Das Geheimnis von Ella und Micha: Ella und Micha 1 - Roman (German Edition)
und ich ließ meinen Kopf an die Rücklehne sinken.
»Wie hast du das geschafft?«, fragte ich leise.
»Eine meiner Freundinnen ist mal nachts ausgetickt, und ich musste sie überreden, nicht vom Dach zu springen«, erklärte er. »Der Trick war, ihr klarzumachen, dass es mehr als eine Möglichkeit gibt.«
Ich nickte, und den Rest der Fahrt schwiegen wir. Ethan hat es mir gegenüber nie wieder angesprochen oder mich hinterher anders behandelt, wofür ich ihm bis heute dankbar bin.
Nachdem der Arzt da war, wurde diagnostiziert, dass meine Mutter anfing, unter »Größenwahn« zu leiden, was bei bipolaren Patienten gelegentlich vorkommt.
Erst als es fast dunkel ist, höre ich auf zu zeichnen. Ich packe Skizzenblock und Stifte zusammen und gehe den Hügel hinunter. Vor dem gebogenen Eisentor ist Micha. Er sitzt in einer Jeans und einem schwarz-rot-karierten Hemd auf der Motorhaube des Wagens seiner Mutter. Sein Kopf ist nach vorn geneigt, sodass ihm das blonde Haar in die Stirn fällt, während er mit seinem Handy spielt.
Ich bleibe ein Stück von ihm entfernt stehen. »Was tust du hier?«
Er blickt zu mir auf. »Ich warte auf dich.«
»Woher wusstest du, dass ich hier bin?«
»Ich habe gesehen, wie du mit deinem Skizzenblock in diese Richtung gegangen bist, und da kam ich her, um nach dir zu sehen.«
Zögerlich gehe ich einen Schritt näher. »Wie lange sitzt du schon da?«
Er rutscht von der Motorhaube und steckt sein Handy weg. »Seit einer Weile. Ich wollte dich nicht stören. Du sahst so friedlich aus.«
Ich presse die Lippen zusammen und sehe ihn an. Zu gern würde ich ihn mal wieder zeichnen, wie früher. Da saß er auf meinem Bett, und es war, als würde meine Hand ihm gehören. »Hör mal, wegen neulich Abend, ich denke …«
Er kommt so schnell auf mich zu, dass ich keine Zeit habe zu reagieren, ehe er seinen Finger auf meine Lippen legt. »Lass es einfach eine Weile gut sein, okay?«
Zwar weiß ich nicht genau, was er meint, aber ich nicke trotzdem.
Er zieht mit seinem Finger eine Linie von meinem Mund über meine Brust bis hinunter zu meinem Bauch, bevor er die Hand zurücknimmt. »Darf ich dich nach Hause fahren?« Seine Stimme klingt kratzig.
Ich blicke zum grauen Himmel, über den die Vögel huschen. »Das ist nett. Danke.«
MICHA
Während der Fahrt ist sie in Gedanken, so wie ich. Der Anruf von meinem Vater hat mich derart in Rage gebracht, dass ich in den Wagen stieg und etwas Bescheuertes tun wollte. Doch dann sah ich Ella die Straße entlanggehen und folgte ihr. Es war schön, ihr beim Laufen zuzusehen: wie der Wind ihr Haar aufwirbelte, wie sie ihren Hintern in den kurzen Jeansshorts schwang. Ich wurde ruhiger, als ich beobachtete, wie sie sich oben auf dem Hügel hinsetzte und zeichnete, auch wenn ich nicht aufhören konnte, an den Anruf zu denken.
»Wir sollten irgendwohin fahren«, schlage ich vor, als wir auf die Hauptstraße biegen.
Ella zuckt zusammen und dreht sich vom Fenster weg. »Ich muss nach Hause.«
»Komm schon.« Ich schmolle und hoffe, dass ich sie so überreden kann. »Komm mit mir dahin, wo wir ein bisschen entspannen können.«
Sie ist tatsächlich versucht. »Und wo wäre das?«
Ich drehe die Musik leiser und lehne einen Arm auf das Lenkrad. »Zu unserem Platz am See.«
»Aber bis dahin fahren wir ewig.« Sie sieht zum dunklen Himmel. »Und es ist schon spät.«
»Seit wann hast du Angst vorm Dunkeln?«
»Es ist nicht die Dunkelheit, vor der ich Angst habe.«
Ich seufze und schalte runter. »Ach komm, nur du und ich. Wir müssen nicht mal reden. Wir können einfach still dasitzen.«
»Okay«, gibt sie nach und wirft ihren Block auf die Rückbank. »Aber nur solange du keine Fragen stellst.«
Ich hebe eine Hand. »Pfadfinderehrenwort. Ich behalte meine Fragen für mich.«
Ella sieht mich misstrauisch an. »Du warst nie bei den Pfadfindern.«
Ich lache und merke, wie sich der Druck in meiner Brust löst. »Egal. Ich stelle keine Fragen. Doch was alles andere betrifft, garantiere ich für nichts.«
Sie tut, als würde ihre Nase jucken, dabei versucht sie bloß, ihr Grinsen zu verstecken, was mich wiederum zum Grinsen bringt.
Bis wir unsere Stelle zwischen den hohen Bäumen erreichen, ist es stockfinster. Der Mond spiegelt sich auf dem Wasser, und die Nachtluft ist ein wenig kühl. Ich hole meine Jacke aus dem Kofferraum und gebe sie Ella. Dass ihr kalt ist, erkenne ich an der Gänsehaut auf ihren Armen und der Art, wie sich ihre Nippel durch das Top
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