Das Gold des Bischofs
vor Euch, wo der Schatz vergraben liegt«, verkündete Burchard mit einem herausfordernden Blick auf Geoffrey. »Ich wundere mich nur, dass Ihr nicht immer noch in Durham seid und Euch den hohlen Schädel kratzt.«
»Wie habt Ihr es herausgefunden?«, fragte Geoffrey und ging nicht auf die Provokation ein. »Und wann?«
»Nachdem ich in Jarveauxâ Haus war. Habe ich schon erwähnt, dass dieser Einfaltspinsel die Karte unter einem losen Bodenbrett versteckte? Das ist die erste Stelle, wo ein Dieb nachsehen würde.«
»Ihr müsst es ja wissen«, stellte Geoffrey fest und dachte an Alices Schmuck.
Der Cellerar blickte ihn voll Abneigung an. »Dieser Flitter findet bei uns in der Abtei eine bessere Verwendung, als wenn sich eine eitle Witwe damit behängt. Und Alice kann sich den Verlust leisten. Sie ist eine reiche Frau.«
Geoffrey sah, dass sie bei diesem Thema nicht weiterkamen, also sprach er über etwas anderes: »Aber Ihr habt die Schatzkarte verloren. Wie konntet Ihr trotzdem den Platz des Goldes kennen?«
Burchard blickte so selbstgefällig und überlegen, dass Geoffrey den Drang verspürte, ihn zu schlagen. »Ich habe eine Schatzkarte verloren. Jarveaux hatte eine Kopie angefertigt. Ein Exemplar steckte ich unter die Kutte, das andere hielt ich in der Hand, damit Hemming es sehen konnte. Er meinte nämlich, ich sollte nicht ohne die Karte zurückkehren, weil er keine Lust hatte, in der folgenden Nacht noch mal wiederzukommen. Im Gegensatz zu mir gibt es bei ihm nämlich Grenzen, was er für den Schatz der Abtei tun würde, und ein zweiter Raubzug zum Haus von Jarveaux kam für ihn nicht in Frage.«
»Der Schatz der Abtei ?«, erkundigte sich Geoffrey spöttisch. »Nicht der Schatz der Kathedrale?«
»Alles dient dem Ruhme Gottes«, erklärte Burchard rasch, als er sich seiner verräterischen Wortwahl bewusst wurde.
»Aber nicht auf dieselbe Weise«, wandte Geoffrey ein. »Abteien und Bischöfe stehen im Wettstreit um Macht und Einfluss. Flambard würde kein Gold stiften, um eine Abtei reich zu machen, die dann stark genug ist, um sich ihm zu widersetzen. Er will sein Geld allein in die Kathedrale flieÃen sehen, das Sinnbild seiner geistlichen Macht.«
»Es ist ganz egal, was er will«, knurrte Burchard böse. »Falls Euch das entgangen ist: Er ist nicht hier!«
»Ich verstehe Euch nicht«, sagte Geoffrey und schüttelte den Kopf. »Ihr behauptet doch, dass Ihr den Schatz für die Abtei wollt. Warum habt Ihr gestern dann die zweite Karte vor Turgot verborgen gehalten?«
»Turgot ist ein ehrgeiziger Mann. Ich will nicht, dass er für meine schwere Arbeit den Lohn einstreicht und das Gold selbst ausgräbt.«
»Aber wenn Ihr ihm den Schatz bringt, wird jeder erfahren, dass Ihr ihn gefunden habt«, stellte Geoffrey fest. »Ihr werdet ein Held sein.«
»Allerdings. Und ich werde zuerst mal genau zählen, wie viel da ist. Ich werde nicht zulassen, dass davon etwas in geheimen Sitzungen zwischen Turgot und anderen mächtigen Männern aufgeteilt wird â Sitzungen, zu denen ich nicht eingeladen bin.«
»Wie überaus edel von Euch«, sagte Geoffrey. Er dachte über Burchards Worte nach. Anfangs hatte er den Motiven des Cellerars misstraut, aber je mehr er von ihm hörte, umso überzeugter war er, dass der Mann die Wahrheit sagte. Burchard glaubte, dass der Zweck die Mittel heiligte. Lügen und Stehlen machten ihm nichts aus, solange es nur zum Nutzen der Abtei geschah.
»Ihr seid allein und unbewaffnet«, warf Roger ein. »Wie könnt Ihr sicher sein, dass wir Euch nicht einfach erschlagen?«
»Weil ich Hemming genau gesagt habe, wo ich hingehe. AuÃerdem habe ich erwähnt, dass Ihr euch mir unterwegs womöglich anschlieÃen werdet. Wenn ich sterbe oder verschwinde, weià er, wo er mit den Fragen anfangen muss.«
»Und woher wusstet Ihr, dass wir überhaupt hierherkommen?«
»Ich war mir sicher, dass Jarveauxâ Schatzkarte nicht mehr im Schnee bei dem Haus lag. Also konnte nur eines geschehen sein, nachdem ich sie verloren hatte: Roger hat sie genommen! Folglich würdet Ihr hierher unterwegs sein.«
»Aber Ihr meintet doch, dass Ihr uns nicht genug Verstand zugetraut habt, um den Schatz zu finden.«
»Ja und nein«, wich Burchard aus, da er nur ungern ihren Erfolg anerkennen wollte.
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