Das göttliche Dutzend

scharlachroten Flaggen, die die gekreuzten Spalthufe und den Dreizack des neuen Regimes zeigten.
    »Weitermachen!« schrie er vor sich hin und trat sich einen Weg durch die Tür, wobei seine Hufe die Klinke Funken sprühen ließen.
    Byrernsts Knochenbrecher verstreuten sich durch sämtliche Türen auf dem Synderplatz, schwenkten hämisch ihre Dreizacke und bohrten sie da und dort auch schon mal in einen Hintern. Sekunden später war der gesamte Platz verödet und leer.
    Im dreizehnten Stock schritt Byrernst herrisch durch die leere Ausdehnung dessen, was einst das Einwanderungsamt gewesen war. Am anderen Ende riß er die Balkontür auf. Er stolzierte großspurig mit klickenden Fersen hinaus und warf einen Blick auf sein Territorium.
    Grobgehauene Granittürme ragten aus der scharlachroten Düsternis auf. Sie erstreckten sich bis an den steinigen Baldachin des fernen Felsenfirmaments. Er schnaubte, faltete die Klauen und ließ laut die Knöchel knacken.
    »Die Schau kann beginnen«, sagte er vor sich hin und stellte sich den neben ihm stehenden Fürsten d’Eibele vor. Er würde ihn nicht enttäuschen.
    »Also los, weitermachen!« brüllte er über das Balkongeländer hinweg. Seine Stimme warf auf dem Platz Echos.
    Und dann, nach einigen kaum hörbar geflüsterten Befehlen und angewandtem Peitschengeknalle, fing es an.
    Beim ersten massiert auftretenden, dumpfen Kettenrasseln tat Byrernsts Herz einen freudigen Sprung. Seine Pupillen weiteten sich, als konzentrierte Lavalampenstrahlen scharlachrot aufleuchteten, den Platz von den ihn umgebenden Turmspitzen aus wüst beharkten, ruhelos auf Pirsch waren.
    Hübsche Idee, dachte er und holte in diktatorischer Schwelgerei zischend Luft. Ist Eysenhart wohl eingefallen.
    Und in die wirbelnden blutroten Stroboskope trottete das massierte Elend der Synchronschlurfer aus den Feuergruben, angetrieben von dämonischen Knochenbrechern, die glitzernde Dreizacke schwenkten. Sie schlurften in perfekter Koordination, wenige Zoll voneinander entfernt, wie ein chthonischer Alptraum-Tausendfüßler. Links, zwo, drei, vier. Links, zwo, drei vier. Obwohl er verdammt genau wußte, daß ihre Fußgelenke zusammengekettet waren, konnte Byrernst sich noch immer einreden, daß ihre Präzision das unmittelbare Ergebnis einer vollendeten Diktatur war. Jede verdammte Seele wußte: Wenn du auch nur einen Fehltritt machst, wirst du aus allen Richtungen gnadenlos mit Dreizacken gepiesackt. Byrernst wußte natürlich, daß das Grauen vor dem Dreizack im ewig verdammten Bewußtsein eines jeden Delinquenten fest verankert war. Sie würden sich benehmen. Die Ketten waren nur eine Vorsichtsmaßnahme. Ehrlich.
    Die bohrenden Strahlen der Lavalampen wirbelten herum und konzentrierten sich auf den Eingang einer breiten Gasse, denn nun ertönte eine Peitschensalve, und ein dumpfes Rumpeln setzte ein. Byrernst beugte sich vor. Es interessierte ihn brennend, was ein solches Geräusch verursachen konnte.
    Ein Quartett gequälter Seelen mühte sich auf dem Synderplatz ab, ihre nackten Oberkörper glitzerten, als sie die dicken Granitkugeln vor sich herschoben. Um sie herum ließen wilde Dämonen Peitschen knallen – wie ein Schwarm schwachsinniger Fliegenfischer. Und sie schrien und krakeelten. Es kam eine kurze Lücke, dann wurden vier weitere Findlinge herangerollt, jeder von einem schwitzenden Körper vorangetrieben.
    Gleichzeitig trat auf der anderen Seite des Platzes eine Schwadron längst verstorbener Cheerleader ihr an den Händen gefesseltes Ich ins Blickfeld. Sie hielten Pom-poms der ewigen Flamme in den Händen. Byrernsts Blick umwölkte sich vor Ergriffenheit. Ah, welche Leistungsfähigkeit, welches Leiden! Es war wunderbar!
    Eine Stolzesträne schillerte in seinem Augenwinkel, als er sich das ganze Spektakel vor dem Hintergrund der Flaggen und vielen tausend jubelnden, fähnchenschwenkenden Dämonen vorstellte. Er sah es schon vor sich: Alle schwangen ihre ureigenen x-beinigen Spalthufe und das Dreizackemblem des neuen mortropolischen Regimes, jeder in einen Rausch der Sinne gezwungen.
    Es würde d’Eibele mordsmäßig gefallen.
     
    Im Großen Stadttempel von Axolotl war die Luft mit der knisternden Elektrizität von Angst geladen. Menschen bellten Gruppen von Assistenten Befehle zu, die herumwirbelten und ihrerseits diejenigen anblafften, die auf der Leiter der Hierarchie tiefer standen. Techniker auf Strickleitern baumelten in gefährlichen Höhen und hängten dort, wo sie gewöhnlich gebogene