Das große Anime Lösungsbuch: Endlich Japanisch verstehen! (German Edition)
Frauen gezwungen, einen großen Teil der männlichen Belegschaft zu beschenken. Ein Schokoladengeschenk, das ehrlich gemeint ist und eine behutsame Liebeserklärung darstellt, nennt man honmei-choko (Favoriten-Schokolade). Diese Schokolade ist selbstgemacht oder zumindest etwas kostspieliger. Der Rest, der für ein, zwei Euro in Massen eingekauft und nach dem Gießkannenprinzip verteilt wird, heißt giri-choko (Pflicht-Schokolade). Genau einen Monat später, am sogenannten howaito dê (White Day) haben die Männer die Möglichkeit, sich für die Schokolade zu revanchieren. Sie tun das zum Beispiel mit Keksen, aber auch wertvollere Geschenke werden nicht zurückgewiesen.
Wenn wir schon bei den Liebeserklärungen sind: Ein Teil der Heiraten in Japan sind noch immer keine Liebesheiraten ( ren’ai kekkon ), sondern arrangierte Heiraten ( miai kekkon ). Die Sitte wird bei uns oft missverstanden. Während es früher tatsächlich einmal so war, dass die Eltern über den Kopf ihrer Kinder hinweg eine Heirat vereinbarten und den Betreffenden wenig Mitspracherecht blieb, muss man sich ein solches miai oder o-miai heute ganz anders vorstellen. O-miai bedeutet „sich ansehen und treffen“. Viele Japaner, die heiraten möchten, tun sich mit der Partnersuche schwer, sei es, dass sie schüchtern sind, dass sie kaum Freizeit haben oder anderweitig abgelenkt sind. Verwandte, gute Freunde oder Vorgesetzte nehmen sich solcher Leute an und stellen ihnen einen Partner vor, der zu ihnen passen könnte. Das Treffen, das zwischen den beidenarrangiert wird, verpflichtet sie zu nichts. Es gibt Menschen, die zwanzig o-miai gehabt haben und beim einundzwanzigsten endlich ihren Traumpartner finden. Statistisch gesehen werden arrangierte Ehen nicht unglücklicher oder häufiger geschieden als Liebesheiraten. Das o-miai ist also kein barbarisches Überbleibsel aus einer unkultivierten Zeit, sondern eine echte Hilfe für Menschen, die ernsthaft einen Partner fürs Leben suchen. Da die Vermittler die Kandidaten persönlich kennen und darauf achten, dass sie möglichst viel übereinander erfahren, ist ein o-miai eine wesentlich solidere, vertrauenswürdigere Angelegenheit als irgendeine Partnervermittlung über das Internet, Bekanntschaftsanzeigen oder eine professionelle Ehevermittlung.
Ja, womit beschäftigen sich die Japaner so sehr, dass sie keine Zeit finden, ihren Partner kennen zu lernen? Zum einen bleibt ihnen durch die langen Schul- und Arbeitszeiten pro Tag weniger Freizeit als uns, zum anderen nutzen sie ihre Freizeit anders.
Man bewegt sich gerne in gleichgeschlechtlichen Gruppen durch die Stadt und macht Einkaufsbummel ( shoppingu ) durch riesige Kaufhäuser. Japaner sind sehr modeinteressiert, und die unzähligen Modezeitschriften beliefern ihre Leser/innen ständig mit neuen Kaufanreizen. Die meisten Magazine vertreten eine eigene Moderichtung, und vor allem junge Frauen in den Großstädten scheuen sich nicht, ihre Vorlieben auszuleben.
Zwischendurch kehren sie in Cafés und Eisdielen ein oder trällern ein paar Liedchen beim Karaoke . Straßencafés gibt es in Japan praktisch nicht, dafür findet man kein Kaufhaus, kein Shoppingcenter, keinen größeren Supermarkt ohne ein anständiges Café. Da man in allen Restaurants und Cafés kostenlos mit Wasser ( o-mizu ) oder Tee ( o-cha ) versorgt wird, sobald man auch nur irgendetwas bestellt, kann man dort Stunden verbringen, ohne viel Geld zu investieren. Ganz kostenlos kann man sich in Buchläden vergnügen, indem man dort die neusten Zeitschriften und Mangas liest, ohne sie zu kaufen. Man nennt das tachi-yomi („stehend Lesen“), und kein Buchhändler wagt es, seine Kunden zurechtzuweisen. Typisch japanisch sind auch die vielen furuhon-ya , die Läden für gebrauchte Bücher. Man findet sie fast an jeder Ecke, und sie verkaufen keineswegs nur wertvolle alte Schinken wie viele unserer Antiquariate. Viele furuhon-ya haben sich auf Mangas spezialisiert und bieten neben vielen Einzelnummern auch komplette Serien an. In den meisten furuhon-ya bekommt man auch CDs, DVDs und Videos.
In den größeren Städten locken gigantische Vergnügungsparks ( yûenchi ) oder die Spielhallen an jeder Ecke. Während man Spielhallen bei uns mitzwielichtiger Beleuchtung, Tabakqualm und mit Betrunkenen assoziiert, die sich an Spielautomaten festhalten, sind die Game Center ( gêmu sentâ oder gêsen ) in Japan ein bunter, freundlicher Ort, wo sich junge Leute an einarmigen Banditen, Schießspielen,
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