Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
sich, das ihn auch zukünftig vor einem gewaltsamen Tod schützen konnte.
»Wie konnte es überhaupt dazu kommen?« Am Klang ihrer Stimme und dem entsetzten Ausdruck in ihren Augen konnte Struan erkennen, dass es nicht reine Neugier war, die sie zu so einer Frage bewegte, sondern echte Anteilnahme darin mitschwang.
»Im Nachhinein gibt es tausend Gründe, warum wir die Insel an die Heiden verloren haben«, antwortete er sachlich. »Doch darüber muss ich striktes Stillschweigen bewahren, weil es eindeutig Fehler in unserer Ordensführung waren, die es den Mameluken leichtgemacht haben, uns einfach zu überrennen. In erster Linie kann man natürlich den Heiden die Schuld in die Schuhe schieben. Sie waren es schließlich, die in hinterhältiger Weise unsere Schwachstellen ausgenutzt haben.«
»Und außer euch wenigen sind wirklich alle ums Leben gekommen?« Ihr Blick war immer noch fassungslos.
»Nein«, antwortete er trostlos. »Ein großer Teil unserer braven Kameraden wurde in Ketten gelegt und ist in die ägyptische Sklaverei geraten. Ich habe noch immer ihre Schreie in meinen Ohren und höre, wie sie um Gnade winseln.«
»Na ja«, wandte sie vorsichtig ein, »immerhin haben die Mameluken sie am Leben gelassen.« Struan warf ihr einen verächtlichen Blick zu, und sie bereute bereits, dass sie ein Urteil abgegeben hatte, über eine Angelegenheit, bei der sie überhaupt nicht mitreden konnte.
»Wenn du denkst, dass die Heiden Menschenfreunde sind, so muss ich dich leider enttäuschen. Ich war einem Spähtrupp zugeteilt, und zur Zeit des Angriffes befanden wir uns auf einem Erkundungsgang rund um die Insel. Im Nebel haben wir die Schiffe der Feinde gesehen, wie sie aus der morgendlichen Dämmerung auftauchten und die Insel umkreisten wie Haifische ihre Beute. Wir haben alles versucht, um sie abzuwehren, aber dann ist es ihnen doch gelungen, den Hafen zu erstürmen, und unser Kommandeur-Leutnant hat befohlen, die Festungstore zu schließen, noch bevor alle Templer dorthin zurückgelangen konnten.«
»Das heißt, man hat euch einfach ausgesperrt? Gab es keine Möglichkeit, trotzdem hineinzugelangen?«
»Es wäre Selbstmord gewesen, bis zu den Festungsmauern vorzudringen – überall wimmelte es von Heiden. Wir haben uns in einer unterirdischen Katakombe verschanzt, die den Heiden offenbar nicht bekannt war. In der Dämmerung sind wir heimlich auf die Dächer der umliegenden Häuser geklettert, weil wir wissen wollten, was während unserer Abwesenheit in der Ordensburg unternommen wurde, um die Heiden zu bekämpfen. Dort mussten wir erfahren, dass die Festung längst gefallen war, und mit unseren eigenen Augen sehen, was die ägyptischen Schweine mit unseren bedauernswerten syrischen Bogenschützen anstellten. Hundertfünfzig Männer christlichen Glaubens, die als Söldner zur Verteidigung der Insel vom Orden eingekauft worden waren. Die Mameluken haben sie zum ›Dank‹ für ihre Abtrünnigkeit noch an Ort und Stelle zum Tode verurteilt.« Ihm versagte die Stimme, und sie streichelte tröstend über seine Hand.
»Du musst nicht weitererzählen, wenn es dir zu schwerfällt, ich habe genug gehört«, sagte sie leise und war nicht sicher, ob sie überhaupt wissen wollte, was anschließend geschehen war.
Als wäre ihm ihr Einwand entgangen, fuhr er fort: »Im Vorhof der Festung standen die Henker im Blut der Syrer und ließen im Rhythmus eines Herzschlages deren Köpfe rollen. Nie zuvor hatten meine Augen etwas Schrecklicheres gesehen. Meine Brüder und ich haben verzweifelt versucht wegzuschauen, aber wir waren nicht fähig dazu. Glaub mir – es war, als ob der Teufel persönlich unsere Blicke gefesselt hätte, um uns einen Einblick in die Hölle zu präsentieren.«
Er schluckte schwer, und ein leiser Seufzer entfuhr ihm.
Sie hatte seine Hand gesucht und auch gefunden. Er gestattete ihren Fingern, sich mit den seinen zu verschränken, und drückte sanft zu.
»Wie kam es, dass sie dich und die anderen nicht erwischt haben?«
Er lächelte freudlos und blickte nach oben zum Dach, wo man durch die fehlenden Schindeln den azurblauen Himmel sehen konnte.
»Ich habe gebetet … unentwegt. Ich bin überzeugt davon, ich habe es der Heiligen Jungfrau Maria zu verdanken, dass ich mit den anderen entkommen konnte und noch dazu unverwundet geblieben bin.«
Er atmete kraftvoll durch, und seine Miene änderte sich wie das Wetter im April, wenn nach einem Regenschauer plötzlich die Sonne hinter den Wolken
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