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Das Gesicht des Fremden

Das Gesicht des Fremden

Titel: Das Gesicht des Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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sind, geben Sie es endlich zu! Manche Verbrechen werden nun mal nie aufgeklärt, besonders dann, wenn Geistesgestörte am Werk waren.«
    Monk versuchte gerade, eine halbwegs höfliche Entgegnung zustande zu bringen, da schaltete sich Lady Fabia mit gepreßter, angespannter Stimme ein.
    »Mag sein, Lovel, aber in diesem Fall ist es anders. Joscelin wurde von jemandem ermordet, den er kannte, wie ungern wir das auch wahrhaben wollen. Selbstverständlich könnte der Mörder auch in diesem Haus verkehrt haben. Es ist wesentlich taktvoller von Mr. Monk, an uns persönlich heranzutreten, als sich in der ganzen Nachbarschaft umzuhören.«
    »Großer Gott!« Lovel machte ein entsetztes Gesicht. »Das kann doch nicht dein Ernst sein. Ihm das zu erlauben, wäre ungeheuerlich! Es würde unsren Untergang bedeuten.«
    »Unsinn!« Sie ließ das Adreßbuch geräuschvoll zuschnappen und legte es in die Schublade zurück. »So schnell gehen wir nicht unter. Die Shelburnes existieren seit fünfhundert Jahren und werden es auch weiterhin tun. Wie dem auch sei – ich habe keineswegs die Absicht, Mr. Monk zu gestatten, daß er die Leute aushorcht.« Sie warf Monk einen kalten Blick zu.
    »Deshalb werde ich ihn selbst mit einer Namensliste sowie einigen Fragen versorgen, die er stellen darf – oder zu vermeiden hat.«
    »Das ist schon viel zu viel, außerdem absolut unnötig!« Lovel wirbelte außer sich vor Wut von seiner Mutter zu Monk herum und wieder zurück; sein Gesicht war dunkelrot. »Wer immer Joscelin ermordet hat, muß aus seinem Londoner Bekanntenkreis stammen – falls es tatsächlich jemand war, den er kannte, was ich nach wie vor bezweifle. Egal was Sie sagen, meiner Meinung nach war es purer Zufall, daß ausgerechnet er das Opfer war. Wahrscheinlich hat sich jemand in irgendeinem Klub oder sonstwo gedacht, er müsse ziemlich reich sein, und daraufhin den Entschluß gefaßt, ihn auszurauben.«
    »Es war kein Raub, Sir«, wandte Monk entschieden ein. »In seiner Wohnung befanden sich alle möglichen wertvollen Gegenstände. Obwohl sie nicht zu übersehen waren, wurden sie nicht angerührt. Sogar das Geld in seiner Brieftasche war noch da.«
    »Und woher, bitte, wollen Sie wissen, wieviel in seiner Brieftasche war?« versetzte Lovel. »Es könnten Hunderte von Pfund gewesen sein!«
    »Diebe zählen gewöhnlich kein Wechselgeld ab und geben es einem zurück«, erwiderte Monk; er dämpfte den Sarkasmus in seiner Stimme nur geringfügig.
    Lovel war zu sehr in Fahrt, um sich aufhalten zu lassen.
    »Woraus schließen Sie eigentlich, daß es kein gewöhnlicher Dieb war? Ich wußte gar nicht, daß Sie bereits so weit gekommen sind. Offengestanden wußte ich nicht, daß Sie überhaupt irgendwohin gekommen sind!«
    »Gelegenheitsdiebe verhalten sich, Gott sei Dank, anders.« Monk überhörte den bissigen Seitenhieb. »Sie töten nicht. Lief Major Grey häufiger mit Hunderten von Pfund in der Gegend herum?«
    Die Adern auf Lovels Stirn drohten jeden Moment zu platzen. Er warf die Reitpeitsche durch den Raum; sie hatte anscheinend auf dem Sofa landen sollen, fiel jedoch daneben und schlug klappernd auf dem Boden auf. Er ignorierte es und schrie:
    »Selbstverständlich nicht! Dann war es eben ein einmaliges Ereignis. Er wurde schließlich nicht nur ausgeraubt und liegengelassen, er wurde erschlagen, falls Sie das vergessen haben sollten.«
    Lady Fabias Gesicht wurde vor Elend und Abscheu ganz schmal.
    »Wirklich, Lovel, der Mann tut sein Bestes – wozu auch immer das gut sein soll. Es besteht kein Grund, ausfallend zu werden.«
    Lord Shelburnes Ton schlug abrupt um. »Du bist aufgeregt, Mama, was unter diesen Umständen auch nicht weiter verwunderlich ist. Bitte überlaß das mir. Wenn ich es für nötig halte, Mr. Monk etwas mitzuteilen, werde ich es tun. Warum gehst du nicht in den Salon und trinkst mit Rosamond eine Tasse Tee?«
    »Behandle mich nicht wie ein kleines Kind, Lovel!« fuhr sie ihn an und erhob sich würdevoll. »Ich bin nicht so aufgeregt, daß ich mein gutes Benehmen vergessen und der Polizei nicht dabei helfen würde, den Mörder meines Sohnes zu finden.«
    »Es gibt beileibe nichts, was wir tun könnten, Mama!« Er drohte schon wieder aus der Haut zu fahren. »Am allerwenigsten sollten wir sie dabei unterstützen, das halbe Land in Aufregung zu versetzen, um Informationen über Leben und Freunde des armen Joscelin zu erzwingen.«
    »Es war einer seiner Freunde, der den armen Joscelin erschlagen hat!« Lady Fabias

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