Das göttliche Dutzend
seiner Stirn aus, als er hektisch rückwärts über den Boden kroch. Erst als seine Hörner an die Wand stießen, wurde ihm klar, daß es sich alles nur in seinem Kopf abgespielt hatte.
Er sprang auf die Hufe, machte einen raubkatzenhaften Satz quer durch den Raum, packte Nabob unsanft und schüttelte ihn heftig.
»Ich hab’s!« schrie er. »Ich hab’s!«
»Dann behalt’s bloß für dich!« keuchte der aufgeschreckte Nabob mit einem Blick auf Schoysals fiebrige Stirn. »Was ist es? Luziferose? Stalagmonellen? Ich wußte gleich, daß das Essen im ›Gomorrha‹ ungenießbar ist!«
»Geheimnis!«
»Nein, du mußt es mir verraten. Ich habe Tabletten in meiner Hausapotheke. Wenn man früh was dagegen tut, ist man schnell kuriert. Gleichgültig, was es ist.« Seine Hufe suchten auf dem Steinboden nach Halt, als er zurückweichen wollte, um sich nicht anzustecken.
»Nein! Das Geheimnis.« Schoysal richtete eine gekrümmte Kralle auf die dampfenden, antiken Pergamentbögen. »Ich weiß jetzt, was sie bedeuten. Es ist so offensichtlich! Komm und schau’s dir an.«
Er zerrte Nabob durch den Raum, schwang ihn auf den Drehstuhl und deutete auf die Dokumente.
»Es ist genau so, wie ich gesagt habe.« Schoysal hantierte mit den Zangen, seine Augen traten adrenalinerfüllt vor. »Sie sind die Fahrkarte ans Ziel unserer Träume. Es … ist der Schlüssel! Ich weiß, was die kleinen Bärtigen sein sollen. Ach, wenn Byrernst davon erfährt! Ha, ha!«
»Was? Sag schon!«
»Keine Zeit. Wir müssen schnell handeln, bevor es zu spät ist! Kiesela!« Schoysal pfiff auf einem Maulvoll Krallen – und die Stalagmotte wachte auf. Sie trippelte eifrig bei Fuß.
Nabob hatte genug. Er machte einen Satz quer durch den Raum und stellte sich vor die Tür, um Schoysals hastigen Abgang zu verhindern. Über ihm stand auf einem farbigen Schild ›Trauter Stein, Glück allein.‹
»Aus dem Weg«, bettelte Schoysal. »Es könnte schon zu spät sein.«
»Wofür? Ich lasse dich erst raus, wenn du mir die Lösung des Rätsels verrätst.«
»Du vergeudest wertvolle Zeit.«
»Spuck’s aus!«
»Aaach«, knirschte Schoysal ungeduldig. »Na gut, hör mal, es ist kompliziert, aber …« Er sammelte mühsam seine wirbelnden Gedanken. »Erinnerst du dich noch an das Gefühl, das dich überkam, als der Kerl in der Soutane dich fast dazu brachte, Wunderwäsche zu kaufen?«
Nabob errötete. »Woher weißt du …?«
»Ist jetzt egal. Hast du die Wachen auf der anderen Seite gesehen? Sie waren völlig weggetreten. Es lag etwas Eigentümliches in der Luft. Etwas Geheimes.«
»Das kann nicht dein Ernst sein?«
In Schoysals Augen leuchtete die Stärke seiner Ernsthaftigkeit. »Stell dir das geheime Etwas vor, nur unendlich viel mächtiger und unter unserer Kontrolle!«
Nabob kratzte sich am Kopf. Seine Katzenaugen sprudelten überrascht – wie Kröten auf einem heißen Grill.
»Machst du jetzt die Tür auf, oder was?«
Sekundenbruchteile später schlugen ihre Hufe Funken auf der gepflasterten Straße. Kiesela war ihnen dicht auf den Fersen.
Ein kleines Häufchen von sechs Paktisten drängte sich in den Schatten einer winzigen Gasse und starrte besorgt das einschüchternde Knochenbrecher-Hauptquartier von Mortropolis an. Daß nur wenige Lavalampen in den Fenstern brannten, machte den Bau irgendwie noch weniger einladend, obwohl es bedeutete, daß die meisten Knochenbrecher auf Patrouille waren.
»Und ihr seid sicher, daß es funktioniert?« fragte Krubb, der verhungerte Besitzer des einzigen Millionen-Groschen-Scheins, den es je gegeben hatte, murrend.
»Natürlich«, antworteten Quack und Ölyg im Chor.
»Was ist los, Schätzchen, vertrauste mir etwa nicht?« säuselte Thussi, wobei sie ihr Dekollete möglichst umwerfend richtete.
Phaust klopfte Krubb auf die Schulter. »Sieh’s so«, sagte er wenig hilfreich, »wenn wir geschnappt werden, gibt’s eine Ewigkeit in Ketten – und Jahrhunderte voller Disziplin. Ist doch wunderbar!«
»Perverse Sau«, murmelte Krubb.
»Hach, ich wußte gar nicht, daß dir das wichtig ist!«
»Haltet die Klappe, ihr beiden«, fuhr Quack sie an. »Also, Schmierestehen könnt ihr doch gerade noch, oder?«
Phaust rollte mit den Augen. Krubb fauchte.
»Ich will’s mal als Ja werten«, grunzte der Komponist, der seine erste Geige unbedingt aus dem Gefängnis befreien wollte. »Gut, sind alle soweit? Dann geht’s los.«
Die vier huschten aus der Gasse, rasten über die Straße auf das bedrohliche Maul
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