Das Geisterhaus
ihres Mannes erfuhr.
Allerdings, der Patron hatte sich verändert. Alle konnten
feststellen, daß er nicht mehr in den Farolito Rojo ging, daß
Schluß war mit den Saufabenden, den Hahnenkämpfen, den
Wetten, den Wutausbrüchen und vor allem mit der schlechten
Angewohnheit, die Mädchen in den Feldern umzulegen. Sie
schrieben es Clara zu. Aber auch sie veränderte sich. Von einem
Tag auf den ändern schüttelte sie ihre Verträumtheit ab, hörte
auf, alles sehr hübsch zu finden, und schien auch von dem
Laster, mit unsichtbaren Wesen zu sprechen und mit
übernatürlichen Mitteln Möbel zu verrücken, geheilt zu sein. Bei
Tagesanbruch stand sie mit ihrem Mann auf, gemeinsam und
fertig angezogen frühstückten sie. Dann ging
Esteban die
Feldarbeiten überwachen, und Férula übernahm das Haus, die
Dienstboten aus der Stadt, die sich an die Unbequemlichkeit des
Landlebens und die Fliegen nicht gewöhnen konnten, und
Bianca. Clara teilte ihre Zeit zwischen der Schneiderwerkstatt,
dem Kramladen und der Schule auf, ihrem Hauptquartier, wo sie
mit probaten Mitteln gegen die Krätze und mit Paraffin gegen
die Läuse vorging, die Kinder in die Geheimnisse der Fibel
einweihte und ihnen das Lied von der Milchkuh, die keine
gewöhnliche Kuh war, beibrachte und die Frauen lehrte, die
Milch abzukochen, Durchfall zu kurieren und Wäsche zu
bleichen. Abends, ehe die Männer vom Feld zurückkamen,
versammelte Férula die Frauen und Kinder des Guts zum
Rosenkranzbeten. Sie kamen mehr aus Gefälligkeit denn aus
Frömmigkeit und gaben somit der Ledigen Gelegenheit, sich der
alten Zeiten in ihren Armensiedlungen zu erinnern. Clara
wartete, bis ihre Schwägerin die mystischen Litaneien,
Vaterunser und Avemarias beendet hatte, und nutzte dann die
Versammlung, um die Losungen zu wiederholen, die sie von
ihrer Mutter gehört hatte, als diese sich in ihrer Gegenwart an
die Gitter des Kongresses angekettet hatte. Freundlich und
verschämt hörten die Frauen ihr zu, aus dem gleichen Grund,
aus dem sie mit Férula beteten: um die Gutsherrin nicht zu
verärgern. Aber deren flammende Sätze waren für sie dummes
Geschwätz. »Wer hat je gesehen, daß ein Mann die eigene Frau
nicht schlagen darf; wenn er sie nicht schlägt, liebt er sie nicht
mehr oder er ist kein Mann; wo hat man je gesehen, daß das,
was der Mann verdient oder die Erde gibt oder das Huhn legt,
beiden gemeinsam gehört, wo doch der Mann der ist, der
befiehlt; wo hat man je gesehen, daß eine Frau das gleiche tun
kann wie ein Mann, wo sie doch mit einem Loch im Bauch und
ohne Hoden geboren wird, Doña Ciarita, oder nicht?« sagten sie.
Clara war verzweifelt. Sie stießen sich an und lächelten verlegen
mit ihren zahnlosen Mündern und den vielen Falten um ihre
Augen, gegerbt von der Sonne und dem harten Leben. Sie
wußten im voraus, daß ihre Männer sie verprügeln würden,
kämen sie auch nur flüchtig auf den Gedanken, die Ratschläge
der Gutsherrin in die Praxis umzusetzen. Zu Recht, übrigens,
wie auch Férula fand. Es dauerte nicht lange, bis Esteban von
diesem zweiten Teil der Betveranstaltungen Wind bekam. Er
wurde wütend. Es war das erste Mal, daß Clara seinen Zorn
erregte, und das erste Mal, daß sie einen seiner berühmten
Jähzornausbrüche erlebte. Esteban brüllte wie ein Wahnsinniger,
während er mit großen Schritten durchs Eßzimmer ging und auf
die Möbel einschlug. Wenn Clara glaube, sie könne den Weg
fortsetzen, den ihre Mutter gegangen war, donnerte er, würde sie
schon sehen, daß er Manns genug sei, ihr die Hosen
herunterzuziehen und ihr eine Tracht Prügel zu verabreichen,
damit ihr die verdammte Lust verginge, vor den Leuten Reden
zu schwingen. Ein für allemal verbiete er ihr diese
Versammlungen, sei es zum Beten oder zu anderen Zwecken, er
sei kein Hampelmann und lasse nicht zu, daß seine Frau ihn
lächerlich mache.
Clara ließ ihn schreien und gegen die Möbel schlagen, bis er
müde war, dann fragte sie sich, zerstreut wie immer, ob er mit
den Ohren wackeln könne.
Die Ferien zogen sich in die Länge, und die Versammlungen
wurden in der Schule fortgesetzt. Der Sommer war zu Ende, der
Herbst überzog das Land mit goldenem Feuer. Die Landschaft
veränderte sich. Die ersten kalten Tage kamen, der Regen, der
Schmutz auf allen Wegen, ohne daß Clara den Wunsch zu
erkennen gab, in die Hauptstadt zurückzukehren, ungeachtet des
fortgesetzten Drängens von Férula, die das Land haßte. Im
Sommer hatte
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