Das Gesetz der Knochen: Thriller (German Edition)
verbrachte ich meine Ferien daheim, als im Nachbarhaus dieses Ehepaar einzog. Sie war die schönste Frau, die ich je gesehen hatte – lange schwarze Haare, grüne Augen, ewig lange Beine. Es war Liebe auf den ersten Blick. Am schwersten war, meinen Zustand vor meinen Brüdern zu verbergen. Die hätten mir das ewig unter die Nase gerieben.«
Frank bog auf die Zubringerstraße zum Flughafen ein. »Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, wie ihr Mann aussah, aber sie sehe ich immer noch vor mir. Ich mähte ihren Rasen, erledigte die unterschiedlichsten Arbeiten für sie, alles nur, um einen Blick auf sie zu erhaschen. Es war ein wunderbarer Sommer.« In diesem Moment fuhr er vor dem Flughafenterminal vor und hielt an. »Ich lass dich hier heraus, muss gleich weiter in mein Büro. Ist das okay?«
»Kein Problem.« Sie lehnte sich zu ihm hinüber und gab ihm einen Kuss. »Also unerreichbare Frauen erwecken in jungen Männern ein starkes Verlangen. Ist es das, was du mir sagen willst?«
»Mehr oder weniger.«
Diane wollte gerade aussteigen, als sie sich noch einmal umdrehte. »Aber sie blieb nicht immer unerreichbar, habe ich recht?«
Frank sagte nichts. Er lächelte sie nur vergnügt an, und seine Augen funkelten.
»Das musst du mir erzählen, wenn ich zurück bin.«
»Gute Reise. Rufe mich heute Abend an.«
Diane holte ihr Gepäck vom Rücksitz und betrat den Flughafen von Atlanta.
Sie fürchtete sich vor dieser Reise.
20
W enn sie sich besser gefühlt und mehr Zeit gehabt hätte, hätte Diane die Strecke von Rosewood bis Birmingham mit dem Auto zurückgelegt. Aber diese Zeit hatte sie nicht. Auch konnte sie sich in ihrem angeschlagenen Zustand nicht vorstellen, fünf Stunden hinter dem Steuer zu sitzen.
Der Flug war allerdings nicht viel besser. Er war kurz, aber turbulent. Der hinter ihr sitzende Fünfjährige trat während des ganzen Flugs ständig gegen ihren Sitz. Einmal drehte sie sich um und wollte seiner Mutter etwas sagen, bemerkte dann aber, dass diese jung, allein und offensichtlich mit ihren Nerven selbst ziemlich am Ende war. Sie lächelte ihr deshalb nur zu und sagte nichts. Als das Flugzeug auf dem Anflug auf den Flughafen von Birmingham war, fühlte sich Diane hundeelend.
Von der Luft aus gesehen erinnerte Diane die Innenstadt von Birmingham an eine dieser Fotografien aus den fünfziger Jahren, die irgendeine Stahlstadt darstellte, obwohl jetzt alle Hochöfen und die damit verbundenen Fabriken verschwunden waren. Alles hier war eine Nummer kleiner als in Atlanta. Auch der Flughafen war verglichen mit dem in Atlanta postkartengroß und viel weniger hektisch. Diane hatte in Georgia den Spruch gehört, dass Birmingham zweihundert Kilometer und fünfzig Jahre von Atlanta entfernt liege. Die Leute aus Alabama behaupteten andererseits, dass der Weg in die Hölle über Atlanta führe. Beide hatten irgendwie recht, musste sie denken. Für sie persönlich war es wie eine Reise in die Vergangenheit.
Sie holte ihre Tasche aus dem Gepäckfach und ging zusammen mit den anderen Passagieren durch den langen Gang an der Sicherheitssperre vorbei in die Flughafenhalle, wo hoffentlich Susan auf sie wartete. Sie suchte die Menge nach ihrem Gesicht ab.
»Diane. Hier drüben.«
Susan stand hinter den Wartenden und winkte mit dem Arm. Sie sah noch genauso aus, wie sie Diane in Erinnerung hatte: konservativ geschnittenes Kleid, schulterlange seitlich gescheitelte braune Haare mit eingedrehten Enden. Es war in jeder Weise der totale Gegensatz zu Dianes Hose, Blazer und sportlichem Kurzhaarschnitt.
Diane ging um die Rolltreppen herum, die die Passagiere zur Gepäckabholung brachten, hinüber zu ihrer Schwester. Die folgende Umarmung war eher flüchtig, ihre Wangen berührten sich dabei kaum. Diane fühlte sich unbehaglich. Sie fragte sich, ob Susan die kommenden Wortgefechte genauso fürchtete wie sie.
»Susan, ich hoffe, du musstest nicht allzu lange warten. Wir sind etwas spät abgeflogen.«
»Nein. Ich war sowieso hier, weil ich die Kinder zum Flughafen bringen musste. Wir haben sie zu Geralds Schwester geschickt, bis das hier vorüber ist.«
Diane war enttäuscht. »Schade, dass ich sie verpasst habe.«
Susans Mund verzog sich zu etwas, das sie wohl für ein Lächeln hielt. »Sie hätten dich auch gerne gesehen. Vor allem Kayla. Sie fängt nächsten Herbst mit dem Studium an.« Susan fischte einen Umschlag aus ihrer Tasche. »Sie hat dir einen Brief geschrieben und wollte, dass ich ihn dir gebe. Sie
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