Das Genessee-Komplott - Ludlum, R: Genessee-Komplott
getötet. Trotz seiner Drohungen hatte er sich in bezug auf die U-Boot-Geschichte äußerst sanft verhalten.
Trevayne fragte sich, weshalb Bruce sich dafür entschlossen hatte, seine >Bitte um Unterdrückung< nicht an die Öffentlichkeit zu bringen. Nicht daß es viel zu bedeuten hatte.
Roderick Bruce und seine Leser waren ihm verdammt gleichgültig. Er hätte Bruce unter keinen Umständen zurückgerufen. Was auch immer Paul Bonner vertrat – und es waren, weiß Gott, vorsintflutliche Ansichten – der Mann war authentisch. Es galt, die Bonners dieser Welt zu überzeugen, sie nicht als Sündenböcke in ideologischen Scharmützeln zu opfern.
Trevayne griff nach dem obersten Ringbuch, das in der rechten Ecke die römische Ziffer I trug. Dieses Ringbuch enthielt seine unmittelbare Wegbeschreibung; die erste Station San Francisco.
Routine. Nichts Wesentliches.
Es war alles arrangiert. Der Vorsitzende des Unterausschusses würde persönlich Firmen an der Westküste besuchen – eine Anzahl von Firmen. Wenn besorgte leitende Persönlichkeiten dieser Firmen sich die Mühe machten, Nachforschungen anzustellen – und das würden sie sicher – , würden sie erleichtert feststellen, daß Andrew Trevayne etwa ein Dutzend Firmen besuchen wollte. Und bei der Anzahl würde es unmöglich sein, in die Tiefe zu gehen.
Man hatte sogar beiläufig einigen angedeutet, daß der Vorsitzende des Unterausschusses gegen eine Runde Golf oder ein paar Sätzen Tennis nichts einzuwenden hätte.
Damit war das Klima seiner Tour festgelegt. Gerüchte befanden sich in Umlauf, daß der Unterausschuß bald seinen Geist aufgeben würde, daß Trevaynes Reise eine Art von Abschiedsvorstellung sei, ein symbolischer Abschluß eines unmöglichen Unterfangens.
Es war gut so; so wollte er es haben.
Das wäre nicht möglich gewesen, wenn ein Roderick Bruce zu den Genessee Notizen Zugang gehabt hätte.
Dazu durfte es nie kommen! Was um jeden Preis zu vermeiden war, waren breit angelegte Anklagen, vordergründige Urteile. Das Ganze war für simple Schlüsse viel zu kompliziert.
Das Klingeln des Telefons riß ihn aus seinen Gedanken.
»Hello?«
»Andy? Paul Bonner.«
»Sie müssen ein Telepath sein. Ich habe gerade an Sie gedacht.«
»Etwas Freundliches, hoffe ich.«
»Nicht besonders. Wie geht’s denn immer? Ich hab’ Sie schon ein paar Wochen nicht mehr gesehen.«
»Ich war verreist. In Georgia. Die schicken mich alle sechs Monate einmal nach Benning, damit ich in Form bleibe. Wenigstens bilden die sich das ein.«
»Ich glaube eher, die wollen bloß Ihre Aggressionen aus Ihnen herausprügeln, oder den Damen in Washington eine Verschnaufpause verschaffen.«
»Besser als ein kaltes Bad. Was machen Sie heute abend?«
»Ich treff’ mich mit Phyl zum Abendessen im L’Avion. Haben Sie Lust, mitzukommen?«
»Sicher. Wenn ich nicht störe.«
»Überhaupt nicht. In einer Dreiviertel Stunde?«
»Gut. Dann können wir diese verrückte Tour miteinander besprechen, die Sie da vorhaben.«
»Was?«
»Ich bin wieder zurück als Ihr Majordomo, Massa. Was immer Sie wollen, Sie brauchen bloß mit den Fingern zu schnippen oder zu pfeifen, dann beschaff’ ich es Ihnen.«
»Das wußte ich nicht«, sagte Trevayne zögernd.
»Ich hab’ gerade meine Befehle bekommen. Wie man mir sagt, besuchen wir ein paar Golfplätze. Sie fangen an, menschlich zu werden.«
»Sieht so aus. Bis dann, im L’Avion.«
Trevayne legte den Hörer auf und sah auf das Ringbuch, das er in der linken Hand hielt.
Das Verteidigungsministerium war nicht um einen Militäradjutanten gebeten worden. Tatsächlich war das Pentagon überhaupt nicht von der Reise informiert worden.
Zumindest nicht durch sein Büro.
18.
Mario de Spadante trat im Obergeschoß des Flughafens von San Francisco von der Rolltreppe und strebte auf die verglaste Beobachtungsplattform zu. Er ging mit schnellen Schritten, für einen Mann seiner Körperfülle bemerkenswert agil. Die Leute, die ihn erwarteten, hatten bereits Platz genommen. Zwei Männer an einem Ecktisch.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, daß ich das sage, Mr. de Spadante, ich glaube, Sie sind unnötig erregt.«
»Es macht mir etwas aus, daß Sie das sagen, Mr. Goddard. Es macht mir sogar sehr viel aus, weil ich finde, daß Sie ein Idiot sind.« De Spadantes Stimme blieb ruhig, nur das Schnarren war etwas ausgeprägter als gewöhnlich. Er wandte sich dem anderen Mann zu, einem älteren Mann, Mitte der Sechzig, elegant gekleidet. Einem Mann
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