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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Spiegel und Farbfiltergele hin- und herschoben, Körbe mit roten und weißen Blumen auf. Die Kammbläser und Okarinisten legten hin und wieder unerwartet los, husteten willkürliche Marschtakte in die hektische Luft und verhedderten sich jämmerlich. Dem Dirigenten fielen die Haare büschelweise aus.
    Und der Sand der Zeit rieselte unerbittlich mit tektonischer Unausweichlichkeit weiter und fiel unaufhaltsam dem glänzenden Augenblick entgegen, in dem Luphan, der Liebling der Massen, der einzigartige professionelle axolotische Quizmaster und Schöpfer zahlloser dämlicher Phrasen, die kurvenreiche Jungfer Ferona Veldmusch (96-61-81) zu seiner ewig Angetrauten nahm. In diesem Moment würden sich sämtliche Blicke und Gedanken Axolotls auf das glückliche Paar richten, wenn es seine jeweiligen Zehen in die warme Milch des Ehestandes tauchte und darum betete, daß sie nicht gerann.
    Und all dies wurde dank Lyndor D’Mol, dem Produzenten und Erfinder von ›Du sollst mein Glücksstern sein‹ lebendig und in Farbe vor die Augen der Stadt gebracht. Und er wollte, daß niemand es je vergaß.
    »Paßt bloß auf, daß das glückliche Paar schmeichelhaft beleuchtet ist«, rief er einem am Ende einer Leiter gefährlich wackelnden Techniker zu. »Ich muß um jeden Preis dafür sorgen, daß alle sie von ihrer Schokoladenseite sehen, also bitte keine häßlichen Schatten oder aufdringliche Schlaglichter, Süßer!« Der Techniker grunzte etwas Unverständliches, trat einen konkaven Spiegel ein paar Grad nach links und schob Weichzeichnergaze davor.
    Das Orchester blies ein paar schräge Noten im Dreivierteltakt und endete mit dem Aufkreischen des Dirigenten.
    »Herrlich, absolut wunnebar, Liebling«, flötete Lyndor mit nur leicht gefurchter Braue. »Eins fällt mir aber noch ein: Glaubst du, sie sollten alle in der gleichen Tonart anfangen? Es ist zwar nur eine Kleinigkeit, ich weiß, aber der Teufel steckt eben im Detail. Tschüssi!«
    Der Taktstock des Dirigenten knirschte hart am Bruchpunkt, als dieser ihn zwischen den weißen Knöcheln seiner Hände bog.
    Glücklicherweise befand Lyndor sich außer Hörweite und eilte schon über die Bühne, als der Dirigent seine mürrische Laune offenbarte. Lyndor hatte nämlich zufällig die Kostümiere erblickt, die gerade aus einem Hinterzimmer torkelte, um einer sorgfältig versteckten Flasche Avocado-Wacholder entgegenzueilen. Wenige Stunden zuvor war die Flasche noch jungfräulich gewesen; nun war sie fast leer. Es lief nicht mehr so gut, da es Ramahni, die Gottheit des Modebewußtseins, aller dazugehörigen Torheiten und des Schnickschnacks nicht gelungen war, ihren neuen Kreationen den Segen des Wohlwollens zu erteilen. Hinter der Kostümiere lagen diverse Katastrophen. Das Leinen von Luphans tollem Schwalbenschwanz war unerklärlicherweise erschlafft und hatte zugunsten von Sackleinen aufgegeben werden müssen. Irgendwie hatten sich die überall veröffentlichten körperlichen Daten von Fräulein Ferona zwischen dem Maßnehmen und der Anprobe verändert. Obwohl sie noch immer 96-61-81 maß, weigerte sich das leopardenfellig gemusterte Steinbock-Wollkleid, das man genäht hatte, um ihre Dimensionen zu bedecken, kategorisch, irgendwie an ihrem Leib haften zu bleiben. Außerdem war da noch der tragische Fall der Steinbock-Allergie einer Brautjungfer. Sie hatte das erste fertige Kleid mit einem zügellosen Niesanfall völlig ruiniert. Sobald man den klebrigen Rotz gesehen hatte, wußte man, daß er nicht mehr herauszuwaschen war. Und abgesehen davon …
    »Na, Schätzelein«, flötete Lyndor. »Wie geht’s denn mit den Kostü … ähm, mit den Kleidern voran? Alles paletti?«
    Die tödliche Wahrheit wallte in der Kostümiere auf. Sie hätte es beinahe ausgeplaudert, sich verplappert – aber in letzter Sekunde biß sie sich auf die Zunge. Keine ihrer Damen wollte sich nachsagen lassen, sie hätte Luphans Jubeltag ruiniert. Niemals.
    »Paletti?« hauchte sie kurz. Dann fletschte sie grinsend die Zähne und log, daß sich die Balken bogen. »Ja, ja, natürlich, alles paletti. Alles ist große Klasse. Sie brauchen sich um nichts Sorgen zu machen.« Und sie war sich völlig sicher, daß ihm der zweifellos hysterische Anflug ihrer schrillen Stimme nicht entgangen sein konnte.
    »Freut mich wirklich, das zu hören, Schätzelein. Mach weiter so. Tschüssi.« Und er war weg, um sich auf einen anderen ahnungslosen Arbeiter zu stürzen.
    Eine Sekunde später war die Flasche mit dem

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