Das göttliche Dutzend
hätte sich ein göttlicher Hintern befinden müssen. Er zuckte zusammen. Plötzlich wußte er, warum er das Gefühl hatte, mit den Zahlen sei irgend etwas nicht in Ordnung. Da fehlte eine Gottheit. Panik erfaßte ihn, als ihm klar wurde, daß das Problem sich nun ins Unendliche ausdehnte. Eine Pizza war übrig! Mehrere Gläser Wein oder Bier blieben ungetrunken in den Flaschen zurück! Ein Pudding, auf den niemand Anspruch erhob! Die Entsorgungsprobleme waren endlos. Und noch schlimmer war die Unausgeglichenheit des Tisches. Die Gespräche würden nicht glatt verlaufen. Man mußte eine Kluft überwinden. Die beiden, die durch die Kluft voneinander getrennt waren, würden sich zur Schau gestellt und unsicher fühlen … Ah, was für eine Katastrophe! Und alles unterlag seiner Verantwortung.
»Na los, raus damit!« brüllte Happa.
In der hinteren Ecke des Lokals hob jemand schüchtern eine Hand.
Happa erblickte sie sofort. »Nun? Was hast du uns zu sagen? Schmeckt dir der Fraß plötzlich nicht mehr, oder was?«
»Das ist es nicht«, stieß Platzl hervor. »Ich …«
»Das tägliche Einerlei hängt dir wohl zum Halse raus, was?« bellte Happa an der Hohen Tafel.
»Nein, nein …«
»Glaubst wohl, du hättest was Besseres verdient, was? Hm? Na? Und ist es so? Los, los, rede schon! Sag mir, was du glaubst. Sag mir, warum du dich nicht an der leckersten Nahrung gütlich tust, die das Hymmelreich aufzuweisen hat. Ich höre mir gern jedes vernünftig vorgetragene Argument an, solange es sich um die Frage dreht, warum du nicht, wie wir alle, die übliche Gemeinschaftsnahrung zu dir nimmst. Aber es sollte schon ein gutes sein, weil du allein die gesamten Grundlagen des Nützlichen …« Happa ging schließlich die Luft aus, und er wurde dunkelrot.
»Da ist ein leerer Stuhl«, warf Platzl mit der Geschwindigkeit jahrzehntelanger Übung ein, in denen er Happa beim Krakeelen zugehört hatte. Ihm ging immer die Luft aus, wenn er sich über etwas ereiferte, zu dem er starke Gefühle hegte.
»…?« keuchte Happa mit offenem Mund und in endlosem Entsetzen.
Platzl hob hilfreich den Stuhl hoch, damit alle ihn sahen.
»Da drüben ist noch einer«, verkündete eine durchsichtig schillernde Göttin. Ihr pflichteten bald noch andere bei.
Platzls Kinnlade sank herab. Es war noch schlimmer, als er gedacht hatte!
Happa wirkte nun deutlich schockiert. Sechs Gottheiten waren nicht erschienen. Es war schrecklich. Noch nie zuvor hatte ein Doyen des Hymmelreiches eine der drei täglichen Hauptmahlzeiten verpaßt. So was war noch nie vorgekommen!
»Nun, wo stecken sie?« fauchte er und musterte Platzl mit gestrengem Blick. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wen er sonst mustern sollte. »Was machen wir jetzt?«
Allgemeines Rhabarber setzte ein. Es klang aufgeregt und unentschieden.
»Trinkt noch ein Bier!« rief Syffel fröhlich.
Plötzlich schoß ein bebender kleiner Untergott von seinem Stuhl hoch. Er trug eine dünne Brille und hatte einen Pißpotthaarschnitt. Er schwenkte einen Griffel und mehrere dicke Schiefertafeln. »Ich möchte den Vorschlag vorschlagen, daß wir eine Versammlung … vorschlagen«, verkündete er. Seine Worte wurden von tiefster Stille willkommen geheißen.
»W-wir … könnten die Versammlungsgelegenheit dazu nutzen, um aktuelle Angelegenheiten sozusagen zu diskutieren und über sie zu beschließen«, sagte Pyngel, der für Terminpläne, Versammlungen und lebensnotwendige Verabredungen zuständig war.
Die Stille tropfte von der Decke.
»Ich … Ich kann’s nächsten Mannatag schaffen, und … Ich glaube, da bietet sich eine terminliche Gelegenheit zur maximalen Nutzung an einem zeitlichen Verbindungspunkt für die überwältigende Mehrheit von euch. Ähm … ausgenommen der gegenwärtigen Fehlmenge unserer sechs Kollegen …«
»Meine Pizza wird kalt«, grollte eine Stimme von irgendwoher.
»Mein Bier wird warm«, antwortete eine andere.
Und ein hymmlischer Magen knurrte eine Antwort.
»Ich … Ich gehe davon aus, daß ein überwältigend positiver Akzeptanzfaktor in den meisten eurer …« begann Pyngel.
»Schnauze!« raunzte Happa und stürzte sich auf seine Pizza.
Die engelhaften Kellnerinnen zupften sanft an dem Servierwagen.
»Ähm, lassen Sie mal, meine Damen«, sagte Happa mit dem Mund voller Pepperoni. »Ich möchte eventuell Nachschlag.« Er grinste.
Die Kellnerinnen flatterten hinfort.
»Na … natürlich könnten wir auch einen positiven diskussiven Aufenthalt festlegen oder
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