Das Grab in der Hölle
in das magische Quadrat, in dem der Frauenkörper steif und still lag, als wäre er tot. Das Licht der Steine ließ ihn aussehen wie mit Blut übergossen, und Myxin, der am Rande des Quadrats hockte, konnte seinen Blick einfach nicht abwenden.
Immer wieder musste er in das Gesicht schauen, in dem sich kein Muskel bewegte und kein Zucken der Haut verriet, dass vielleicht doch Leben in Kara steckte.
Wie viel Zeit inzwischen vergangen war, wusste der kleine Magier nicht.
Außerdem spielte die Zeit für ihn nur eine zweitrangige Rolle. Er sah den Erfolg, da kam es auf ein Jahr mehr oder weniger nicht an, wenn man gewohnt war, in Tausenden von Jahren zu rechnen.
Myxin war so in Gedanken versunken, dass er nicht merkte, wie ihn jemand beobachtete. Es gab ein Augenpaar, das den Rücken des Magiers nicht losließ, und diese Augen glitzerten gelblich, als würde dort, wo der Wald begann, kein Mensch hocken.
Nichts warnte Myxin, er wähnte sich allein, und er stand langsam auf. Er wollte zu Kara hin, sie anschauen und den Versuch machen, über ihren Körper Kontakt mit ihrem Geist herzustellen. Denn Myxin machte sich auch um John Sinclair Sorgen.
Er dachte an die Kammern der Tausend Qualen. Sie waren ein Begriff in der Dämonenwelt und selbst bei den Schwarzblütern als Strafe gefürchtet. Menschen hatten so gut wie keine Chance, in ihnen zu überleben, weil es auch die Dämonen nicht immer schafften, die Kammern zu durchqueren. Wurde aber ein Mensch mit diesen Schrecken konfrontiert, zerbrach er daran.
Das wusste Myxin, obwohl er die Kammern nie selbst gesehen hatte, aber sie existierten schon seit Anbeginn und würden auch immer bleiben.
Er schritt in das Quadrat hinein und ging neben Kara auf die Knie. Lange schaute er sie aus der Nähe an. Sie regte sich nicht.
Myxin streckte seine Hände aus und fuhr tastend mit den Fingern über das Gesicht der Frau. Kalt, irgendwie erstarrt fühlte sich die Haut an. Als wäre kein Leben mehr in ihr.
»Kara«, hauchte der Magier.
Es war ein Versuch, der fehlschlug, denn eine Antwort bekam Myxin nicht. Kara konnte ihn nicht hören. Der Geist hatte ihren Körper verlassen, und folglich arbeiteten auch die Sinnesorgane nicht mehr.
In einer behutsam anmutenden Bewegung strich Myxin dem Mädchen einige schwarze Haare aus der Stirn, die über die Augenlider gefallen waren. Kara zuckte nicht einmal.
Wie tot lag sie dort.
Und das Augenpaar beobachtete weiter. Aber nicht nur eins, zwei andere hatten sich zugesellt. Noch hockten sie dicht zusammen, wisperten, raunten, doch so leise, dass das Säuseln des Nachtwindes diese Geräusche übertönte.
Dann trennten sich die Augenpaare. Nur eins blieb zurück, die anderen erhoben sich und schwebten plötzlich über den Bäumen, wobei von den Körpern nichts zu sehen war, da sie mit der Dunkelheit der Nacht zu einer Einheit verschmolzen.
Auch jetzt wurde Myxin nicht gewarnt. Seine innere Alarmglocke schlug nicht an, obwohl sich die tödliche Gefahr immer mehr zusammenballte und einen engen Kreis um den kleinen Magier zog. Myxin war von Karas Anblick zu sehr gefesselt.
Wie mochte es ihr ergangen sein? Wo befand sich ihr Geist jetzt? Besaß er überhaupt noch einen Kontakt zu ihrem Körper oder war alles getrennt?
Fragen, auf die Myxin zu gern eine Antwort gehabt hätte, doch er bekam sie nicht.
Kara schwieg. Ihr Mund konnte nicht reden, ihre Augen konnten nicht sehen, sie war ein Wesen ohne Seele. Und schutzlos…
***
Während die Steine weiterhin ihr rotes Licht über die beiden Personen gossen, zog die tödliche Gefahr einen immer enger werdenden Kreis um das magische Quadrat. Von drei Seiten kesselte sie es ein, denn Asmodina hatte ihre Boten geschickt. Sie wusste sehr wohl, wer gegen sie kämpfte, und da sie selbst mit Sinclair beschäftigt war, die Gunst der Stunde jedoch ausnutzen wollte, hatte sie ihre Todesengel auf die Reise geschickt.
Die Wesen mit den feuerroten Haaren, den gelbgrünen Augen und den Flügeln auf den Rücken. Sie stellten das genaue Gegenstück zu den Engeln des Himmels dar, nur waren sie nicht so mächtig, weil Asmodina einen zu starken Egoismus zeigte.
Die Todesengel wussten sich zu bewegen. Sie hatten die Flügel angelegt und ließen sich nur von den Aufwinden tragen, um sich durch das Geräusch der sich bewegenden Flügel nicht zu verraten. Sie wollten über Myxin und Kara kommen wie der Blitz in der Nacht.
Und sie näherten sich dem Quadrat. Lautlos, unbeirrbar…
In der Dunkelheit waren wirklich nur
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