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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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zu sein«, schloß sie. »Ich muß ihm beistehen. Ich muß! Ich muß!«
    Dalton sagte eine Zeitlang nichts, senkte jedoch den Kopf wie in ehrerbietiger
    Verneigung. Diese hingebungsvolle Frau hatte mehr von Christus als er es je bei einem Menschen für möglich gehalten hätte; und angesichts solcher Liebe und Treue brachte er es nicht übers Herz, sie zu drängen.
    Die Worte der Trauer und des Abschieds waren kurz, und James, dessen blaue Augen feucht waren, sah kaum den hageren Alten, als ihm das Tor zur Straße geöffnet wurde. Doch als es hinter ihm ins Schloß fiel, hörte er das grauenerregende Glucksen, das er nun schon so gut kannte, und wußte, daß Surama da war, Surama, den Georgina den bösen Geist ihres Bruders genannt hatte. Während er sich mit festen Schritten entfernte,beschloß Dalton, wachsam zu sein und beim ersten Anzeichen von Gefahr zu handeln.

    Während die Epidemie noch in aller Munde war, schwelten in San Francisco die Ressentiments gegen Clarendon immer weiter. Tatsächlich gab es außerhalb des Zuchthauses nur wenige Fälle, und diese waren zum größten Teil auf die
    mexikanische Unterschicht beschränkt, die wegen der schlechten sanitären Verhältnisse für Krankheiten jeder Art anfällig war, aber den Politikern und der Bevölkerung reichte das schon, um die Angriffe von Clarendons Feinden für gerechtfertigt zu halten. Da jedoch Dalton nach wie vor nichts auf Clarendon kommen ließ, besannen sich die Unzufriedenen, die medizinischen Dogmatiker und die Mitläufer auf die Gesetzgebung, brachten sehr geschickt die Feinde Clarendons und die alten Gegner des Gouverneurs unter einen Hut und bereiteten ein Gesetz vor, demzufolge die Zuständigkeit für die Besetzung mittlerer und unterer Positionen im Staatsdienst vom Gouverneur auf die unmittelbar betroffenen Gremien übergehen sollte.
    In dieser Angelegenheit entwickelte kein Lobbyist größere Aktivität als Clarendons leitender Assistent Dr. Jones, der von Anfang an auf seinen Vorgesetzten eifersüchtig gewesen war und nun eine Möglichkeit sah, die Dinge in seinem Sinne zu beeinflussen; er war seinem Schicksal dankbar dafür, daß er mit dem Vorsitzenden des Anstaltsrats verwandt war, ein Umstand, dem er auch seine jetzige Position verdankte. Falls das neue Gesetz durchkam, würde man Clarendon zweifellos entlassen und ihn an seine Stelle setzen; auf dieses Ziel arbeitete er nun mit aller Kraft hin. Jones hatte alle Eigenschaften, die Clarendon fehlten -er war ein geborener Politiker und ein Opportunist, wie er im Buche steht, und stellte seinen eigenen Vorteil jederzeit über den Dienst an der Wissenschaft. Er war unbemittelt und deshalb auf eine gut dotierte Stellung aus, ganz im Gegensatz zu dem
    wohlhabenden und finanziell unabhängigen Gelehrten, den er verdrängen wollte. Mit rattenhafter Schläue und Hartnäckigkeit arbeitete er daran, dem großen Biologen, der sein Vorgesetzter war, das Wasser abzugraben, und wurde eines Tages mit der Nachricht belohnt, das Gesetz sei verabschiedet worden. Von da an war der Gouverneur nicht mehr für Ernennungen zuständig, und über die medizinische Leitung von St. Quentin hatte nun der Anstaltsrat zu bestimmen.
    Clarendon hatte von all diesen Intrigen nichts mitbekommen. Er, der ganz in seinen administrativen und wissenschaftlichen Arbeiten aufging, war blind für den Verrat, den »dieser Esel Jones« an ihm beging und taub für den Klatsch in der
    Gefängnisverwaltung. Er hatte noch nie in seinem Leben Zeitung gelesen, und durch den Bruch mit Dalton hatte er seine letzte Verbindung zur Außenwelt abgeschnitten. Mit der Naivität eines Einsiedlers hätte er sich nie träumen lassen, daß seine Position gefährdet war. Angesichts von Daltons Loyalität und seiner Bereitschaft, selbst schweres Unrecht zu verzeihen, wie er sie dem alten Clarendon gegenüber bewies, der seinen Vater an der Börse ruiniert hatte, war natürlich eine Entlassung durch den Gouverneur ausgeschlossen, und der Arzt konnte sich in seiner politischen Ahnungslosigkeit auch keinen plötzlichen Machtwechsel vorstellen, der dazu geführt hätte, daß ein anderer über sein Verbleiben im Amt hätte entscheiden können. Deshalb lächelte er auch nur zufrieden, als Dalton nach Sacramento ging, überzeugt, daß seine Stellung in St. Quentin ebenso sicher sei wie das Verbleiben seiner Schwester in seinem Haushalt. Er war es gewöhnt zu bekommen, was er wollte, und bildete sich ein, daß sein Glück ihm immer noch treu sei.
    In der

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