzt würde er sie mitnehmen, hatte er gesagt. Weil sie eine gesuchte Frau war.
Würde er sie erst in die Bow Street bringen? Oder gleich ins Gefängnis? Sie hatte keine Ahnung, wie das in England gehandhabt wurde. Sie wusste nur, dass man die Leute hier hängte. Ein Mundraub mochte mit Deportation bestraft werden, aber ein Juwelendiebstahl …
Es war nur
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