Das Geheimnis
ändert nichts zwischen uns«, erklärte Shigeru. »Alles bleibt so, wie es ist.«
In der Villa und auf dem Anwesen wurde es in den darauf folgenden Jahren stiller und stiller. Shigeru schickte die meisten seiner Verwandten und Gefolgsleute auf sein Anwesen in der Provinz Tosa, während Akiko den größten Teil der Dienerschaft entließ. Wenn sie sich nicht der Befriedigung der sexuellen Vorlieben Shigerus widmeten, beschäftigten sie sich mit Dichtung und Musik. Während der Monate, die Shigeru jedes Jahr in Tosa verbrachte, seinem Herrschaftsgebiet, verzehrte Akiku sich vor Sehnsucht nach ihrem Gatten. Doch als Gemahlin eines daimyo legte sie ihre Ängste vor Männern mehr und mehr ab und erwarb sich eine Aura der Autorität. Wirklich sicher und glücklich fühlte Akiko sich aber nur, wenn sie mit Shigeru zusammen war.
Nun hörte Fürstin Miyagi, wie ihr Mann immer schneller atmete. Wieder warf Schneeflocke ihrer Herrin einen fragenden Blick zu, und wieder bedeutete die Fürstin mit einer Handbewegung, dass die Mädchen mit dem Liebesspiel fortfahren und einander streicheln sollten, wobei sie übertrieben leidenschaftliche Schreie ausstießen und sich in gespielter Lust wanden. Schneeflocke legte sich mit gespreizten Beinen auf den Boden, während Zaunkönig sich auf Hände und Knie niederließ, sich bäuchlings auf sie legte und den Mund zwischen Schneeflockes Beinen vergrub. Hinter dem kleinen Fenster wurde Fürst Miyagis Stöhnen immer lauter und lauter. Die Fürstin wusste, dass er kurz vor dem Höhepunkt stand, und lächelte glücklich.
Wenngleich sie selbst nie sexuelle Freuden genossen hatte, konnte sie die Lust ihres Mannes mitempfinden, denn die vielen gemeinsamen Jahre hatten eine so enge geistige Bindung zwischen ihnen entstehen lassen, dass die Fürstin auch ohne geschlechtlichen Verkehr tiefste Befriedigung in ihrer Ehe fand. Kinder wünschte sie sich ohnehin nicht; Shigerus Neffe sollte seinem Onkel als daimyo nachfolgen. Der Fürst und die Fürstin waren verwandte Seelen; sie waren wie die zwei Schwäne im Familienwappen: Perfekte Gegenstücke, die einander ergänzten … Jedenfalls versuchte die Fürstin sich dies einzureden. Einst hatte sie den Bund mit ihren Gatten als ewig betrachtet, als unbezwingbar – bis zu jenem Abend im letzten Frühjahr, als Konkubine Harume in ihrer beider Leben getreten war.
Fürst und Fürstin Miyagi hatten inmitten einer Gruppe adeliger Bürger auf einer Anlegestelle im Hafenviertel gestanden und sich ein Feuerwerk über dem Fluss Sumida angeschaut, mit dem die Bootssaison eröffnet worden war. Shigeru hatte das Gefolge des Shôguns betrachtet, wobei ihr Harume aufgefallen war. In der Annahme, dieses Mädchen könnte eine weitere der vielen harmlosen Ablenkungen für den Fürsten sein, hatte die Fürstin ein Treffen zwischen Harume und ihrem Gatten arrangiert. Wie hätte sie auch vorhersehen können, dass die schöne Konkubine zu einer Gefahr für ihre Ehe werden würde? Die Fürstin war körperlich krank geworden und hatte sich auf die Straße erbrochen, als sie entdeckt hatte, dass die Affäre eine Entwicklung genommen hatte, die zur Trennung zwischen ihr und Shigeru hätte führen können. Harume hatte nicht nur das eheliche Glück der Fürstin bedroht, sondern ihre gesamte Existenz, sodass sie tiefe Befriedigung empfand, als sie nun an Harumes Tod dachte. Sie und ihre Ehe waren wieder sicher. Und Shigeru brauchte niemals zu erfahren, was beinahe geschehen wäre.
Aber gänzlich war die Bedrohung mit Harumes Tod nicht gewichen. Das Schreckgespenst verfolgte Fürstin Miyagi noch immer. Und noch eine weitere Drohung lag wie ein Schatten über dem Leben der Fürstin: die Nachforschungen im Mordfall Harume. Nicht einmal die Nachricht von Leutnant Kushidas Verhaftung hatte ihr Erleichterung verschafft.
Shigerus Stöhnen wurde lauter und lauter. Fürstin Miyagi gab den Konkubinen ein weiteres Zeichen. Schneeflocke stieß ihr Becken gegen das Gesicht von Zaunkönig, die den Rücken durchbog und die Augen schloss, und schrie lustvoll. Endlich ertönte auch hinter dem Guckloch in der Wand ein heiserer Aufschrei. Tränen der Freude stiegen der Fürstin in die Augen. Wieder einmal hatte sie dafür gesorgt, dass die Lust ihres Herrn und Gemahls befriedigt worden war.
Als sie hörte, wie seine Schritte sich entfernten, erhob sie sich. Schneeflocke und Zaunkönig lösten sich voneinander und verneigten sich vor Fürstin Miyagi. »Das habt ihr sehr gut gemacht«, lobte sie
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