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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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wurde eilig nach Luft geschnappt. Den Obermeister! Dann sah die Lage wirklich übel aus.
    Tyftler zündete zwei feierliche Weihrauchstäbchen an, schlurfte zögernd dem Sitz von Platzls Schrein entgegen und nahm vorsichtig und mit den erforderlichen Verdrehungen der Beingelenke darauf Platz. Seine Kniegelenke knarrten unheimlich, als er die Fußgelenke halbwegs auf den gegenüberliegenden Oberschenkeln ablegte.
    Er schloß die Augen und nahm zur großen Freude der beiden Teufel tausend Fuß unter ihm die zeremonielle Anrufung in Angriff.
    Erneut drehten die Minendetektoren durch, zuckten und deuteten starr auf eine Stelle an der Decke des nun sehr wabigen Seitentunnels. Schoysal grinste aufgeregt, deutete auf die besagte Stelle und drängte Kiesela zu einem Steinfreßrausch. Sekunden später war die Stalagmotte an der Wand hochgekrabbelt und attackierte das Granit in einem Wirbel fliegender Splitter. Sie war schlau. Mit Bohren kannte sie sich aus.
    Schoysal und Nabob wickelten sich in zahlreiche Deckenschichten und folgten ihr: der eine randvoll mit purem Eifer, der andere etwas über seine schmerzenden Knie murmelnd.
    In Bälde würden sich neun Gottheiten in Höllien aufhalten.
     
    Mietprediger Gottfried Zorn blieb unter dem Ersatzsegel der Fähre völlig bewegungslos. Erst als alle gebellten Befehle und das Hufgestampfe erstorben waren und die evangelistische Inbrunst wieder in seiner Blutbahn kreiste, lugte er hinaus, suchte das Ufer der Schleimau nach versteckten Dämonen ab und sprang an Land. Es war nicht allzu schwierig, die Herde der elenden Ex-Einwanderungsbeamten und ihre Häscher aufzuspüren: überall waren laute Rufe zu hören, hin und wieder auch ein Schmerzensschrei, und natürlich der schnelle Hufschlag im Staub, der sogar dem dämlichsten Jäger die Richtung gewiesen hätte.
    Minuten später hockte er vorsichtig hinter einem sehr großen Findling und peilte von dort zum klaffenden Eingang der gefürchteten Lava- und Schwefelminen von Miefingen hinüber. Zwei parallele Metallschienen fuhren in den schlundartigen Raum hinein und verschwanden in einem dunkelroten Halbschatten übelriechender Finsternis. Die rostigen Gehäuse zerschmetterter Loren lagen überall willkürlich verstreut, wie längst vergessene Opfer eines übermäßig gewalttätigen Lorenangriffs.
    Dies war mehr als alles andere, was Zorn bisher gesehen hatte, das passendste Beispiel für das, was man von Höllien erwartete.
    Die Knochenbrecher-Wachen knurrten aggressive Befehle und verliehen jedem einzelnen mit einer Reihe wiehernder Tritte Nachdruck. Zorn spürte, daß das Glaubenspotential mit jeder weiteren Minute zunahm.
    Er war sich in diesem Augenblick glücklicherweise der nervösen Annäherung einer eigenartig purpurnen Pusteblume konzentrierter Frömmigkeit nicht bewußt. Sie schwebte auf ihn zu und wurde von den hauchdünnen Schwingen einer sanften Brise getragen.
    Zorn beobachtete die im Mineneingang abrollenden Ereignisse: die Knochenbrecher-Wachen warfen den Beamten riesige Spitzhacken zu, die elend aufgehoben wurden. Blasen warteten schadenfroh in den Ecken der Agonie und bereiteten sich darauf vor, auf Klauenflächen zu wachsen, die von Jahrhunderten des Pergamentsortierens und Glühfederhalterquälens verweichlicht waren. Und als die Knochenbrecher die neuen Rekruten zusammentrieben und ihnen drohende Blicke zuwarfen, erkannte Zorn seine Chance. Sein Herz raste, seine Milz zuckte, dann wußte er schlagartig, daß er nur zu predigen brauchte. Und er hatte das passende Gleichnis schon im Kopf.
    Er dachte flugs nach und versuchte sich an den Vertrag zu erinnern, den er mit der Firma Fileda-Grubenhandschuhe hatte – der richtige Schutz für die werktätigen Massen. Hatte er ihn erfüllt? Hatte er die verlangten 20.000 Bekehrten erfolgreich eingefahren, für die man ihn bezahlt hatte? Irgendwie wohl nicht. Doch nun bot sich ihm die geeignete Gelegenheit, diese heikle Sache auszugleichen. Ohne innezuhalten, um darüber nachzudenken, wo die Ex-Beamten überhaupt Fileda-Grubenhandschuhe erwerben konnten, was ihm auch schnurzpiepe war, denn dies war ein reines Problem des Vertriebs, wußte er, daß die Zeit zum Handeln gekommen war. Carpe daemon und so weiter. Zuschlagen, solange der Dreizack noch spitz war. Er breitete die Arme aus, hob den Kopf, wetzte auf den Findling hinauf, holte Luft und verkündete: »Freunde! Dämonen! Höllianer! Leiht mir euer Gehör!«
    Es war zwar nicht gerade die originellste Anrede, aber er fand

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