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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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erneut.
    »Außerdem«, fuhr Syffel fort, »wo sind denn meine schwarze, geschuppte Haut, meine Hörner und mein spitzer Schwanz?«
    »Verkleidung«, murmelte Zorn.
    »Hör auf, so paranoid zu sein. Vertrau mir. Ich bin einer von den Guten.«
    »Entscheide dich für eins!« fuhr Zorn Syffel ärgerlich an. »Eben hast du noch gesagt, du wärst Zauberer.« Er war jetzt wütend, stemmte die Hände in die Hüften und schüttete Bier über seine Soutane. Das hob seine Stimmung auch nicht besonders. »Ich weiß zwar nicht, was du im Schilde führst, aber eins sage ich dir gleich: Wenn du glaubst, du könntest einfach hier reinschneien und mich mit Freibier kaufen, bist du auf dem falschen Dampfer!«
    »Mein lieber Prediger Zorn, das mit dem Zauberer hast du gesagt. Soll ich nachschenken?«
    »Du hast mir aber auch nicht widersprochen!« rief Zorn, der von der Zauberersache nicht los kam.
    »Tut mir leid, wenn ich dich damit in die Irre geführt habe. Die meisten Menschen verkraften es nicht besonders gut, wenn aus heiterem Himmel ein Gott vor ihnen auftaucht und sie zuvor nicht wenigstens ein paar Bierchen geschlappt haben. Mir ist nie so ganz klar geworden, warum das so ist. Wir sind gar kein so übler Haufen …«
    »Wa … Was hast du gesagt?« fragte Zorn, nachdem er sich ein paarmal heftig mit den Handballen gegen den Kopf geschlagen hatte.
    »Welchen Teil hast du nicht mitbekommen?«
    »Leute, vor denen plötzlich ein G … G …«, wimmerte Zorn.
    »Gott. Nein, die Öffentlichkeit hat damit immer mal wieder Probleme. Manche der Grimassen, die ich gesehen habe, würden dir eine Gänsehaut bereiten. Ist das normal, frage ich? So unansehnlich bin ich doch auch nicht, oder?«
    »Du? Soll das etwa heißen, du bist ein G … Du kommst aus dem H … H …« Mit einer erbärmlichen Geste deuteten Zorns zitternde Finger nach oben.
    Syffel schaute nach oben. »Na ja, ich nehme schon an, daß es wirklich irgendwo da oben liegt. Müßte ich echt mal in Erfahrung bringen.«
    »Soll das heißen, daß du ein Gott bist?«
    Syffel setzte sein hymmlischstes Lächeln auf.
    »Nein, nein, nein. Das kann alles nicht stimmen«, brachte Zorn stockend hervor. »Kann überhaupt nicht stimmen. Was sollte das heißen, das Leben sei trivial und so? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Götter herumlaufen, die solche Ansichten vertreten.«
    »Ich will doch nur dein Bestes. Nein, jetzt schau mich nicht wieder so an. Vertraue mir. Ich will dir doch nur helfen, dein volles Potential zu erkennen. Hier, trink noch ein Bier, trockne deine Soutane, und ich erklär’s dir.«
    Ein seltsam warmes Glühen streichelte Zorns Oberschenkel. Dampf stieg von seiner bierdurchtränkten Soutane auf. Er zuckte die Achseln und hob den Becher. Ihm wurde klar, daß er nirgendwohin weglaufen konnte und trotz vieler Zweifel von der Sache ungeheuer gefesselt war. Wenn der Kerl wirklich ein Gott war, und er einfach wegging … Er würde es sich nie verzeihen. Es konnte nicht schaden, ein paar Minuten zuzuhören.
    Sicherheitshalber erinnerte er sich ständig daran, was die Neugierde aus Lots Frau gemacht hatte, und so sagte er im skeptischsten Tonfall, den er zustandebrachte: »Na gut. Schieß los. Ich bin ganz Ohr.«
    »Fein, fein«, sagte Syffel enthusiastisch. »Also, es ist eigentlich eine rein mathematische Angelegenheit. Du bist dir doch wohl bewußt, daß du gerade jetzt alles andere als unsterblich bist, stimmt’s?«
    Zorn nickte zweifelnd.
    »Und wenn du deine sterbliche Hülle erst einmal abgestreift hast, ist’s Zeit für das Leben nach dem Tode, ja? Den Rest der Ewigkeit damit zu verbringen, Däumchen zu drehen und sich zu Tode zu langweilen, richtig?«
    Zorn nickte abermals.
    »Falsch!« beharrte Syffel. »Weitverbreiteter Irrglaube. Im Jenseits gibt’s ’ne Menge zu tun. Keine Zeit zum Ausruhen. Wenn man unsterblich ist, heißt es noch lange nicht, daß man keinerlei Bedürfnisse mehr hat. Du weißt schon – mal abends in die Kneipe gehen, oder richtig schön ins Theater. Das alles muß jemand anbieten. Aber das Gute am Hymmel ist, daß sich jeder selbst aussuchen kann, was er tut. Bei dir stelle ich mir zum Beispiel vor, daß du den Rest der Ewigkeit nach Herzenslust Predigten halten wirst.«
    Zorns Gesicht bekam einen verträumten Ausdruck. »Ja …« flüsterte er abwesend, und eine neugierige Frauengestalt wurde langsam zu Salz.
    »Und damit kommen wir zum mathematischen Teil der Angelegenheit. Kannst du mir

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