Das geschenkte Leben
Besuch in einer Barackensiedlung analphabetischer Landarbeiter machte; die Meldung wurde von offizieller Seite beinahe schneller dementiert, als sie die Nachrichtenagenturen erreichen konnte. Die Zahl der Privatpolizisten und Leibwächter in den Vereinigten Staaten erreichte einen neuen Rekord; auf einen öffentlich bediensteten Sicherheitsbeamten kamen bereits drei in privaten Beschäftigungsverhältnissen. Miss Joan, geborene Johann Smith, erhielt mehr als zweitausend Heiratsanträge, einhundertsiebenundachtzig Morddrohungen, eine geheimgehaltene Zahl von Erpressungsbriefen und vier Bomben. Drei von diesen konnten rechtzeitig erkannt und entschärft werden; die vierte detonierte bei dem Versuch, das Paket in einer mechanischen Anlage zu öffnen, wobei geringer Sachschaden entstand. Eine Frau in Albany, Bundesstaat New York, gebar einen »Faun«, der unmittelbar nach der Geburt starb und siebenundachtzig Minuten später eingeäschert wurde. Der Postminister starb an einer Überdosis Barbiturate. Sein Stellvertreter reichte daraufhin umgehend seinen Rücktritt ein. Nach einer vom FBI veröffentlichten Übersicht nahm die Zahl der Schwerverbrecher – bewaffneter Raub, Vergewaltigungen, Mord und versuchter Mord – gegenüber dem Vorjahr um 16,8% zu. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der bekanntgewordenen Fälle von Wirtschaftskriminalität um 47,3%. Die Unruhen an den meisten Universitäten des Landes dauerten trotz zahlreicher Verhaftungen an.
*
»Jake, als du dich letztes Mal weigertest, mich zu heiraten, versprachst du mir einen Nachtbummel in der Stadt, wenn wir gewönnen.«
Mr. Salomon stellte seine Tasse auf den Frühstückstisch zurück. »Was? Nach meiner Erinnerung stellte ich dir ein Abendessen in einem guten Restaurant in Aussicht, worauf du mir sagtest, ein Restaurantessen sei kein Ersatz für eine Heiratsurkunde.«
»Ist es auch nicht. Aber ich habe nicht wegen der Heirat genörgelt, seit du mich zur ersten Konkubine ernannt hast, obwohl ich keine Ahnung habe, was du machst, wenn du nicht hier bist. Vielleicht bin ich gar nicht die ›erste‹, sondern nur eine Gelegenheitskonkubine.« (Joan, in solchen Dingen solltest du einen Mann nie in die Enge treiben.) (Ich treibe Jake nicht in die Enge, Eunice; ich bringe ihn nur durcheinander. Er wird mit uns in einen Nachtklub gehen, und wir werden das Blaugoldene tragen – schließlich habe ich es nicht gekauft, um damit vor Winnie zu paradieren und es dann in den Schrank zu hängen.)
»Joan Eunice, sicherlich glaubst du nicht, daß ich eine andere habe?«
»Es wäre anmaßend von mir, eine Meinung zu haben, Sir. Jake, ich bin während der ganzen Verhandlungsdauer zu Hause geblieben und habe nur ein paar kleine Einkaufsfahrten gemacht, meistens mit Winnie. Aber jetzt haben wir gewonnen, und ich sehe keinen Grund, weiter wie eine Gefangene zu leben. Hör zu, Liebling, wir könnten einen Bummel zu viert daraus machen – ein Mädchen für dich mit einen Jungen für mich –, und du könntest früh nach Hause kommen und brauchtest keinen Schlaf zu opfern, den du nicht opfern möchtest.«
»Sicherlich glaubst du nicht, daß ich nach Hause gehen und dich in einem Nachtklub zurücklassen würde?«
»Ich glaube, daß ich die ganze Nacht aufbleiben und feiern kann, wenn ich es will. Ich bin frei, über einundzwanzig – mein Gott, ich bin wahrhaftig über einundzwanzig – und kann mir einen lizensierten Begleiter leisten. Aber es gibt keinen Grund, daß du dir eine Nacht um die Ohren schlagen solltest. Wir werden einen zuverlässigen Begleiterverleih wie ›Goldsiegel‹ anrufen und unsere Party auffüllen. Winnie hat mich gelehrt, was ihre Generation tanzen nennt. Aber vielleicht würdest du lieber Winnie um dich haben als irgendeine Puppe aus einem Katalog? Winnie verehrt dich.«
»Eunice, denkst du ernstlich daran, einen Gigolo zu mieten?«
»Jake, ich werde ihn nicht heiraten. Ich werde nicht mal mit ihm schlafen. Ich erwarte, daß er mit mir tanzen, lächeln und höfliche Konversation machen wird – zu ungefähr dem Preis, den ein Installateur für acht Stunden Reparaturarbeit berechnet. Ist das schon verhängnisvoll?«
»Ich will es nicht.« Salomon blickte sie düster an. »Und ich erinnere mich nicht, gesagt zu haben, daß wir ausgehen würden. Außerdem gibt es nichts zu feiern, Joan. Wir haben nicht gewonnen, bis der oberste Gerichtshof darüber entscheidet.«
»Wir haben viel zu feiern. Ich bin wieder ohne alle juristischen
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