Das Geheimnis von Ella und Micha: Ella und Micha 1 - Roman (German Edition)
meine inneren Fesseln ablegen. Ich will mir erlauben, wieder zu atmen, aber ich habe auch Angst, die Kontrolle zu verlieren – davor, alles zu fühlen, einschließlich meiner Schuld.
»Micha, lass uns wieder zurückfahren.« Ich klicke meinen Sitzgurt ein. »Das hier ist nicht mehr mein Ding.«
Er presst die Lippen fest zusammen. »Bitte, können wir eine Nacht haben? Nur du und ich. Ich brauche das jetzt wirklich.«
Die komischen Schwingungen, die von ihm ausgehen, und der Kummer in seinen Augen entgehen mir nicht. »Okay, was ist los? Du scheinst ein bisschen neben der Spur zu sein. War die SMS doch eine schlechte Nachricht?«
Er malt die tätowierte Acht auf seinem Unterarm nach. »Weißt du noch, wie ich das bekommen habe?«
Unwillkürlich berühre ich meinen Rücken. »Wie soll ich das vergessen? Schließlich habe ich das gleiche Tattoo.«
»Weißt du auch noch, warum wir uns die stechen ließen?«
»Ich erinnere mich an gar nichts mehr aus der Nacht.«
»Eben. Und trotzdem wirst du es nie vergessen, egal was passiert. Das ist total absurd.« Seine Finger verharren auf dem Tattoo, dem Symbol für Unendlichkeit.
»Irgendwas bedrückt dich.« Ich ziehe mein T-Shirt runter, um mein Tattoo zu bedecken. »Willst du darüber reden?«
Er schüttelt den Kopf, sieht aber nach wie vor auf seine Tätowierung. »Nein, mir geht’s gut.«
Um ihn abzulenken, zeige ich auf einen superheißen 1970er Pontiac GTO , blau mit weißen Rennstreifen. »Was ist mit Benny? Hat er noch die 455er?«
Michas Augen sind wie tiefe schwarze Teiche. »Dann sollen wir uns den Angeber vornehmen?«
»Ich denke, du solltest ihn dir vornehmen«, korrigiere ich. »Ich sehe zu, wie du ihn fertigmachst.«
Seine Züge verfinstern sich. »Kommt nicht infrage. Ich fahre kein Rennen ohne dich im Wagen. Das ist Tradition.«
Tatsächlich will ich unbedingt dabei sein. »Na gut, ich fahre mit dir, aber nur unter der Bedingung, dass du etwas für mich tust.«
»Was es auch ist, ich mach’s«, sagt er, ohne mit der Wimper zu zucken.
Ich rücke näher zu ihm, stütze die Ellbogen auf die Mittelkonsole. Meine Arme zittern. Micha rührt sich nicht. Starr wie eine Statue hockt er da, als ich meinen Mund zu seinem Ohr neige.
»Sieh ja zu, dass du gewinnst«, hauche ich, und wie von selbst biegt sich mein Körper ihm entgegen. Hastig ziehe ich mich wieder auf meinen Sitz zurück.
Michas Gesicht ist verschlossen. Er atmet schwer und sieht mich streng an. »Okay, abgemacht. Dann wollen wir mal das Rennen gewinnen.«
Wir steigen aus dem Wagen und gehen über den Feldweg zu der Reihe der anderen Autos und ihren Besitzern. Ich schirme meine Augen ab, weil die Scheinwerferlichter so grell sind, und halte einen Arm vor meinen Oberkörper. Mir ist klar, dass sie alle darüber spotten werden, wie ich angezogen bin.
Micha legt schützend einen Arm um mich. »Bleib locker. Ich bin bei dir, Babe.«
»Ah, wen haben wir denn hier?« Mikey, der Camarofahrer, kommt auf uns zu. Er hat schwarzes Haar, einen Knick in der Nase und ein Stacheldraht-Tattoo um seinen dicken Hals. »Ist unser verrufenes Pärchen wieder da und will sich blamieren?«
Ich verdrehe die Augen. »Du hast einmal gegen uns gewonnen, und das war nur wegen eines Plattens.«
Er zieht eine Grimasse, als er meine Bluse, das Trägertop und die Locken mustert. »Scheiße, was ist denn mit dir passiert?«
Chandra, seine Freundin, prustet vor Lachen. Ihr Kleid ist so eng, dass ihre Kurven fast herausquellen, und auf ihren hohen Absätzen ist sie beinahe so groß wie ich. »Mann, die hat sich ja in eine richtige kleine Prinzessin verwandelt!«
Micha drückt meine Schulter, um mich zu beruhigen. »Und, wer ist als Erster dran? Oder habt ihr euch noch nicht entschieden?«
Mikey beäugt Michas Chevelle und wird merklich nervös. »Denkt ihr, ihr könnt hier einfach aufkreuzen und mitmachen, nachdem ihr fast ein Jahr lang gekniffen habt?«
Ein Jahr? , frage ich Micha stumm.
»Was denn?«, erwidert er achselzuckend. »Du warst weg. Wieso sollte ich fahren?«
»Noch mal, du musst auch ohne …« Ich spreche den Satz nicht zu Ende, weil Mikey alles, was ich sage, gegen Micha verwenden würde. Deshalb sollte ich mich lieber zurückhalten. »Wir wollen gegen Benny fahren.«
Mikeys Lachen dröhnt durch die Nacht. »Ihr und welche Armee?«
Ich zeige auf Michas Chevelle. »Die da drüben.«
Mikey schüttelt den Kopf und will uns wegscheuchen. »Die Kiste hat keine Chance gegen den GTO . Und jetzt
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