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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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dadurch so aus dem Konzept gebracht, daß sie auf jede Einleitung verzichtete und gleich mit ihrer Neuigkeit herausrückte.
    »Und wenn man Ihnen nun bewiese, daß die Banque Universelle nach den beträchtlichen Käufen, die sie getätigt hat, mit dem Geld am Ende und darauf angewiesen ist, im Ausland Gefälligkeitsakzepte diskontieren zu lassen, um den Feldzug fortsetzen zu können?«
    Gundermann hatte ein freudiges Zittern unterdrückt. Sein Auge blieb glanzlos, und mit der gleichen knurrigen Stimme gab er zur Antwort:
    »Das ist nicht wahr.«
    »Wieso nicht wahr? Ich habe es doch mit eigenen Ohren gehört und mit eigenen Augen gesehen.«
    Und sie wollte ihn überzeugen, indem sie ihm erklärte, sie habe die von Strohmännern unterschriebenen Wechsel in Händen gehabt. Sie nannte deren Namen, sie gab auch die Namen der Bankiers an, die in Wien, in Frankfurt, in Berlin die Wechsel diskontiert hatten. Seine Korrespondenten könnten ihm Auskunft geben, er würde dann merken, daß sie ihm nicht mit irgendwelchem Gerede kam, das aus der Luft gegriffen war. Ebenso versicherte sie, die Gesellschaft habe, einzig und allein in der Absicht, die Hausse zu halten, auf eigene Rechnung gekauft, zweihundert Millionen seien bereits draufgegangen.
    Gundermann, der sie mit seiner düsteren Miene anhörte, überdachte schon seinen Schlachtplan für den nächsten Tag. Sein Geist arbeitete so rasch, daß er in wenigen Sekunden seine Orders verteilt und die Ziffern festgelegt hatte. Jetzt war er des Sieges gewiß, denn er wußte genau, aus welcher schmutzigen Quelle er diese Auskünfte erhielt, und er war voll Verachtung für Saccard, diesen Genießer, der so dumm war, sich an eine Frau auszuliefern und sich von ihr verkaufen zu lassen.
    Als sie fertig war, hob er den Kopf und schaute sie aus großen, erloschenen Augen an.
    »Na und? Wozu erzählen Sie mir das alles?«
    Sie war verblüfft, daß er so desinteressiert und ruhig blieb.
    »Aber ich denke mir, daß Sie, der Sie die Baisse …«
    »Ich? Wer hat Ihnen denn gesagt, daß ich mit der Baisse zu tun habe? Ich gehe überhaupt nie zur Börse, ich spekuliere nicht … Das ist mir alles ganz egal!«
    Und seine Stimme klang so unschuldig, daß die erschütterte, fassungslose Baronin ihm schließlich geglaubt hätte, wenn sie nicht einen Unterton von allzu spöttischer Naivität herausgehört hätte. Offenbar machte er sich über sie lustig in seiner absoluten Verachtung, ein Mann, mit dem es vorbei war und der kein Begehren mehr verspürte.
    »Nun, beste Freundin, ich bin sehr in Eile, und wenn Sie mir nichts Interessanteres zu sagen haben …«
    Er setzte sie also vor die Tür. Da lehnte sie sich wütend auf.
    »Ich habe Ihnen vertraut, ich habe als erste gesprochen … Das ist ja ein richtiger Hinterhalt … Sie hatten  mir doch versprochen, wenn ich Ihnen nützlich wäre, auch Ihrerseits mir nützlich zu sein, mir einen Rat zu geben …«
    Er stand auf und schnitt ihr das Wort ab. Er, der sonst nie lachte, lächelte jetzt hämisch, so großes Vergnügen bereitete es ihm, eine hübsche junge Frau brutal zum Narren zu halten.
    »Einen Rat? Aber den will ich Ihnen doch gar nicht vorenthalten, beste Freundin … Hören Sie mir gut zu. Spekulieren Sie nicht, spekulieren Sie niemals. Das macht Sie häßlich. Eine Frau, die spekuliert, ist einfach abscheulich.«
    Und als sie wütend fortgegangen war, schloß er sich mit seinen beiden Söhnen und seinem Schwiegersohn ein, verteilte die Rollen und schickte sogleich zu Jacoby und den anderen Wechselmaklern, um den großen Coup für den nächsten Tag vorzubereiten. Sein Plan war einfach: er wollte tun, was er in Unkenntnis der tatsächlichen Lage der Banque Universelle aus Vorsicht bisher nicht getan hatte; er wollte mit riesigen Verkäufen den Markt überfluten, jetzt, da er wußte, daß die Universelle mit ihren Hilfsmitteln am Ende und außerstande war, die Kurse zu halten. Er würde die fürchterliche Reserve seiner Milliarde anrücken lassen wie ein General, den seine Spione über den schwachen Punkt des Feindes unterrichtet haben und der ein Ende machen will. Die logische Berechnung würde triumphieren, jede Aktie ist verurteilt, wenn sie über ihren wirklichen Wert hinaus steigt.
    Am gleichen Tag begab sich Saccard, durch sein Gespür vor der Gefahr gewarnt, gegen fünf Uhr zu Daigremont. Er war fieberhaft erregt, er fühlte, daß es höchste Zeit war, den Baissiers einen Schlag zu versetzen, wenn man ihnen nicht endgültig unterliegen

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