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Das Gift der Drachen Drachen3

Das Gift der Drachen Drachen3

Titel: Das Gift der Drachen Drachen3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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einen legitimen Grund, sich Cuhans zu entledigen, heho!«
    Waivia hatte den Geist meiner Mutter zu Kratts Gunsten eingesetzt.
    »Wo ist dein anderweltlicher Vogel jetzt?«, fuhr Ghepp fort. Seine Worte klangen wie Peitschenhiebe. »Warum warte ich immer noch darauf, ihn in meiner Brutstätte zu sehen? Warum ist er nicht aufgetaucht, als die Heerschar des Tempels dich angegriffen hat?«
    »Es gab keinen Himmelswächter in Brut Re«, erwiderte ich heiser. »Euer Bote hat Euch nur Propaganda von Kratt …«
    »Ruf deinen Himmelswächter. Zeig mir deinen anderweltlichen Vogel.«
    »Wir brauchen ihn nicht.«
    Ghepp legte den Kopf auf die Seite, was eine Hälfte seines Gesichts in Schatten tauchte. Ich starrte auf einen einäugigen Mann, eine Kreatur mit nur einem halben Gesicht. »Ich erinnere mich daran, dass Kratt dich einmal gezwungen hat, den Himmelswächter zu rufen, damals in Brut Re. Er hat dich auspeitschen lassen. Soll ich das auch tun?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dann ruf deinen Vogel. Wir werden ihn brauchen, wenn Kratt kommt, um sich diese Brutstätte ebenfalls zu holen.«
    »Das wird er nicht tun!«
    »Ruf deinen verdammten Vogel!«
    »Das kann ich nicht!« Ich musste mich zwingen, seinem Blick standzuhalten. »Gen hat mich gezwungen, meine Fähigkeit, den Himmelswächter zu rufen, mit ihm zu teilen, meine Macht über ihn zu teilen. Ich kann ihn nur rufen, wenn er dabei ist.«
    Ghepp verzog angewidert die Lippen. »Wie passend, dass er gerade nicht hier ist.«
    »Er ist … nicht hier?«
    Ghepp wirbelte auf dem Absatz herum und ging zur Tür. Er riss sie auf und deutete abrupt mit seiner Laterne auf mich. Die Schatten tanzten wie verrückt gewordene Pendel über die Wände.
    »Schafft sie in eine Zelle!«, befahl er den Wächtern vor der Tür. »Und kein Wort zu niemandem.«
     
    Nur aufgrund des grauen Lichts, das unter der schweren Holztür in meine Zelle sickerte, konnte ich vermuten, wann es Tag war und wann Nacht.
    Dämmerung.
    Dunkelheit.
    Dämmerung.
    Dunkelheit.
    Noch mehr Dämmerung und noch mehr Dunkelheit.
    Vier Tage verstrichen.
    Dann war ich überzeugt, dass man mich in dieser unterirdischen Zelle vergessen hatte. Ich hörte kein Husten, kein Murmeln, kein Schnarchen außerhalb meiner Zelle, und ich hatte keine Schatten von jemandem gesehen, der vor meiner Zellentür auf und ab ging, kein Licht von Fackeln, das durch den Türschlitz fiel. Die Soldaten hatten mich einfach in diese steinerne Zelle gesteckt, die Tür hinter sich verriegelt und waren gegangen, die feuchte Treppe hinaufgestiegen, über die sie mich hinabgeführt hatten.
    Bis auf Ghepp waren sie die Einzigen, die wussten, wo ich war. Der Gedanke war alles andere als tröstlich.
    Ich schlief. Ich wachte. Ich maß die Länge und Breite meiner Zelle anhand der Länge meines Fußes. Ich dachte an Savga und betete, dass sie den Weg zurück in ihren Arbiyesku gefunden hatte und bei Oblan und Runami in Sicherheit war. Ich fragte mich, warum wir nicht an dem Tag, als wir versklavt wurden, in diese Zellen gebracht worden waren. Ich konnte mir die verschiedenen Gründe nur ausmalen. Weil man uns hatte nach Diri fliegen wollen, um uns am nächsten Tag einzutauschen; weil in dem Drachenstall Wasser vorhanden war, wohingegen in dieser Kerkeranlage Akolythen schwere Eimer die feuchten Treppen hätten herunterschleppen müssen. Das wäre sehr mühsam gewesen. Außerdem wussten nur sehr wenige Menschen um diese Verliese.
    Der letzte Grund schien mir der wahrscheinlichste zu sein. Ghepp wollte mich nicht nur einkerkern, sondern auch verstecken. Er wollte mich irgendwo festsetzen, wo ich sterben und verfaulen konnte, ohne dass es jemandem auffiel, falls Drachenjünger Gen nicht wieder zurückkam und mich als die prophezeite Frau der Macht und der Veränderung verteidigte.
    Ich versuchte nicht daran zu denken, dass dies passieren, dass ich in der Zelle verrecken würde, und ebenso bemühte ich mich, alle Gedanken an Kratt und meine Schwester zu vermeiden. An Hunger und Durst dachte ich ebenso wenig und auch nicht daran, dass nur mein wahnsinniges Verlangen nach Gift mich in dieses Verlies geführt hatte. Aber weil ich versuchte, nicht an mein Verlangen nach Gift zu denken, konzentrierte ich mich immer mehr darauf.
    Ich dachte an das Lied der Drachen, an die sublimen Mysterien, die ich erfahren hatte, als ich es hörte, und an die Sehnsucht nach etwas, was so weit außerhalb meiner Reichweite war, und die so mächtig gewesen war, dass ich

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