Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)
silberne Amethystschnüre von ihren Ohrläppchen bis auf die Schlüsselbeine herab. Die Akte mit meinem Namen lag schon auf ihrem Schoß, als ich hereinkam.
» Ich würde das normalerweise nicht sagen, aber dass du ein erstklassiges Examen gemacht hast, steht schon fest.« Lächelnd blätterte sie in Papieren und Broschüren.
» Wissen Sie etwas, das ich nicht weiß?«
» Nein. Aber deine bisherigen Noten sind die besten, die ich je gesehen habe. Du bist eine sehr intelligente junge Frau. Es ist schön, wenn man so etwas zu einer Studentin sagen kann, Karen: Du kannst jede Laufbahn einschlagen, die dir gefällt. Was möchtest du tun?« Ihr eifriger Blick suchte in meinem Gesichtsausdruck nach der gleichen Begeisterung, aber es hatte keinen Sinn, sie zu belügen.
» Es klingt unheimlich lahm«, sagte ich, » aber ich weiß nicht, was ich mit meinem Leben anfangen will. Ich fühle mich zu nichts berufen oder so. Was ich hier getan habe, hat mir gut gefallen, aber darüber hinaus habe ich keinen wirklichen Ehrgeiz.«
» Ich glaube, besser könnte ich die Einstellung nicht beschreiben, die du brauchst, um an der Uni zu bleiben«, sagte sie, und ihr Ohrschmuck baumelte vor und zurück, als sie nickend eine Liste überflog. Der Schmuck sah aus wie ein Entwurf von Nina, und ich fragte mich, ob Caroline je im Camden auf dem Markt eingekauft hatte. » Es liegt auf der Hand, dass der Magister der nächste Schritt für dich ist. Und danach die Promotion. Und dann kannst du vielleicht über eine Stellung an einer der großen Universitäten nachdenken. Du weißt, dass du damit niemals reich werden wirst– dass du als freie Übersetzerin wahrscheinlich mehr verdienen könntest?«
Ich nickte.
» Ja, aber das kannst du nebenher immer noch tun. Ich tue es auch.«
» Muss ich mich jetzt sofort entscheiden?«
» Ich finde, du solltest dich bei denen hier bewerben.« Sie zog fünf oder sechs Formulare heraus. Auf dem obersten Blatt erkannte ich das Logo von Uppsala. » Ich glaube, in deinem Fall können wir das Verfahren schon einleiten, bevor die Resultate veröffentlicht sind.«
» Und wie ist es, wenn ich hierbleibe?«, fragte ich. » Würde das Department mich in einen Magisterstudiengang aufnehmen können?«
Caroline Alba sah mich an und blinzelte. » Ich finde wirklich, du solltest dir das Kaliber der Hochschulen, die ein Interesse an dir geäußert haben, genauer ansehen, Karen. Das QCC ist natürlich durchaus geachtet, aber die Ressourcen und Möglichkeiten, die dir einige dieser Departments zu bieten haben, überschreiten bei Weitem das, was wir dir geben können.«
» Heißt das nein?«
» Nein, das heißt es nicht… Wahrscheinlich sollte es uns schmeicheln, dass du hierbleiben willst. Okay. Es gibt ein paar Firmen, die jemanden mit deinen Begabungen auf diesem Level unterstützen könnten, und ich würde dir raten, dich um solche Stipendien zu bewerben.« Aus einer Akte auf ihrem Schreibtisch zog sie eine Auswahl von Papieren und legte sie auf den Stapel auf ihrem Schoß. » Ohne Förderung ist es speziell in London praktisch unmöglich, seine Lebenshaltungskosten zu decken. Natürlich, ein Verlag ist so etwas wie der Heilige Gral, aber…« Sie deutete auf ihre eigene Dissertation, die von der Hausbinderei der University of London mit einem festen Ledereinband versehen worden war, aber bis heute keinen Verlag gefunden hatte. Ich dankte ihr für ihre Geduld und versprach, die Formulare vor dem Wochenende zurückzubringen.
» Wir haben noch nicht darüber gesprochen, auf welchen Gebieten du dich für deine Magisterarbeit spezialisieren könntest«, sagte sie, als ich aufstand. » Vielleicht kannst du dir drei oder vier linguistische Themen ausdenken, die du bearbeiten möchtest, und wir können nächste Woche darüber reden.«
Ich hatte mich gegen die ausländischen Universitäten entschieden, bevor ich den Aufzug erreichte. Ich glaube, ich war vorher schon entschlossen gewesen, nach Möglichkeit am Queen Charlotte’s College zu bleiben. Die stillen Korridore des Sommers, voll von Dozenten und Professoren, die ruhig und ohne Hast ihrer Forschung nachgingen, empfand ich im gleichen Maße reizvoll, wie ich sie einschüchternd fand, wenn sie vom Getrappel und Geplapper der Studenten erfüllt waren. Wenn ich ein Stipendium bekäme– und mir ein Thema einfallen lassen könnte, das mein Interesse für die nächsten paar Jahre wachhalten könnte–, gäbe es nichts, was das Leben, das ich führen wollte, aus dem
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