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Das Gottschalk-Komplott

Das Gottschalk-Komplott

Titel: Das Gottschalk-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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gar nicht so falsch damit, auf die Heinzelmännchen AG zurückzugreifen. Angesichts dieser unüberschaubar vielschichtigen modernen Welt, in welcher die Kräfte von Ökonomie und Makroplanung mit der unpersönlichen Gleichgültigkeit regierten wie Sturm und Regen, mochte es für ein Individuum durchaus nicht schlecht sein, sich mit dem Glauben zu beschwichtigen, noch mit den Verhältnissen zurechtkommen zu können. Die Selbstvortäuschung von Zuversicht konnte dem Fügen in die eigene Unzulänglichkeit tatsächlich überlegen sein.
    Was für eine Kultform würde die Heinzelmännchen AG wohl für ihn aushecken? Eine wie Priors, mit langwierigen Zeremoniells in bestimmten Posen? Flamen schüttelte den Kopf. Dessenungeachtet, ob die Heinzelmännchen AG nun eine für die Zielgruppe Blanks gedachte Tochterfirma von Conjuh Man war oder nicht, dort saßen ausgezeichnete, pragmatische Psychologen. Ihm würden sie wahrscheinlich etwas völlig anderes vorschlagen: irgendeinen ziemlich greulichen Kult, bei dessen Riten er Hühnern den Kopf abhacken und sein Gesicht mit ihrem Blut beschmieren mußte. Die Ehrenbezeugungen vor jemandes häuslichem Heinzelmann sollten die eigenen inneren Charakteristika nach außen kehren, und für jemanden, der seine Karriere damit aufgebaut hatte, daß er systematisch Rufmord beging, mußte wohl irgendein Element des Opfers dabei sein …
    Die Stimmungspille tat ihre Wirkung. Seine Gemütsverfassung heiterte sich auf. Aber seine Gereiztheit wich nicht völlig. Wie lange sollte er noch in dieser hochsommerlich schwülen Hitze herumstehen? Zweifelsfrei war es drinnen anständig kühl, aber hier oben war er zusätzlich der Warmluftabgabe aus den Klimaanlagen unterhalb des Skimmer-Parkdecks ausgesetzt, und fast konnte man die Luft rundum mit Händen greifen und auswringen wie einen Putzlappen.
    In die Ginsberg-Klinik hineinzukommen, war anscheinend nicht weniger schwierig, als wieder hinauszugelangen. Vom Parkdeck aus gab es nur einen einzigen Zugang ins Innere, und den bewachten abscheulich logische Automaten. Sein kurzer Wortwechsel mit ihnen hatte ihn nicht nur aufs äußerste frustriert, sondern überdies davon überzeugt, daß man die Menschheit eigentlich in drei Kategorien einteilen müsse: Klinikpersonal, Patienten und potentielle Patienten. Nachdem er recht knapp der Versuchung widerstanden hatte, sich in einem Wutanfall abzureagieren, der ihn wie einen Verrückten hätte wirken lassen, blieb ihm nun nichts anderes übrig, als die Nerven zu behalten, bis diese Therapeutin … Wie lautete doch gleich wieder ihr Name? Ach ja: Dr. Spoelstra. Bis sie an einen KommNetz-Apparat zu gehen und mit ihm zu reden beliebte.
    Mißmutig schickte er sich ins weitere Warten.

Einmädchen-Untergrundbewegung
     
    Man erreichte die RasanTransit-Endstation Ginsberg-Klinik wie ein oral in Kapselform verabreichtes Medikament. RasanTransit-Züge bestanden, wie Regenwürmer, aus Segmenten, aus Abteilen für jeweils eine Person; sie konnten getrennt, umgeleitet, gekoppelt und auseinandergekoppelt werden und auf diese Weise – der Publicity des Betriebsunternehmens zufolge – knapp unter zehn Millionen verschiedene Strecken befahren, vorgegeben durch die elektronisch aktiven Fahrkärtchen, die die Fahrgäste in einen Schlitz in der Armlehne ihres Sitzplatzes stecken mußten. Sobald sie erst einmal in die Tunnel katapultiert worden waren, schleuderten Gewalten sie einher, die so wenig in Frage gestellt werden konnten wie die Gravitation. Es gab keine Fenster, durch die sich hätte erkennen lassen können, ob sich davor oder dahinter andere Abteile befanden; infolge der Geschwindigkeit, mit der diese Segmente dahinsausten, litten nämlich manche Leute am Horizontalsyndrom – eine Art von Schwindelgefühl, das allerdings nicht auf Höhenunterschieden beruhte, sondern auf der überschnellen Bewegung durch die rechtwinklige Horizontalebene –, und infolge der Übelkeitserscheinungen, die damit auftraten, sah es in manchen Abteils nachgerade ekelerregend aus.
    Mit der Vorauszahlung gemäß des Vertrags, den Dan mit der Verwaltung der Ginsberg-Klinik abgeschlossen hatte, waren auch RasanTransit-Tickets eingetroffen. Ohne Zweifel hatte die Klinikverwaltung dagegen vorzubeugen beabsichtigt, daß in der Schlußabrechnung Unkosten für einen Skimmer-Mietflug auftauchten. Die Benutzung von Skimmertaxis war kostspielig. Aber nach der vorletzten Haltestelle kam es Lyla so vor, als werde die Fahrt nie, nie wieder enden. Sie

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