Das Geheimnis des Millionaers
verbittert.“
„Ich wurde auf eine der besten Schulen des Landes geschickt und später auf die Universität.“ Er reichte ihr die Sandwichplatte. „Das kann man wohl kaum eine Strafe nennen, oder?“
„Oh.“ Sie erinnerte sich an das Gespräch zwischen ihren Eltern, das sie zufällig mit angehört hatte. „Aber ich dachte …“
„Ich weiß, was du dachtest. Und was du noch immer denkst. Worum geht es hier eigentlich, Adrienne?“
Angestrengt starrte sie auf die Tischdecke. „Ich hielt es für an der Zeit, mich für den Anteil zu entschuldigen, der mir bei dieser Geschichte zukommt.“
„Entschuldigung akzeptiert. Es ist lange her.“
„Und hat dennoch bis heute Auswirkungen auf unser Leben“, bemerkte sie leise. „Hast du nicht deshalb The Grange gekauft?“
„Richtig.“ Er klang plötzlich unnachgiebig. „Eines Tages sollte es mir gehören, das war immer mein Plan.“
Sie schluckte. „Gehöre ich auch zu diesem Plan?“
„Ja.“ Er lächelte zerknirscht. „Woran man sieht, wie unpassend bestimmte Vorhaben sein können. Ich muss dir auch etwas sagen, Adrienne.“
Er will gestehen, dass er die Kette an meinem achtzehnten Geburtstag entwendet hat, dachte sie entsetzt. Aber das wollte sie nicht hören! Weil nichts die Enttäuschung wiedergutmachen konnte, die er Angus und ihr damit zugefügt hatte.
„Zu dumm!“ Sie sah auf ihre Armbanduhr. „Ich habe noch ein Kundengespräch“, bastelte sie sich einen Vorwand zurecht. „Die Frau hat ein unmöglich düsteres Wohnzimmer … Wir sehen uns dann später auf The Grange.“
Sie sah, wie seine Züge sich verschlossen. Er sagte noch: „Natürlich“, und dann stand Adrienne mit einem gekünstelten Lächeln auf und ergriff die Flucht.
Sie fuhr zum Städtchen hinaus, in entgegengesetzter Richtung zu The Grange. Denn sie brauchte Abstand, um ihre Gedanken zu ordnen.
In einer Bucht am Straßenrand parkte Adrienne und stellte den Motor ab. Mit geschlossenen Augen versank sie in der Vergangenheit …
Es überraschte und rührte Adrienne, als Angus Stretton ihr eröffnete, dass er eine Party zu ihrem achtzehnten Geburtstag auf The Grange plante.
„Ich habe mir immer eine Tochter zum Verwöhnen gewünscht. Und es ist sehr nett von deinen Eltern, dass sie mir erlauben, an diesem besonderen Anlass teilzuhaben.“ Angus lächelte milde. „Höchste Zeit, dass etwas Leben in dieses Haus kommt.“
Adrienne fand es traurig, dass Mr. Stretton keine Familie hatte, die mit ihm hier lebte. Zwar war er verheiratet, aber sie wusste von ihren Eltern, dass seine Frau chronisch krank war und in einem Pflegeheim lebte. Wie gut, dass es Piers gab. Und noch besser, dass einer von Piers’ sporadischen Besuchen genau in die Zeit fiel, in der die Party stattfinden sollte. Ihre Freundinnen kannten den dunklen, gut aussehenden Jungen nämlich noch nicht. Er würde mit Sicherheit viel Aufsehen erregen.
Mit wem sie allerdings nicht gerechnet hatte, war Chay.
Vor zwei Jahren hatte sie ihn zuletzt gesehen. Doch als er sie anlächelte und ihren Namen aussprach, fiel es ihr schwer, die feindselige Haltung zu wahren. Dieser große Fremde mit den grauen Augen besaß ja auch keine Ähnlichkeit mehr mit dem verschlossenen Jungen von früher, der vom Freund zum Feind geworden war. Zudem schien er die Freundschaft wieder aufleben lassen zu wollen.
Zurückblickend musste sie sogar zugeben, dass kaum ein Tag verging, an dem sie nicht an ihn dachte, sich fragte, wo er wohl steckte und was er wohl tat. Wann er zurückkäme …
Und als sie dann an dem Morgen ihres Geburtstags nach The Grange hinüberging, stand Chay im Salon, und sie rannte auf ihn zu und warf sich in seine Arme. Als sein Mund ihre Lippen berührte, warm, fest und sinnlich, da spürte sie ein Gefühl in sich aufkeimen, das sie noch nicht kannte, aufregend und beängstigend zugleich.
Er hob den Kopf und lächelte sie an. „Nun, also …“
Doch da hörten sie Angus kommen, zusammen mit Adriennes Vater, und sie stoben auseinander. Angus sah zu Chay, mit fast besorgter Miene, und Chay erwiderte den Blick mit einem schwachen Lächeln.
Als sie gemeinsam die letzten Arrangements für die Party besprachen, war der seltsame Moment vergessen.
„Ist es nicht schön, dass Chay wieder zu Hause ist?“, fragte Adrienne ihren Vater auf dem Nachhauseweg.
„Nicht unbedingt. Denn jetzt fangen die nie endenden Bitten um Geld wieder an. Dabei hat Angus seine Ruhe verdient.“
Diese herabsetzende Antwort schockierte
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