Das Geheimnis der schönen Catherine
meinte Hugo. »In Yorkshire. Ich habe die Baupläne selbst gezeichnet.«
»Wie sieht es aus?«
»Es ist ziemlich schlicht, fürchte ich. Ich halte nichts von Zierrat und Schnickschnack.« Er hatte ein neues Haus erbaut, eines, das keinerlei unangenehme Erinnerungen in ihm weckte. Ein Haus für die Zukunft. Es war ein wunderschönes Haus, und er war sehr stolz darauf. Warum erschien es ihm nur in diesem Moment irgendwie düster und leer? »Was? Kein ägyptisches Zimmer?
Nicht mal ein winzig kleines Sofa mit Krokodilfüßen?« bedauerte sie ironisch. Ihr schalkhafter Blick verriet ihm, dass sie zumindest in dieser Hinsicht denselben Geschmack hatten. »Ich glaube, Yorkshire würde Ihnen gefallen. Ein rauer Landstrich, aber sehr schön.
Man kann sich dort viel freier fühlen als in London. Hier komme ich mir manchmal regelrecht eingesperrt vor. Die Moore … wissen Sie, die Moore erinnern mich ein wenig an die See.« Es war eigentlich nicht seine Absicht gewesen, von seinem Zuhause zu schwärmen. Reiß dich zusammen, befahl er sich. »So, Miss Singleton. Und nun müssen Sie mir von Ihrer Kindheit erzählen. Wo haben Sie gewohnt?« Sie sah ihn einen Moment nachdenklich an. »Ich glaube, im Augenblick haben wir genug über die Vergangenheit gesprochen«, sagte sie. »Wir werden sonst nur melancholisch, dabei ist das so ein schöner Tag. Oh, und sehen Sie nur, da drüben ist Lady Norwood, Ihre Schwägerin. Wollen wir sie nicht begrüßen?« Hugo stöhnte innerlich.
Amelia stand vor ihnen am Wegrand und starrte in wütendem Triumph zu ihnen herüber.
Hatte sie ihn also doch noch dabei ertappt, wie er Thomas die Erbin ausspannte. Und die Hand der vermeintlichen Erbin ruhte noch immer auf seinem Arm. Hugo seufzte. Wenn sie jetzt mit Amelia sprachen, waren die Folgen unabsehbar. Amelia war laut und impulsiv. »Ja, eigentlich sollte ich anhalten und sie begrüßen, aber … aber ich möchte meine Pferde nicht länger diesem Wind aussetzen. Haben Sie etwas dagegen, wenn wir in die Dorset Street zurückkehren?« Eine an den Haaren herbeigezogene Ausrede, die Miss Singleton sicher lächerlich fand. Beide wussten sie sehr gut, dass ein Pferd keinen Schaden nahm, nur weil es ein paar Minuten im Wind stehen musste. Vor allem nicht an einem so herrlichen Tag.
»Überhaupt nicht«, stimmte Miss Singleton zu. »Ich würde mir nie verzeihen, wenn die herrlichen Tiere in dieser Witterung Schaden nähmen.« Ihre Lippen bebten vor unterdrücktem Gelächter. Hugo war versucht, sie zu küssen. Er sollte Miss Singleton eine Erklärung für sein rüdes Verhalten gegenüber seiner Schwägerin geben, aber er konnte es einfach nicht, solange sie mit amüsiert funkelnden Augen und zitternden Lippen neben ihm saß. Er wusste nicht, was er von ihr halten sollte. Eigentlich wollte er etwas über ihre Herkunft in Erfahrung bringen. Zwar gab es dafür keinen Anlass mehr, weil Thomas ja Miss Lutens heiraten wollte, aber nun verlangte ihn selbst danach, mehr über sie herauszufinden. Und was er anfing, das führte er auch zu Ende. Ein oder zweimal hatte etwas, was sie gesagt – oder nicht gesagt – hatte, bei ihm die Alarmglocken schrillen lassen. Aber dann hatten ihre fröhlichen blauen Augen, ihre roten Lippen oder ihr Duft nach Rosen und Vanille ihn wieder abgelenkt. Er sollte wirklich nach Hause gehen und dort in aller Ruhe über Miss Singleton nachdenken. In schnellem Trab fuhren sie an Amelia vorbei, verbeugten sich höflich und wandten sich dem Ausgang zu. Amelia sah empört hinter ihnen her. »Mir gefällt das nicht, Miss Catherine«, sagte Maggie düster. »Mir gefällt das ganz und gar nicht. Sie sind jetzt weit genug gegangen.«
Während Catherine Kleidungsstück um Kleidungsstück abstreifte, ordentlich faltete und auf ein großes Quadrat gewachster Seide legte, meinte sie: »Ich wünschte, ich hätte dich nicht eingeweiht, wirklich!« Maggie schnaubte abfällig. »Das ließ sich ja kaum vermeiden, da ich Sie mittendrin erwischt habe. Wenn ich gewusst hätte, was Sie vorhaben, Miss Catherine …« Catherine zog sich das Oberteil über den Kopf und nieste. »Unsinn. Ich hoffe nur, dass das heiße Wasser bereitsteht. Ich muss unbedingt baden.«
»Es ist alles vorbereitet. Und tun Sie nicht, als hätten Sie nicht gehört, was ich gesagt habe, denn ich kann das alles gar nicht gutheißen, und damit basta.« Sie drehte sich um und schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. »Maggie.« Catherine streckte den Arm aus, um ihre Kammerzofe
Weitere Kostenlose Bücher