Das große Anime Lösungsbuch: Endlich Japanisch verstehen! (German Edition)
Endungen herauszuhören, ist es sinnvoll, uns Verben und Adjektive in einem Aufwasch vorzuknöpfen. Wenn ein Wort zum Beispiel auf -nai endet, dann ist dies eine Verneinung, ganz gleich, ob von einem Verb oder von einem Adjektiv.
Und in noch einem weiteren Punkt schlagen wir einen anderen Weg ein als die üblichen Lehrbücher. Ich habe eben erwähnt, dass es höfliche und neutrale Endungen gibt. Ein gutes Konversations-Lehrbuch beginnt mit den höflichen Formen, denn wenn man nach Japan kommt, wird man es zunächst eher mit fremden Leuten zu tun haben als mit guten Freunden, und im Zweifelsfall ist es immer besser, einen Deut zu höflich zu sein als zu unhöflich. „Hey, Alter, lass gefälligst mal das Sushi-Zeug rüberwachsen“ist nicht der Satz, der einem ausländischen Besucher die Türen zu den Herzen der Japaner öffnet (auch wenn manche Japanisch-Lerner zu glauben scheinen, es sei besonders cool, mit Kenntnissen der Vulgärsprache zu protzen). Viele Lehrbücher behandeln daher die neutralen Formen gar nicht oder erst sehr spät.
Im Anime aber sieht es anders aus. Dort unterhalten sich meistens junge Leute, Freunde, Familienmitglieder und geifernde Dämonen, und all diese verwenden in den meisten Fällen die ungezwungenere, vertrautere neutrale Sprache. Deshalb fangen wir frech mit den neutralen Formen an.
Noch eines, ehe wir loslegen: Ich habe behauptet, es gebe zwei Wortarten, die sich verändern – Verben und Adjektive. In Wirklichkeit gibt es noch ein einziges Wörtchen, das sich ebenfalls verändert, das aber weder Verb noch Adjektiv ist. Es heißt da und ist das Wort für „sein“ wie in „Ich bin Lehrer“ oder „Das ist ein Tisch“. Im Deutschen ist „sein“ ein Verb, aber im Japanischen bildet es eine eigene Wortklasse. Es ist die sogenannte „Kopula“. Der Einfachheit halber könnten wir fast so tun, als sei es eine Art unregelmäßiges Verb, denn seine Formen sehen eben ein wenig anders aus als die der Verben.
Was Sache ist – die Gegenwart
In der Gegenwartsform kann man Verben leicht von Adjektiven unterscheiden. Die Verben enden auf -u , die Adjektive auf -i . Und das ohne Ausnahme.
Zum Beispiel sind wakaru (verstehen), taberu (essen), nomu (trinken), hanasu (sprechen), kaku (schreiben) oder suru (tun) alle Verben. Suru ist Bestandteil vieler tausend Verben, denn fast immer, wenn man Verben aus dem Chinesischen übernommen hat, hat man ihnen das Wort suru hinzugefügt. So heißt benkyô zum Beispiel „Studium, Lernen“ und benkyô suru „studieren, lernen“. Oder chôsa heißt „Untersuchung“, chôsa suru bedeutet „untersuchen“.
Da das u im Japanischen eher schwach ausgesprochen wird, ist es kein besonders hervorstechendes Merkmal – aber immerhin mehr als andere Sprachen bieten. Man muss nur mal versuchen, im Englischen Verben von Adjektiven an ihren Endungen zu unterscheiden …
Im Gegensatz dazu sind ôkii (groß), yasui (billig), warui (schlecht, böse) oder muzukashii (schwierig) Eigenschaften, also Adjektive. Sie enden brav auf -i .
Nun muss man sich vor Augen führen, was diese Wörter alles bedeuten können. Ich habe hinter wakaru in Klammern „verstehen“ geschrieben, also ist es die Grundform, wie sie im Wörterbuch steht. Wenn man unter „verstehen“ nachschlägt, findet man das Wort wakaru . Aber das ist nicht alles: wakaru bedeutet auch „ich verstehe“, „du verstehst“, „er/sie/es versteht“, „wir verstehen“, und so fort. An der Endung ändert sich nichts. Die Japaner lassen die Person gerne weg, die etwas tut, so dass ein einzelnes Wort wie wakaru tatsächlich oft ein kompletter Satz ist! Die Bedeutung muss man aus dem Zusammenhang erkennen. Meistens spricht man von sich selbst, wenn man eine Aussage macht, also wird wakaru in den allermeisten Fällen „ich verstehe“ bedeuten. Hält man gerade eine Rede über den geheimnisvollen grünschuppigen Drachengott, dann bedeutet der Satz wakaru eben „der geheimnisvolle grünschuppige Drachengott versteht“.
Der japanischen Sprache wird deshalb oft vorgeworfen, schwammig und unklar zu sein. Aber tatsächlich fehlt es nicht der Sprache an Genauigkeit, sondern vielmehr uns Ausländern an Einfühlungsvermögen. Wenn man stets mitdenkt und mitfühlt, anstatt den anderen nur labern zu lassen, kann man in fast 100 Prozent der Fälle genau sagen, von wem und was die Rede ist, auch ohne dass es in jedem Satz immer wieder gesagt wird.
Das gleiche gilt auch für die Eigenschaften. Hat man etwas
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