Das große Anime Lösungsbuch: Endlich Japanisch verstehen! (German Edition)
es im Japanischen irrsinnig viele Endungen zu geben. Das rührt daher, dass man auch Sachverhalte mit Endungen ausdrückt, für die wir in Europa eigene Wörter benutzen. Zum Beispiel werden Verneinungen im Deutschen mit „nicht“ ausgedrückt (nicht schlafen, nicht billig), im Englischen mit „not“, im Spanischen mit „no“ und so weiter – im Japanischen dagegen wird das Wort selbst verändert, „schlafen“ hat eine andere Endung als „nicht schlafen“, „billig“ eine andere als „nicht billig“.
Es gibt in der merkwürdigen Welt der Linguistik einen wunderschönen Ausdruck für Sprachen wie das Japanische. Sie heißen „polysyllabisch agglutinierend“. Das bedeutet, allgemeinverständlich ausgedrückt, dass die Wörter mehrere Silben haben und an einen Wortstamm verschiedene Endungen gepappt werden können. Das klingt vielleicht, als ob Deutsch auch eine von diesen „mehrsilbig anpappenden“ Sprachen wäre, da es im Deutschen ja auch Endungen gibt. Aber der erste Eindruck täuscht. Das Deutsche zählt zu den flektierenden, also beugenden Sprachen, weil zum Beispiel „schwimmen“ – „schwamm“ – „geschwommen“ nichts mehr mit Anpappen zu tun hat, sondern weil die Wörter dabei richtig brutal verdreht und zerquetscht werden. Eine schöne „pappende“ Sprache ist zum Beispiel Türkisch – wer Türkisch kann, ist an Partikeln, an mehrere aufeinanderfolgende Endungen und dergleichen gewöhnt und tut sich mit der japanischen Grammatik viel leichter.
Wenn man Japanisch richtig gut sprechen möchte, sollte man diese Endungen alle kennen und auch wissen, wie sie angehängt werden, denn dafür gibt es verschiedene Regeln. Um Japanisch nur verstehen zu können, muss man diese Regeln nicht in allen Details verinnerlicht haben. Es reicht, wenn man heraushören kann, welche Wortstämme es sind und in welche Richtung die Endungen weisen. Stellen sie fest oder fragen sie, bejahen oder verneinen sie, machen sie einen Vorschlag, bringen sie eine Bitte vor oder erteilen sie einen Befehl? Um noch einmal das Beispiel mit den Waffen zu bemühen: Man muss nicht Fechten gelernt haben, um zu verstehen, was es bedeutet, wenn im Film Schauspieler A einen Degen an die Kehle von Schauspieler B hält. Schließlich muss man die Bewegung nicht selbst ausführen. Wenn im Anime jemand etwas fragt, muss man als Zuschauer darauf nicht antworten können. Es reicht, wenn man versteht, dass es eine Frage war. Die Antwort übernimmt schon jemand anderes für uns – schneller, als es uns lieb ist.
Am Anfang ist es nicht einfach, Wortstämme und Endungen beim Hören auseinander zu halten. Angenommen, jemand ruft tabenasai . Wie soll man das Wort teilen? Ist tabena der Stamm und sai die Endung? Oder ist tabe der Stamm und nasai die Endung? Mit jeder Endung, die man kennt, kann man das Gehörte besser ordnen, und im Laufe der Zeit schälen sich immer mehr Wörter und Sätze aus dem Lautgewirr.
Die veränderlichen Wortarten im Japanischen sind Verben und Adjektive. Verben bezeichnen Tätigkeiten, Bewegungen und Veränderungen (wie etwa „werfen“, „fahren“ oder „wachsen“), Adjektive braucht man für Eigenschaften (zum Beispiel „groß“, „hell“ oder „schwierig“). Alle anderen Wortarten verändern sich nicht.
In herkömmlichen Lehrbüchern werden Verben und Adjektive getrennt voneinander behandelt. Das macht durchaus Sinn, weil sie ja etwas grundsätzlich anderes sind. In den meisten Sprachen würde es nur verwirren, die Endungen von Verben und Adjektiven miteinander zu vergleichen. Wofür sollte es schon gut sein, im Deutschen „nehmen – nahm – genommen“ gemeinsam mit „kleiner – kleine – kleines“ zu behandeln? Die Veränderungen von Verben und Adjektiven scheinen nichts gemein zu haben. Deutsche, englische oder französische Verben haben beispielsweise Vergangenheitsformen, die Adjektive dieser Sprachen haben keine. Europäische Verben haben Personalendungen, Adjektive nicht. Adjektive verändern sich nach dem Geschlecht ihres Bezugswortes, Verben nicht, und so weiter. Die beiden Wortarten gehen getrennte Wege.
Im Japanischen aber sieht das anders aus. Nicht nur Verben haben Vergangenheitsformen, Adjektive haben auch welche, und diese ähneln sich. Sowohl Verben als auch Adjektive haben eigene Verneinungsformen, und auch diese hören sich ziemlich ähnlich an. Und beide Wortarten haben höfliche und neutrale Formen, und auch diese sind sich etwas ähnlich.
Da wir üben wollen, die
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