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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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das ist nur eine billige Ausrede. Ich weiß, es wäre alles einfacher, wenn ich nur von ihm persönlich hören könnte, dass er diese Frau nicht umgebracht hat.
    Ich habe versucht, mit Cissy über all das zu reden, aber auch das klappte nicht so wie früher. Wir reden in der Schule und so, aber ständig werden wir beobachtet, und die anderen tratschen und zeigen mit dem Finger auf uns. Bei der Winterabschlussfeier konnte ich sie nirgendwo finden. Bestimmt hat sie sich versteckt, um nicht mit mir gesehen zu werden.
    Das Schlimmste ist, dass ich es verstehe. Ich weiß, wie wütend ihr Dad auf Tante Winona ist. Und Cissy sagt, ihre Grandma weint die ganze Zeit. Das geht mir total auf den Sack! Warum wollen alle unbedingt einen Mörder in meinem Vater sehen? Es ist, als ob die bloße VORSTELLUNG , er könnte unschuldig sein, alle verrückt macht. Tante Winona sagt, das liegt daran, dass die Menschen an Recht und Gesetz glauben müssen und dass wir ihnen Angst machen, aber das ist totaler Schwachsinn.
    Ich hab versucht, am Weihnachtsabend nach der Feier bei Grandpa mit Mom darüber zu sprechen. Ich sah, dass sie traurig war und, wie immer, wenn sie was beschäftigt, ganz still wurde und aus dem Fenster starrte, als würde sie auf was warten. Jetzt kann sie doch wieder an meinen Dad glauben, vielleicht sogar hoffen, dass er zu uns zurückkommt. Aber sie tut so, als würde Tante Winona unser Leben ruinieren, bloß weil sie versucht, Dad freizubekommen.
    Also habe ich sie heute Abend gefragt: »Warum willst du nicht, dass Dad zu uns nach Hause kommt?«
    Aber SIE HAT NICHT MAL GEANTWORTET ! Sie ist ein fach in die Küche marschiert, als wäre ich unsichtbar. Also bin ich in mein Zimmer gegangen und habe die Tür hinter mir zugeknallt.
    Tolle Weihnachten!
    PS: Tante Winona hat die Wahl haushoch verloren. Es geht das Gerücht, dass nur Tante Aurora und Mom für sie gestimmt haben.
    Vivi Ann hörte Noahs Zimmertür zuknallen. Sie senkte den Kopf und stieß die Luft aus, die sie angehalten hatte.
    Das konnte nicht so weitergehen.
    Sie richtete sich auf, um die Kraft vorzutäuschen, die sie vor langer Zeit verloren hatte. Dann ging sie durch den Flur zu seinem Zimmer. Noch als sie klopfte und sein gereiztes Komm rein, ich kann ja sowieso nichts dagegen machen hörte, fragte sie sich, was genau sie sagen sollte. Sie öffnete die Tür, trat ein und tat so, als betrachtete sie die Poster und Bilder an den Wänden. »Du hast mich gefragt, warum ich nicht will, dass Dallas zurückkommt.«
    »Und du hast aus dem Fenster gestarrt.«
    Endlich wandte sie sich zu ihm. »Ja. Kann ich mich zu dir setzen?«
    »Weiß nicht. Kannst du?«
    Sie ging zu seinem Bett, bat »Rutsch rüber« und setzte sich neben ihn. »Weißt du noch, dass es in deinem Zimmer keinen Strom gab, als du ganz klein warst? Dann habe ich hier mit dir gesessen und dir im Licht einer Taschenlampe vorgelesen. Du mochtest Wintersonnenwende von Susan Cooper, erinnerst du dich?«
    »Beantworte doch einfach meine Frage, Mom.«
    Sie lehnte sich gegen das wacklige Kopfende des Betts und seufzte. »Ich hätte nicht zulassen sollen, dass du so viel Zeit mit Win verbringst. Du hast ihre Dobermann-Techniken übernommen.«
    »Du brauchst gar nicht schlecht von ihr zu reden. Sie ist die Einzige in dieser beschissenen Familie, der mein Dad wichtig ist.«
    »Glaub mir, Noah, mir ist dein Vater auch wichtig.«
    »Das ist ja ganz was Neues! Du redest nie von ihm, im ganzen Haus gibt es kein einziges Bild von ihm. Aber ja doch: Er ist dir wirklich wichtig. Du hoffst ja nicht mal, dass er aus dem Gefängnis kommt!«
    »Du bist jung, Noah, daher ist Hoffnung noch etwas durchweg Positives für dich, und ich freue mich darüber. Wirklich. Aber ich habe im Laufe der Jahre die Erfahrung gemacht, dass Hoffnung trügerisch und gefährlich sein kann.«
    »Ach ja? Also gibst du einfach jemanden auf.«
    Vivi Ann schloss gequält die Augen. »Das sagt sich so leicht, Noah. Du hast ja keine Ahnung, was Dallas und ich durchgemacht haben.«
    »Hast du ihn je gefragt, ob er es getan hat?«
    »Nein«, sagte sie leise. »Ich habe ihm geglaubt. Ich habe geglaubt, geglaubt, geglaubt und geglaubt … bis der letzte Berufungsantrag zurückgewiesen wurde und er nicht mehr aus seiner Zelle kam, um mich zu sehen. Damals war ich schon völlig am Boden. Erinnerst du dich noch an den Tag, als wir den Autounfall hatten?«
    »Ja.«
    »Es hat mich fast umgebracht, darauf zu warten, dass er nach Hause kommt. Ich möchte

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