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Das Geheimnis der schönen Catherine

Das Geheimnis der schönen Catherine

Titel: Das Geheimnis der schönen Catherine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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Gurte. Sie öffnete die Kampferholztruhe, hob den Inhalt heraus, lüpfte den falschen Boden an und legte die beiden Gemälde sorgfältig in das für sie bestimmte Fach. Schließlich entledigte sie sich auch der übrigen Kleidung, die der Chinese getragen hatte. Sorgfältig faltete Catherine sie zusammen, legte sie auf die gewachste Seide, verschnürte das Bündel und verbarg es ebenfalls in der Kampferholztruhe. Neben den glühenden Kohleresten im Kamin stand eine große Kanne Wasser. Ein beheiztes Schlafzimmer war ein Luxus, um den sie nicht oft bat. Aber in Nächten wie diesen war dieser Luxus notwendig. Sie goss das warme Wasser in eine große Schüssel, nahm den Schwamm und ihre Rosenseife und begann sich von Kopf bis Fuß zu waschen. Sie musste den Geruch nach Sandelholz und Räucherwerk entfernen, mit dem sie die Kleidung des Chinesen getränkt hatte. Der Geruchssinn unterstützte die Erinnerung und die Wahrnehmung auf mächtige Weise. Andere konnten einen am Geruch erkennen, das hatte sie schon als Kind gelernt. Wenn man als türkisch, portugiesisch oder französisch gelten wollte, musste man Düfte benutzen, welche die Leute mit der Türkei, Portugal oder Frankreich in Verbindung brachten.
    Wenn man für einen Chinesen gehalten werden wollte, benutzte man eben chinesisches Räucherwerk.
    Wäre Catherine ertappt worden, so wie damals von Mr. Devenish, hätte sie derjenige schon auf Grund ihres Geruchs für einen Ausländer gehalten, auch wenn er den Zopf und ihre Kleidung nicht gesehen hätte. Die Leute misstrauten dem, was sie sahen oder hörten, aber ihren Geruchssinn hinterfragten sie nicht. Er beeinflusste sie stärker, als sie meinten. Der Chinese war ein Dieb, der nach fremdem Räucherwerk roch. Catherine Singleton war eine junge Dame, die schwach nach Rosenblüten duftete.
    Es konnte demnach keine Verbindung zwischen den beiden geben. Catherine schrubbte und schrubbte, bis ihre Haut rosarot war.

Kapitel 9
    Die Lichter in der Oper erloschen, und der schwere Samtvorhang wurde langsam zur Seite gezogen.
    Die Bühne war in helles Licht getaucht. Gespannt beugte sich Catherine nach vorne. Sie und ihre Tante Rose waren von Lady Horton eingeladen worden, zusammen mit einer kleinen Gruppe alter Freundinnen einer Opernaufführung beizuwohnen. Aus dem Orchestergraben erklang die Ouvertüre.
    Ein stämmiger Mann in engen Strumpfhosen und altmodischem Wams marschierte in die Mitte der Bühne und begann zu singen. Catherines Italienischkenntnisse waren ein wenig eingerostet, aber das meiste verstand sie trotzdem – natürlich ging es hauptsächlich um die Liebe … Neben den leidenschaftlichen italienischen Worten drangen Gesprächsfetzen an ihr Ohr. »Ein neuer Einbruch gestern Nacht … ist ja schon eine Epidemie. Da kann man sich ja in seinem eigenen Bett nicht mehr sicher fühlen!« Entrückt sang der Tenor weiter von unerwiderter Liebe und tragischer Leidenschaft.
    »Daran sind nur die Nachtwächter schuld – zweifellos waren sie voll wie die Haubitzen.« Der Tenor spazierte singend über die Bühne, während ihm seine große Liebe aus einem Versteck zusah.
    Catherine saß ganz vorne in der Loge. Lady Horton, die wusste, dass Catherine noch nie in der Oper gewesen war, hatte sie dort platziert und sie ermahnt: »Halten Sie sich gerade, und lassen Sie jeden Ihr hübsches blaues Kleid sehen, meine Liebe. Ach, und achten Sie darauf, wer heute Abend noch hier ist – da, nehmen Sie das Opernglas. Man muss sehen und gesehen werden, meine Liebe. Sehen und gesehen werden.« Mittlerweile hatten Lady Horton und ihr Gefolge, Lady Gosper und Pearl Hamnet, sich in den hinteren Teil der Loge zurückgezogen, wo sie die Musik nicht so sehr beim Klatschen störte. Catherine lehnte sich zurück und lauschte schamlos. »Was haben die Einbrecher denn gestohlen, Hettie?«
    »Hast du noch nicht davon gehört, meine Liebe? Die kostbaren Bronzinos!«
    »Bronzinos? Was, bitte schön, ist ein Bronzino?«
    »Eine kleine Statuette aus Bronze, Pearl, wie schon der Name sagt«, erklärte Lady Gosper geduldig. Catherine musste ein Kichern unterdrücken. »Nein, Maud, Gemälde sind es, und zwar ziemlich pikante, wie ich gehört habe. Ein Maler aus dem sechzehnten Jahrhundert hat sie gemacht – ein Bursche namens Bronzino.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Bronzino – ein italienischer Maler. Ist natürlich schon tot.« Die Musik wurde lauter, der Tenor schüttete sein leidenschaftliches Herz im Fortissimo aus, und Lady Gosper war ein wenig

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