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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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schlug. Er hätte fast vergessen, warum er überhaupt hergekommen war.
    Aber nur fast.
    Er versetzte den verzückten Wangen Phausts und Krubbs eine passende aufmerksamkeitsheischende Backpfeife, sprang aus der dunklen Gasse hervor und schlüpfte durch die Drehtür. Das Foyer war, wie geplant, leer. Kaum fähig, ihre Erregung zu verbergen, mußten sie an sich halten, um nicht zu rennen. Sie legten die Strecke zum Schreibtisch in Sekunden zurück, filzten ihn mit flinker Hand und duckten sich in die Halbschattendüsternis.
    Und da war sie, ihre Beute. Stapel jungfräulichen Nimmerbrenn-Pergaments. Volle Kartons. Schadenfroh schnappte sich jeder eine ganze Ladung, dann fegten sie um den Tisch und waren im Nu wieder auf der Straße. Rings um sie her schepperte die Kakophonie, explodierte das Fegefeuer in kreischender Katzenmusik. Fiddel zuckte wie der Teufelsgeiger von Pöseldorf hin und her und malträtierte sein Instrument, berauschte sich an der Freude derjenigen, die ihn begleiteten und suhlte sich in ihrer inspirierenden Energie. Dafür war er vor langer Zeit gestorben! Er hätte noch stundenlang weitermachen, die Melodien seines großen Repertoires variieren und hin und wieder auch nach Laune eine Kleinigkeit abscheulichen Mißtonmülls hinzufügen können. Doch genau in dem Augenblick, als er loslegen wollte, um eine Violinensalve abzufeuern, erblickte sein Auge aus einem Winkel desselben eine sich rasch nähernde Abteilung von Teufeln, die zweifellos zu den Knochenbrechern gehörten.
    Und dann, urplötzlich und äußerst erschreckt, erkannte er das bösartige Schnauben des Obertotengräbers von Mortropolis. Fiddel fiedelte mit einer speziell eingeübten Staffelung von Alarmiertheit die letzten Töne und stieß viermal in die Luft, damit sich die rhythmische Kakophonie fortsetzte. Die Geige ragte wie ein zusätzliches Organ unter seinen Kinn hervor. Dann verbeugte er sich und sprang in vollendet einstudierter Weise von dem Hüttendach, um in der Finsternis zu verschwinden.
    Zorn, in dessen Schädel die Alarmglocken läuteten, flitzte über den Balkon, sprang auf ein naheliegendes Dach und tauchte mit wehender Soutane unter.
    Doch diesmal war seine Bewegung nicht ganz verdeckt abgelaufen. Ölyg, der nach hinten blickte, um zu sehen, warum Fiddel Alarm geschlagen hatte, erblickte den unübersehbaren Rock des Geistlichen und wurde von dem unbeherrschbaren Drängen erfaßt, das Heil zu umarmen. Er ließ den Pergamentstapel fallen, wirbelte auf den Sandalen herum, hechtete mit erhobenem Arm hinter Zorn her und rief: »Äh, entschuldigen Sie, ich möcht mal mit Ihnen sprechen!«
    Byrernst hatte weder Fiddels Abschiedsverbeugung noch Zorns Flucht gesehen; seine Aufmerksamkeit galt dem fröhlich nirwanischen Ausdruck auf den Mienen der ausgelassenen Menge. Sein Magen drehte sich vor Abscheu um.
    »Was ist das denn? Habt ihr denn alle den Verstand verloren?« raunzte er und stierte die grinsenden, zymbelnden Teufel an, die sich auf der Straße versammelt hatten. Irgendwie übertönte sein Organ das Geräusch des plötzlich geigenlosen Lärms. Er stand da, stützte die Arme in die Seiten und setzte die finsterste seiner finsteren Mienen auf. »Wer hat damit angefangen?« brüllte er und ließ hinter seinem Rücken zwei Krallen klicken, die sofort zwei große Knochenbrecher alarmierten. Sie wußten, was zu tun war. Sie waren sofort da, standen auf den Hufspitzen, reckten sich in die Höhe. Sobald der Übeltäter feststand, würden sie ihn sich schnappen.
    »Nun, ich warte!« schnaubte Byrernst und scharrte wütend mit den Hufen.
    Der Pöbel schüttelte verwirrt den Kopf, drehte sich um und deutete auf das Dach einer kleinen Hütte, auf dem bis vor wenigen Sekunden noch … Ach, er ist weg. Eilig und äußerst nervös versteckten sie ihre Trommeln unter den Kleidern, schauten zu Boden, um nicht erkannt zu werden, und lösten sich so schnell auf, daß es schon eine unglaubliche Frechheit war zu glauben, auf diese Weise unverdächtig zu wirken.
    »He! Kommt zurück!« raunzte Byrernst über die plötzliche Stampede hinweg.
    Niemand schenkte ihm Gehör. Sekunden später waren vor dem Felsenkratzer des Dämonischen Dienstes nur eine große Wolke wirbelnden Staubes, eine zertretene Gebetsmühle, ein roter Kissenbezug und ein äußerst verlegen blickender Wächterdämon zurückgeblieben, der sich verzweifelt bemühte, eine pergamentbespannte Trommel zu verbergen.
    »Es kam einfach so über mich«, brabbelte er, als Byrernsts

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