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Das göttliche Dutzend

Das göttliche Dutzend

Titel: Das göttliche Dutzend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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des Hauptquartiers zu, bogen in letzter Sekunde ab und liefen zur Rückseite des Baues, wobei sie sich tief duckten, um von den Fenstern aus nicht gesehen zu werden.
    Vier Köpfe lugten um die Ecke des Felsenkratzers, begutachteten die Lage und duckten sich wieder in Sicherheit. Sie schauten auf Kassos Kohlenskizze und murmelten zufrieden. Sie stimmte in jedem Detail und zeigte einen Wächter, der lustlos vor einem kleinen runden Steingebäude stand. Vor dem Wächter lag ein Stapel dicker Bücher. Wenn man Kassos Illustration genau betrachtete, konnte man sogar das Wort ›Martertabelle‹ auf den Buchrücken erkennen.
    Es gab an Kassos Darstellung eigentlich nur eins, das von der Wirklichkeit abwich: einen breiten Pfeil, der vom Felsenfirmament bis an das kleine Steingebäude reichte. Darüber stand das Wort ›Gefängnis‹ [5] . Er hatte geglaubt, es sei besser, alles klarzumachen.
    Ölyg sah noch einmal vorsichtig um die Ecke, um sicherzugehen. Dann winkte er den anderen ungeduldig zu. Die Luft war rein. Dalli, dalli.
    Thussi schluckte nervös, richtete erneut ihr Dekollete und schlenderte dann betont lässig um die Ecke des Gefängnisgebäudes. Sie ließ eine kleine Handtasche baumeln.
    Die anderen drei rissen widerwillig den Blick von ihren kreisenden Pobacken los, rafften sich auf und wetzten wieder um den Felsenkratzer, wobei sie nur kurz anhielten, um die wuchtige Keule aufzuheben, die sie mitgebracht hatten.
    Schuftus keuchte und blickte von seinen Pergamenten auf, als Thussi verführerisch kicherte und betörend »Aber hallo, mein Großer« hauchte. Sie schmollte genau den Schmollmund, der sie damals zu dem Sternchen gemacht hatte, das sie zu Lebzeiten gewesen war.
    Schuftus faßte sich an die Kehle und fuhr sich über den Kehlkopf, wie es alle Männer tun, die sich einer schlafzimmeräugigen Blondine gegenübersehen, die weniger anhat als bequem ist – und kaum mehr, als unanständig gewesen wäre.
    »Na, hallo.« Er setzte sein – wie er hoffte – attraktivstes Lächeln auf. Gleichzeitig wurde das Logikzentrum seines Gehirns von lüstern pfeifenden, geilen Sektionen niedergebrüllt und geknebelt, da es die Stirn hatte zu fragen: »Moment mal. Was macht die denn hier? Müßte die nicht in einer ewig währenden Folt … äährg?«
    Thussi klimperte nochmals wirkungsvoll mit den Wimpern. Es war das letzte, was Schuftus für eine ganze Zeit zu Gesicht bekam. Eine wuchtige Keule, die Thussis Komplizen zusammen schwangen, fiel herab und krachte geschoßartig auf seinen Hinterkopf.
    Ein Schwarm winziger rosa Drachen schwirrte und zwitscherte mehrere Stunden lang um seinen Kopf herum.
    Wenige Sekunden, nachdem Schuftus schwerfällig vom Hocker gefallen war, die Pergamente und Martertabellen heruntergerissen und im Sturz eine gewaltige Staubwolke aufgewirbelt hatte, riß Quack mit einem für Künstler völlig unüblichen Maß an Praxisbezug den umfangreichen Schlüsselbund von Schuftus’ Gürtel, sprang auf Ölygs Schultern und schoß durch die Gefängnistür.
    Das Kreischen rasiermesserscharfer Schneidezähne und zermalmender Beißzangen sowie die schrillen Angstschreie Zorns erreichten sie zuerst. Er verschwand strampelnd durch ein Loch in der Wand.
    Darauf folgten die Schreie des in hilfloser Todesangst baumelnden Fiddel. »Laßt es nicht an mich ran! Die Klauen! Die Zähne! Es ist einfach durch die Wand gekommen und hat ihn gepackt! Holt mich runter!«
    Hochwürden Ölyg der Dritte starrte mit bebender Unterlippe den zügig verschwindenden Rücken zweier großer Dämonen durch das von Stalagmottenzähnen ausgefressene Loch hinterher.
    Hinter ihnen trabte ein Monster mit schwarzem Rückenpanzer.
    Zwischen ihnen baumelte ein Missionar in schwarzer Soutane.

 
EINE GOTTHEIT VERSCHWINDET
     
     
    Mit wie vielen Ellen reißfestem Hanfseil Marke Flammstabil der Mietprediger Gottfried Zorn an Nabobs Drehstuhl festgebunden war, ließ sich schwer sagen. Jedenfalls hatte der laut brüllende Schoysal gute zehn Minuten gebraucht, um ihn zu seiner Zufriedenheit zu sichern. Zorn sah nun aus wie das abstoßende genmanipulierte Experiment eines verrückten Wissenschaftlers: ein Predigerkopf auf dem sich windenden Körper einer riesigen, seilfarbenen Made.
    »Ich will Antworten, und zwar sofort!« fauchte Schoysal und starrte den völlig verängstigten Zorn mit seinen Schlitzpupillen an. »Wer hat dich geschickt?«
    Er erhielt keine Antwort.
    »Warum bist du hier?«
    Stille.
    »Wir können es auch auf die harte Tour

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