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Das Geheimnis des Feuers

Das Geheimnis des Feuers

Titel: Das Geheimnis des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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trauerten um Maria.
    Erst als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden war, sagte Sofia, dass sie an den Aufbruch denken müssten. Sie hatte gerade noch so viel Geld, dass sie mit einem Lastwagen zurückfahren konnten. In dieser Nacht schlief Lydia auf dem Fußboden in Sofias Zimmer. Sofia hatte ihr das Bett geben wollen. Aber Lydia war eigensinnig. Sie rollte sich auf einer Bastmatte neben dem Bett zusammen und schlief, während sie Faustino an ihren Körper presste. Am nächsten Morgen musste sie wieder gehen. José-Maria hatte ihr versprochen, dass sie mit einem Laster zurück ins Dorf fahren konnte. Sofia erklärte ihr, wie sie gehen musste, um zum Marktplatz zu gelangen, wo die Laster standen.
    »Komm bald nach Hause«, sagte Lydia, als sie sich vor Hermengardas Haus verabschiedeten. Noch hatte Sofia ihr nicht erzählt, dass Totio sie besucht und gefragt hatte, ob sie seine Nähmaschine übernehmen wollte. Zuerst musste sie wissen, ob es nicht schon zu spät war. Dann würde sie in das Dorf außerhalb von Boane zurückkehren. Erst dann war es Zeit, Lydia alles zu erzählen. Sie winkte Lydia nach und sah sie an einer Straßenecke verschwinden. Dann machte sie sich eilig auf den Weg zu Fatimas Haus, wo die Vögel, Stoffe und Garne auf sie warteten.
    Sofia brauchte Totio nicht zu fragen. Er kam selbst in die Stadt um sie zu fragen, ob sie sich entschieden hatte. Das war ungefähr eine Woche nach Lydias Besuch. Diesmal brachte er Fernanda mit. Als Sofia gesagt hatte, dass sie die Nähmaschine gern übernehmen wolle, machte Fernanda vor Freude ein paar Tanzschritte. Die Vögel in Fatimas Haus flogen verschreckt in alle Richtungen.
    »Das müssen wir feiern«, sagte sie und nahm Totio den zerschlissenen Hut ab, den er in der Hand hielt. »Das müssen wir feiern, indem wir dir einen neuen Hut kaufen.« Totio sagte nichts. Aber Sofia hatte das Gefühl, er würde lieber seinen alten Hut weiter tragen, wie kaputt und schmutzig er auch sein mochte. Sie beschlossen, dass Sofia noch einen Monat bei Fatima bleiben sollte. Dann sollte sie ins Dorf zurückkehren.
    Sofias letzter Arbeitstag bei Fatima war zu Ende. Während der Zeit, in der sie sich selbst überlassen gewesen war, hatte sie eine kleine Decke für Fatima bestickt. Ein blaues Stück Stoff sollte den Himmel darstellen, dahinein hatte sie die Vögel gestickt, die in ihren Käfigen oder um Fatimas Kopf herumflogen. Als sie sich voneinander verabschiedeten, gab sie Fatima das Deckchen. Sofia war verlegen und schlug die Augen nieder, als sie ihr Geschenk überreichte. Fatima schaute es an und stieß einen Freudenruf aus.
    »Wie schön es ist«, sagte sie. »Das wird mich immer daran erinnern, dass du einmal hier gearbeitet hast.« Dann nahm sie die Nadel aus der Nähmaschine, an der Sofia gearbeitet hatte. »Nimm sie mit«, sagte sie und gab sie Sofia. »Dann wirst du dich an Fatima und all ihre Vögel erinnern.«
    Am nächsten Tag kamen Doktor Raul und Dolores zu Hermengardas Haus und holten Sofia ab. Sie hatte Hermengarda versprochen, sie so oft wie möglich zu besuchen. Sie verließen die Stadt, einen Tag nachdem der Regen aufgehört hatte. Sofia saß auf dem Rücksitz und diesmal drehte sie das Fenster herunter und ließ den Wind über ihr Gesicht streichen. Jetzt hatte sie keine Angst mehr, nach Hause zurückzukehren.
    Als sie ankamen, standen Lydia und Alfredo vor der Hütte. Einen kurzen Moment lang war es, als ob Sofia darauf wartete, dass auch Maria ihr entgegenlaufen würde. Dann fiel ihr ein, dass es Maria nur noch in ihr gab. Aber sie hatte ein Gefühl, als ob sie endlich zu Hause angekommen wäre.

12.
    Sofia stand auf, bevor Lydia aufgewacht war. Vorsichtig kroch sie über Alfredo hinweg, nahm ihre Beine, die an der Wand lehnten, und schob sich hinter der Bastmatte durch die Türöffnung. Draußen war es noch dunkel. Sofia schnallte die Beine an, erst das linke, dann das rechte. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie die Krücken in der Hütte vergessen hatte. Sie richtete sich auf, hielt sich an der Hüttenwand fest und bog die Bastmatte beiseite.
    Sie versuchte es so leise wie möglich zu tun, da sie verschwunden sein wollte, bevor Lydia erwachte. Sie tastete nach den Krücken. Dann ließ sie die Bastmatte zurückfallen und machte sich in der Dunkelheit auf den Weg. Noch hatte sich nicht der erste Lichtstreifen der Dämmerung am Himmel gezeigt. In der Nacht hatte es geregnet. Trotzdem war der Weg fest, und das erleichterte ihr das Gehen. Aber bald würde

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