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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Neigung zu so schrecklicher Gewalttätigkeit verborgen geblieben sein? Selbst wenn man zugestand, daß eine SibyllPille vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit auszulösen vermochte – denn das mußte der Fall sein –, auch zugestanden, daß es in dieser Verfassung zu Konvulsionen kam, die eine knochenbrecherische Stärke besaßen, ebenso zugegeben, daß Madison in ausgezeichneter physischer Verfassung war und selbst im normalen Zustand kraftvoll genug, um den schweren Pultomaten in die Höhe zu heben, wie er es anläßlich der Reparatur tatsächlich in Reedeths Gegenwart getan hatte – trotz allem ergab die Geschichte, welche Lyla und er erzählten, keinen vernünftigen Sinn.
    Gewiß, die Behauptung, von Mikki Baxendales Privataskaris entführt worden zu sein, fand Untermauerung durch verschiedenartige erhärtende Beweise. Die Stiche der roh vorgenommenen Injektionen waren noch sichtbar, bei Lyla an der Daumenwurzel, wahrscheinlich weil sie ihren Schutzschleier trug, der verhindert hatte, daß man ihr die Nadel dort einstach, wo es bei Madison getan worden war, nämlich in Schulterhöhe. In einem winzigen Fetzchen Narbengewebe, das er aus der Stichwunde des Niebs entfernt hatte, war sogar noch eine nachweisbare Spur Narkolat zu entdecken gewesen, im Blut zurückgeblieben, ehe es gerann. So weit, so gut.
    Doch was den Rest betraf, Madisons leichter Sieg über neun Gegner, die halb irrwitzigen Visionen des Mädchens von zahllosen, vom einen bis zum anderen Ende der Historie wahllos zusammengewürfelten Kampfszenen, deren Gipfel die Voraussage von etwas war, das erst im nächsten Jahr geschehen sollte …
    Reedeths Unterkiefer sackte hinab. Er spürte es, ohne es verhindern zu können. Die gewöhnlich so handfeste Welt ringsherum wirkte auf einmal fadenscheinig, als umwalle ihn nur Nebel. Erst vor ein oder zwei Tagen hatte er selbst erlebt, daß eine Pythoness in der Tat interpretierbare Orakel über ihr völlig fremde Personen von sich geben konnte, so klar immerhin, daß sogar geistlose Automaten sie den entsprechenden Personen mühelos zuordneten. Als seien ihm längst bekannte Tatsachen plötzlich kaleidoskophaft durchgeschüttelt worden und hätten sich dabei zu einem neuen Muster mit einer Botschaft auf nichtverbaler Ebene zusammengefügt, verfiel er auf eine brandneue Hypothese. War es möglich, daß durch den synergistischen Effekt von Narkolat und SibyllPille gemeinsam in Madison ein Talent geweckt worden war, von dem man bislang so wenig ahnte, wie man vor den Pioniertaten von Diana Spitz etwas vom Pythonessen-Talent geahnt hatte? Konnte er um Ereignisse wissen, die noch gar nicht eingetreten waren, kannte er zukünftige Begebenheiten?
    Aber die ganze Idee machte einen so absurden Eindruck, daß er unwillkürlich ein rauhes Auflachen ausstieß, das Lyla dazu bewog, ihn anzusehen, eine vage, ansatzweise Andeutung von Neugier in ihrer Miene.
    „Nichts“, antwortete er mit einem Seufzer auf ihre unausgesprochene Frage. Und bevor er diese dürftige Entgegnung irgendwie ergänzen konnte, summte das KommNetz-Gerät. Auf der Mattscheibe zeigte sich Ariadne, und hinter ihrem hellen Schopf sah er die wohlvertraute Umgebung ihres Heims.
    „Jim, um alles in der Welt, was treibst du an einem Samstagnachmittag in deinem Büro? Zwei Stunden lang habe ich dich zu Hause zu erreichen versucht.“
    „Ich bemühe mich, einen Riesenmist mit den bloßen Händen aufzuräumen“, erwiderte Reedeth unterdrückt. „Das treibe ich hier.“ In kurzer Zusammenfassung unterrichtete er sie davon, was sich zugetragen hatte. „Und obendrein“, beschloß er seine Ausführungen, „kann Miß Clay, wenn ich’s recht verstehe, nicht in ihre Wohnung zurück. Ihr einziger Schlüssel ist bei Mikki Baxendale geblieben, und das Honorar für ihren Auftritt ist direkt auf Dan Kazers Konto gegangen, weil er ja ihr Mackero war, und infolge seines Ablebens ist sein Konto gesperrt, bis die Frage der Erbansprüche geregelt wird. Also hat sie vermutlich nicht mal genug Geld, um einen Schlosser dafür zu bezahlen, daß er ihr die Tür aufmacht.“
    „Das ist kein Problem“, sagte Lyla mit gelinder Geringschätzung. „Harry kann sie mir öffnen. Er hat’s schon einmal gemacht.“
    Verständnislos blickte Reedeth sie an.
    „Ein Kerl, den ich für einen Freund Dans gehalten habe, ist bei mir eingezogen, während ich gestern hier festsaß. Harry hat die Tür geöffnet, und ich konnte ohne Schlüssel hinein.“
    „Haben Sie kein Kontaktschloß an

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