Das geheimnisvolle Gesicht
war noch nicht sehr viel los... Plötzlich kam ein junger Mann über die Straße gerannt und fuhr mit einem Taxi, das zwei Gäste gebracht hatte, davon.“
„Sie wollen damit andeuten, daß Sie diesem jungen Mann schon einmal begegnet sein könnten, aber Sie wissen nicht, wo.“
„Klarer hätte ich es nicht ausdrücken können!“
„Sie folgern weiter, daß dieser junge Mann auf Ihrer Spur sitzt!“ Obwohl es Gaitner nicht sehen konnte, winkte Perry Clifton ab. „Ich weiß, ich weiß, was Sie sagen wollen, Kommissar. Natürlich kann ich mir auch nur einbilden, das Gesicht schon gesehen zu haben. Vielleicht ist es nur einer jener miesen Zufälle, wie sie sich alle Schaltjahre ereignen.“
Gaitners Stimme kam ruhig und gelassen zurück: „Von all dem wollte ich gar nichts sagen!“
Perry fühlte Verlegenheit. „Ich bitte um Entschuldigung, Herr Gaitner. Ich glaube, daß es wohl in erster Linie meine eigenen Überlegungen waren.“
„Ich wollte sagen, daß Sie so lange die Augen offenhalten sollten, bis Ihnen erstens einfällt, wo Sie den Mann schon gesehen haben, und wenn Sie das wissen, zweitens: War es vor oder nach Ihrem jetzigen Auftrag. War es davor, können Sie ihn vergessen. War es danach, hätten Sie einen Grund, vorsichtig zu sein!“
Perry Clifton nickte, und in seiner Stimme schwang eine große Portion Hochachtung mit: „Sie haben recht, Herr Gaitner... Und auch Scott Skiffer hatte recht, als er behauptete, daß man von Ihnen noch eine Menge lernen könnte.“
„Dank für die Lorbeeren!“ erwiderte Gaitner trocken. „Sie glauben ja nicht, wie gut mir Ihr Besuch getan hat. Seitdem Sie weg sind, arbeiten meine kriminalistischen Zellen auf Hochtouren. Halten Sie mich bitte auf dem laufenden! Und wenn es nachts um drei Uhr ist!“
Gaitner rief etwas in den Hintergrund. Und dann hörte Clifton entfernt die Stimme von Theres. „Die Theres läßt Ihnen ausrichten, daß sie Ihr Kakoffee-Rezept erst morgen ausprobieren kann. Sie hat vergessen, Vanillezucker zu besorgen!“
„Das erhöht die Spannung! Also, Kommissar, dann bis morgen!“
„Ich wünsche Ihnen viel Glück im Hotel Alexander!“
Als Perry Clifton auf die Straße trat, war es 21 Uhr 30. Er hatte sich an der Rezeption den Weg zum Bahnhof erklären lassen und marschierte nun drauflos. Auf der Inneren Margarethenstraße sah er sich wie ein interessierter Fußgänger die Auslagen einiger Geschäfte an, bevor er auf dem Bahnhofsvorplatz in ein Taxi stieg.
Punkt 22 Uhr hielt der Wagen vor dem Hotel Alexander.
Er bat den Taxifahrer zu warten.
„Mein Name ist Clifton!“ sagte er zu dem Portier. „Ich war heute nachmittag schon einmal da.“
„Ich bin informiert. Lassen Sie mal Ihre Fotos sehen!“ bat der Hotelangestellte, und Perry Clifton zog sie der Reihe nach aus der neuen Tasche. Zuerst die Vergrößerung des Zeitungsbildes, dann das Porträt und die Fotos mit dem Auto. Bei jedem Bild sanken die Mundwinkel des Portiers weiter nach unten. Endlich schüttelte er den Kopf. „Tut mir leid. Aber diese Frau habe ich noch nie gesehen.“
Perry Clifton packte alles ein, bedankte und verabschiedete sich.
Als er vor dem INTERNATIONAL das Taxi verließ, glaubte er sicher zu sein, daß man ihn nicht verfolgt hatte. Er fuhr in sein Zimmer hinauf, drehte das Radio an und den Hahn der Badewanne auf und erklärte den Arbeitstag für beendet. Das gleiche dachte auch Roger Püttely, als er jetzt Gas gab und den Weg zum weniger exclusiven Hotel Loderer einschlug...
Der Freitagmorgen begann wie ein Bilderbuch-Frühlingstag: mit azurblauem, wolkenlosem Himmel und einer flimmernden Sonnenscheibe.
Nach der ausgiebigen Morgenwäsche mit Musik — es war
8 Uhr — fuhr Perry Clifton bestens gelaunt hinunter zum Frühstück. Die gute Laune, vom Vorabend mit in den neuen Tag hinübergerettet, glaubte er in erster Linie dem Wissen zu verdanken, daß er nicht verfolgt worden war.
Im Vorbeigehen nahm er von der Rezeption drei Ansichtskarten mit in den Speisesaal oder besser: in den Frühstücksraum. Er würde alle drei an Dicki Miller schreiben.
Heute war auch der elegante Grauhaarige wieder da. Im maßgeschneiderten Einreiher machte er den Eindruck, als sei er soeben einem Modejoumal entstiegen.
Perry Clifton verlangte „drei Eier auf Speck gesetzt“, eine Pampelmuse, Toast, Butter und eine Kanne Tee. Als das später alles Platz in dem dafür geschaffenen Magen gefunden hatte, griff er nach Karten und Stift.
Die erste Ansichtskarte
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