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Das Glück von Brins Fünf

Das Glück von Brins Fünf

Titel: Das Glück von Brins Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Wilder
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Weber stand zwischen uns … vielleicht mit einem Anflug von Schneeblindheit. So machten wir uns eine knappe Stunde hinter den Trägern und dem Galtroy-Sproß in der Sänfte wieder auf den Weg.
    Wir schritten flott dahin, sobald wir die glitschige Oberfläche der Straße erreicht hatten. Das Wetter hatte sich in den Tagen so gut gehalten, daß ich, wie jedes Jahr zu dieser Zeit, zu glauben begann, daß wir das Schlimmste hinter uns hätten. Die numerierten Tage auf Brins Runenband wiesen auf den Frühling hin. Der Harfner legte eine Hand auf Tauchers Schulter und schlug ein oder zwei Töne an, um ihm beim Singen zu helfen. Da hob Taucher zu singen an, mit einer lieblichen Stimme, ganz anders als sein übliches Gebrumm, und der Harfner versuchte diese fremde Melodie zu lernen. Es war das „Lied des fröhlichen Wanderers“, und Roy machte sich daran, passende Worte dafür zu finden, wie er es später bei vielen Liedern des Tauchers tat. Das ist gar nicht so leicht, wie es klingt, denn obwohl die Töne unserer zwei Musikarten sich ähneln, ist der Takt unserer zwei Sprechweisen ganz anders.
    So zogen wir singend den Berg hinab, bis ein sonderbarer Schrei erklang und der Harfner uns hastig zurückhielt.
    Er erklang nochmals.
    „Halt!“
    Wir bogen um eine Kurve, und die Straße vor uns wurde von einem großen Schneeklumpen blockiert. Er war von einer vorspringenden Klippe herabgestürzt und genau auf der Sänfte gelandet. Von den Vasallen mit dem Luftschiff war keine Spur zu sehen – sie waren munter vorausgegangen und hatten ihren edlen Reisegefährten wer weiß wie weit hinter sich gelassen.
    Wir eilten dorthin und begannen mit unseren bloßen Händen zu buddeln. Der Harfner rief ehrerbietig den verschütteten Grande, um ihn zu beruhigen. Ich grub nach und nach einen der Träger heraus; Taucher bemühte sich um einen anderen. Durch ein rundes Loch, gleichsam einem Fenster im Schnee, bat eine durchdringende Stimme … baten zwei Stimmen … eine ganze Fracht von Granden uns um Hilfe. Es ist merkwürdig, je zivilisierter unsere Leute werden, desto lauter reden sie.
    „Immer mit der Ruhe“, sagte der Harfner. „Das Dach der Sänfte hält gerade noch.“
    Es gelang ihm, eine Bresche zum schmalen Ende der Sänfte zu schlagen: mit seinem Messer schlitzte er die Verkleidung auf und stampfte behutsam den Schnee flach, um einen Ausweg zu schaffen. Sie kamen heraus, das Paar: zwei große Gestalten, nicht besonders erschüttert über ihre heikle Lage. Ihre Aufmachung ließ mich sie angaffen … ich hatte noch nie solche Pelze und Juwelen und Lederarbeiten gesehen. Ich wußte, daß der Seidenstoff ihrer Umhänge einigen Webern ein Jahr Nahrung eingebracht hatte.
    Der Größere trug eine schwarze Reiseperücke und eine mit Brillanten besetzte Schutzbrille.
    „Euch tausend Dank, brave Weber … Komm Tewl … wo sind diese verfluchten Lumpen unseres Geleits … Rilpo Rilproyan Galtroy!“ Eine schwungvolle Verbeugung begleitete seine letzten Worte.
    Auch der Harfner verbeugte sich. „Roy Brinroyan, Turugan, der Harfner, genannt.“ Tewl war geschmeidig und hatte oben blondiertes, sich an den Seiten lockendes Haar. Mir fielen die Blässe ihrer Haut und die Bewegung ihrer langen Hände auf, die an Vögel erinnerten.
    „Glotz nicht so“, sagte Harfner Roy. Er half mir meinen Träger ganz herauszuziehen; ein kräftiger Vasall mit gebrochenem Genick. Mausetot.
    Der Harfner sagte zu den Granden: „Dieser Träger hat die Flucht ergriffen, Hoheiten.“
    Angesichts des Todes stand ich bestürzt da, aber Rilpo und Tewl knieten im Schnee nieder und untersuchten zärtlich den Träger. Hände flatterten, sie redeten laut ohne Befangenheit. Inzwischen stieß Taucher einen gedämpften Schrei aus; sein Träger war lebendig und offenbar unverletzt.
    Taucher und der Harfner zogen die schlaffe Gestalt heraus und tasteten sie nach gebrochenen Knochen ab, entdeckten aber keine. Der Träger war klein und kräftig und hatte breite Schultern, wie Vasallen sie bei ihrer harten Arbeit bekommen.
    „Eine Omor“, sagte der Harfner, „eine Leere.“
    „Wirklich?“ Ich hatte noch nie eine gesehen.
    „Eine Omor?“ flüsterte Taucher. Der Harfner und ich wußten nicht recht, wie wir es erklären sollten, versuchten es aber trotzdem; eine Leere ist eine Frau, die freiwillig keine Kinder haben will. In den Bergen gibt es keine; sie sind gewöhnlich Vasallen der Granden in der Hauptstadt oder Bergarbeiter in Tsagul, der Feuerstadt. Sie stehen im Ruf,

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