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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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Fern. Das Haar hing ihr ums Gesicht, aber Tahn glaubte, etwas Neues in ihren Augen zu erkennen. Sie ergriff Tahns Handgelenk mit der anderen Hand und hievte ihn mit einem kraftvollen Ruck hinauf. Er saß einen Moment lang da, während der Wind mit seinem Haar spielte, und versuchte, genug Atem zu schöpfen, um ihr zu danken. Bevor er etwas sagen konnte, drückte sie ihm den Bogen in die Hand und half ihm auf die Beine. Als sie nickte und weiterzuklettern begann, konnte sich ihre entschlossene Miene durchaus mit der des Sheson messen.
    Tahn warf einen Blick zurück über mehrere enge Serpentinen und erhaschte einen Blick auf eine dunkle Gestalt, die aufholte. Sein Verstand rief eine Warnung, und er rannte Mira nach.
    Als der Hang sich abzuflachen begann, wurde die Luft diesig vor Nebel und regte sich wie in einem aufkommenden Sturm. Als Tahn sich hindurchbewegte, nahm er plötzlich seine Haut bewusst war. Während er und Mira weiterliefen, teilten sich die Nebel und flossen ihm glatt über Stirn, Wangen und Handrücken. Tahn hatte den Eindruck, als ob diese Nebelwolken vernunftbegabt wären, obwohl er nicht wusste, wie das sein konnte. Seine Haut erwachte bei ihrer Berührung zum Leben und tauschte sich unabhängig von seinen Gedanken mit dem ätherischen Element aus. Die Nebel wurden dichter, so dass die Sichtweite zurückging und sie langsamer vorankamen.
    Mira hielt an und schien sich zu orientieren. Als sie dann nebeneinander im dichten Nebel standen und das Rascheln von Blättern sich um sie regte, packte Mira Tahn an der Schulter, stieß ihn vorwärts und ließ sich einen halben Schritt hinter ihn zurückfallen.
    Ein niedriger Grat tauchte aus dem Nebel auf. Sie gingen direkt darauf zu und bogen dann zu einem Felseinschnitt zu ihrer Rechten ab. Sie durchquerten den Wall aus schwarzem Stein, der unvermittelt in einen wenige Schritt breiten weichen Lössboden überging, bevor eine Klippe steil ins Nichts abfiel.
    Mira blieb stehen. »Tillinghast.«
    Der Nebel wirbelte in langsamen Mustern, drehte sich um sich selbst und faltete sich endlos zusammen. Als er den Blick zum Himmel wandte, konnte Tahn eine Fortsetzung des Schauspiels sehen, wenn auch dünner. Jenseits des Klippenrands wurde der Nebel dichter bis hin zur Dunkelheit. Tahn machte einen zögerlichen Schritt, und sein Fuß sackte in den üppig duftenden Erdboden ein. Er sah seinen eingesunkenen Stiefel an und dann an der Klippe entlang, wo er undeutlich die Umrisse eines einzelnen Nebelbaums erkennen konnte, der sich am äußersten Rand des festen Bodens erhob. Seine Wurzeln ragten zum Teil in den Abgrund und wanden sich wie knochige, tastende Finger in die Wolken hinab. Nach oben hin verschwand der Baum im Nebel, und seine Krone war nicht zu sehen. An seinem Fuße lag ein einzelner herabgefallener Ast, der in einem Sturm abgebrochen sein mochte.
    Tahn sah Mira an, deren Augen vor Zuversicht strahlten.
    Dann tastete er sich langsam zur Abbruchkante vor, da er einen Blick hinabwerfen wollte, wobei seine Stiefel tiefe Spuren in der Erde hinterließen. Auf halbem Weg zum Rand hörte er Mira ihre Schwerter ziehen und sah, als er sich umdrehte, Zephora aus der Felsenge hervorschlüpfen. Die Nebel wichen vor seinem schwarzen Umhang zurück, als verspürten sie Widerwillen gegen ihn.
    Der Stilletreue beachtete Mira gar nicht, sondern sah an ihr vorbei zu Tahn. »Quilleszent.«
    Mira wartete nicht. Mit unglaublicher Schnelligkeit stürzte sie sich auf den Draethmorte. Ihre Klingen durchschnitten den Nebel so rasch, dass er sich bei ihrem Vorbeisausen nicht einmal regte. Mehrere Hiebe schienen die Kreatur direkt zu treffen, aber Zephora zuckte nicht einmal zusammen – das, was eine Klinge anrichten konnte, war für sein Fleisch anscheinend nicht von Bedeutung. Mira sprang zurück und ging in Verteidigungsstellung.
    Tahn konnte es nicht deutlich erkennen, aber anscheinend waren alle Risse und Wunden, die Miras Angriff hinterlassen hatte, von selbst wieder geheilt.
    »Deine Bestimmung ist größer, als das Menschengeschlecht es zulässt, Quilleszent.« Die Worte des Draethmorte klangen düster. »Du bist mehr, als die Menschen wissen. Ihre Arroganz und Gier haben einen Weg eröffnet, die Gräuel der Ersten wiedergutzumachen. Du kannst der Ausführende sein und ganze Zeitalter der Vernachlässigung und Grausamkeit auslöschen.«
    »Das sind nur Lügen, Tahn«, rief Mira. »Absurde Behauptungen, die dich verwirren sollen. Gib nichts auf Worte, die aus Dunkelheit Licht

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