Das Geheimnis der schönen Catherine
Grundlage meiner neuen Garderobe ansehen, vielleicht noch ein oder zwei neue Spenzer und ein Reitkostüm mit extravagantem Schnitt schneidern lassen … vielleicht ginge ich dann wirklich als reiche Erbin durch.«
»Und wie sollen wir das bezahlen?« fragte Maggie nüchtern. »Sie werden sich als reiche Erbin ganz schön blamieren, wenn die Schneiderin kommt und Sie die Rechnung nicht zahlen können.«
»Aber Maggiiie, meine Liiiebe«, erwiderte Catherine mit einem affektierten Näseln, das sie ein paar Damen der Gesellschaft abgelauscht hatte, »wie provinziell, an etwas Derartiges überhaupt zu denken! Was soll ich mir den Kopf zerbrechen über irgendwelche banalen Rechnungen? Meine Schneiderin sollte dankbar sein – froh und dankbar, meine Liiiebe –, dass eine Dame wie ich überhaupt bereit dazu ist, ihre Modelle in der Öffentlichkeit zu tragen!« Maggie starrte sie an. »Sagen Sie jetzt bitte nicht, dass Sie vorhaben, eine hart arbeitende Frau um ihren wohlverdienten Lohn zu bringen, Miss Catherine!« Catherine kicherte. »Wusste ich doch, dass du entsetzt wärst! Natürlich werden wir die Schneiderin bezahlen. Ich kann mich ebenso gut wie du daran erinnern, wie hart es ist, sich den Lebensunterhalt mit Nähen verdienen zu müssen!«
»Und womit wollen Sie die Modistin bezahlen, Sie unverbesserliche Optimistin?« Lächelnd antwortete Catherine: »Ach, wir werden schon zahlen können, Maggie, meine Gute – mach dir keine Sorgen. Wir werden eine Menge Geld haben, noch bevor die ersten Rechnungen eintreffen.« Maggie kniff die Augen zusammen. »Also wirklich, Miss Catherine. Ich dachte, Sie hätten mit Ihren Tricks Schluss gemacht!« Catherine musste an die kleine goldene Krawattennadel mit dem Phönix denken. Sofort unterdrückte sie ihre Schuldgefühle. »Ach, du darfst nicht immer gleich das Schlimmste denken«, erwiderte sie leichthin. »Keine Tricks – das verspreche ich dir. Aber Tante Rose geht zu vielen Gesellschaften, bei denen um Geld gespielt wird. Und du weißt doch: Wenn ich von Papa etwas gelernt habe, dann wie man beim Kartenspielen gewinnt.
Nicht, dass ich seine Methoden anwenden werde. Das habe ich gar nicht nötig. Ich hatte beim Kartenspiel schon immer Glück, das weißt du, Maggie.«
»Das stimmt«, bestätigte Maggie düster. »Und das Sprichwort kennen Sie auch, oder? Pech im Spiel, Glück in der Liebe. Ich fürchte, umgekehrt gilt das auch.« Eine leichte Unruhe entstand im Saal, als Catherine und ihre Tante am nächsten Abend bei Almack’s eintrafen. Miss Rose Singleton trug wie üblich ein nicht allzu modisches Kleid und schleppte eine Vielzahl wehender Wollschals mit sich herum. Miss Catherine Singleton dagegen, die sich bisher nur in Weiß oder zarten Pastelltönen in der Öffentlichkeit gezeigt hatte, trug zwar wieder ein weißes Kleid – aber das war auch alles, was an die frühere Erscheinung der Debütantin erinnerte. An diesem Abend zog Catherine die Augen aller Anwesenden auf sich, denn sie trug eine dunkelrote Seidenweste mit Stickereien in Schwarz und Gold. Auf ihren kurzen braunen Locken saß keck eine fremdartige Kappe, von der eine goldene Troddel baumelte. Dazu trug sie bestickte, golddurchwirkte Stoffpantoffeln, deren Spitzen leicht nach oben gebogen waren, und ein passendes Ridikül. Ihr Anblick war überaus pittoresk, um nicht zu sagen exotisch. Die anderen Damen waren in hellem Aufruhr. Miss Catherine Singleton schien das Aufsehen, das sie hervorrief, gar nicht zu bemerken. Höflich knickste sie vor allen Personen, welche die Tante ihr vorstellte, und beschränkte sich beim Gespräch auf konventionelle Höflichkeitsfloskeln. Bereitwillig tanzte sie mit jedem, der sie um einen Tanz bat. Abgesehen von ihrer bizarren Kleidung benahm sie sich wie jede andere Debütantin auch. Wie Catherine vorausgesehen hatte, verebbte das Gemurmel über das exzentrische Kostüm der Diamantenerbin ziemlich bald, und die Damen wandten sich ergiebigeren Gesprächsthemen zu. »Hast du schon gehört, was der armen Lady Alcorne zugestoßen ist, Hettie?« Catherine sah scheinbar verträumt den Tanzenden zu, während sie die Unterhaltung dreier ältlicher Matronen in ihrer Nähe verfolgte. Sie fand das Gespräch höchst amüsant. »Oh ja, ich habe davon gehört! Die arme Lady Alcorne! Kein Wunder, dass sie heute Abend nicht kommen wollte. Ich habe gehört, dass ihr Gatte furchtbar aufgebracht ist, weil die Alcorne-Diamanten verschwunden sind.« Ein stilles Lächeln spielte um Catherines
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