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Das Geheimnis von Winterset

Das Geheimnis von Winterset

Titel: Das Geheimnis von Winterset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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verspürte sie mitten im Winter die leichte Freude eines hellen Frühlingstages, oder sie vernahm einige Sätze, die von einer fremden Stimme gesprochen wurden und in keinem Zusammenhang zu den Dingen standen, die gerade um sie herum geschahen. Während Kits Reise auf dem Kontinent war sie einmal mitten in der Nacht aufgewacht, weil sie glaubte, er habe sie gerufen - aber natürlich konnte sie ihn nicht wirklich gehört haben, da er ja gar nicht im Haus war.
    Sie konnte sich auch nicht erklären, was diese „Visionen" auslöste, und sie erzählte niemandem davon, da sie sich dessen schämte. Nur selten standen diese Erfahrungen im Zusammenhang mit der Wirklichkeit, wie es bei dem Kind des Pächters der Fall gewesen war. Anna bemühte sich daher, ihre Anfälle zu unterdrücken oder nicht weiter darauf zu achten, wenn sie dennoch eintraten. Noch nie hatte sie allerdings einer mit solcher Heftigkeit erfasst und sie mit so großem Schmerz erfüllt, wie der, den sie gerade erlebt hatte.
    Sie atmete tief durch und strich sich das Haar zurück. Erneut betrachtete sie die ruhig daliegende Lichtung. Es war einfach lächerlich, zu glauben, dass es dort irgendetwas geben könnte, das eine solche Furcht auslösen konnte. Sie holte tief Luft, bevor sie sich wieder auf den Weg machte. Mittlerweile verspürte sie kein Bedürfnis mehr, weiter den Berg hinaufzugehen, und beschloss, nach Hause zurückzukehren.
    Sie war noch gar nicht weit gekommen, als sie auf einmal schwach eine Stimme vernahm. Abrupt blieb sie stehen und lauschte. Nach wie vor befand sie sich auf den Ländereien von Holcomb Manor, und es war sehr ungewöhnlich, hier irgendjemanden anzutreffen.
    Doch erneut hörte sie eine Stimme - nein, es mussten sogar zwei sein, dachte Anna. Neugierig machte sie sich auf den Weg in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Sie ging langsam und vorsichtig, denn möglicherweise handelte es sich um Wilderer, wenngleich Rankin sehr wachsam war, damit niemand mit unlauteren Absichten durch den Wald streifte.
    Jetzt konnte sie die beiden sehen, kaum zwanzig Fuß von sich entfernt und teilweise von den dicht stehenden Bäumen verborgen. Auf jeden Fall waren es zwei Jungen, und sie beugten sich über etwas auf dem Boden. Als Anna näher kam, erkannte sie ein Tier, das reglos auf der Seite lag.
    Voller Sorge eilte sie heran. Offenbar handelte es sich bei dem Tier um einen verletzten Hund, doch sie wusste noch nicht, ob die Kinder dem Tier Schaden zugefügt hatten oder ob sie sich eher deshalb sorgen sollte, weil der Hund die Jungen in seiner Angst beißen könnte.
    „Jungs!" Ihre Stimme klang schärfer als Anna beabsichtigt hatte.
    Erschrocken fuhren die beiden herum. Das Erste, was Anna auffiel, war der Ausdruck von Erleichterung auf ihren Gesichtern, woraus sie schloss, dass die Jungen dem Tier nicht wehtun wollten, sondern selbst besorgt waren. Und dann bemerkte sie, dass beide sich glichen wie ein Ei dem anderen. Sie waren schlaksig und hatten dunkles, zerzaustes Haar, ihre Augen waren groß und hell und verrieten eine aufgeweckte Intelligenz. Anna empfand einen kleinen Stich im Herzen, als sie die beiden vor sich stehen sah: Sie ähnelten Reed sehr ...
    Das waren also die Zwillinge! Reed hatte ihr oft mit einer Mischung aus Belustigung und Zuneigung von ihnen erzählt.
    „Ma'am!", rief einer von ihnen nun, und sie kamen auf Anna zu.
    „Können Sie uns helfen? Wir haben einen Hund gefunden."
    „Und er ist schwer verletzt."
    Sie blieben vor ihr stehen und blickten mit ernster Miene zu ihr auf. In ihren Haaren hatten sich Blätter und kleine Zweige verfangen, und ihre Kleidung und ihre Gesichter waren schlammverschmiert. Der Anblick ließ Anna unwillkürlich lächeln.
    „Was ist mit ihm passiert?", fragte sie und ging an ihnen vorbei zu dem Hund hinüber.
    „Wir wissen es nicht."
    „Wir glauben, dass ein anderes Tier ihn angegriffen hat."
    „Sein Bauch ist aufgerissen."
    „Und eines seiner Beine ist gebrochen."
    Nach kurzem Nachdenken fügte einer der Jungen vorsichtig hinzu: „Vielleicht sollten Sie lieber nicht hinschauen."
    „Es geht schon", versicherte ihm Anna. „Ich sehe nicht zum ersten Mal ein verwundetes Tier."
    Die Jungen, die jetzt zu beiden Seiten neben ihr standen, grinsten.
    „Potzblitz!", rief der eine, und der andere sagte zu Anna: „Manche Mädchen sind ein bisschen zimperlich."
    „Ja, das habe ich auch schon gehört." Anna betrachtete den Hund, der sich nicht regte, sie aber wachsam beobachtete. „Nun,

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