Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
gefiel, halbwegs günstig lag und erschwinglich war, sofort genommen. Das Basta-Prinzip.
Im Fall der Tauchschule habe ich ebenfalls nur nach » Tauchkurs Eilat« gegoogelt, das Erstbeste gebucht– und hatte mal wieder ein verdammtes Glück. Wir wären eigentlich zu dritt gewesen im Kurs, doch am Abend zuvor hatten die anderen beiden kurzfristig abgesagt. Also bekam ich Einzelunterricht bei David, einem enorm entspannten und charmanten Kerl, der vor 20 Jahren als Kind aus der Ukraine nach Israel eingewandert ist. Er schmiss mich fast sofort ins warme Wasser. Erst zwei Stunden Theorie: Auftrieb, Überdruck, Druckausgleich– bäh, Physik. Aber lebenswichtige Physik, also passte ich halbwegs auf. Dann packten wir die Ausrüstung, ich quälte mich in eine Neoprenpelle, wir fuhren ans Meer. Kein Schwimmbadtraining, wozu auch? Der beste Pool ist das Rote Meer.
Ich schätze, dass jeder etwas hysterisch wird, der zum ersten Mal im Leben die Erfahrung macht, unter Wasser zu atmen. Ich wurde gleich doppelt hysterisch, denn keine zehn Meter vom Strand entfernt beginnt schon der Wahnsinn. Was wir nur aus dem Chinarestaurant-Aquarium kennen, schwimmt hier einfach so in der Gegend herum. Clownfische, Papageienfische, Picassodrücker schießen ungerührt durch die Beine der Badenden, ein getüpfelter Schlangenaal windet sich am Boden, ein Vieh, das aussieht wie ein Stein, drückt sich in einen Felsen, ein Seeigel trudelt über den Meeresboden.
Lektion 1: Nicht unter Wasser lachen, dabei kommt nur Wasser in die Maske.
Lektion 2: Fische kann man nicht mit der Hand fangen, sie wirken immer näher, als sie sind. (Bis auf den Schlangenaal, den habe ich gestreichelt.)
Wir üben Mundstück verlieren, Maske ausblasen, aus der Flasche des Tauchpartners atmen. Ich kämpfe mit dem Druck auf den Ohren, bin anfangs zu ungeduldig mit mir und dem Druckausgleich. David zeigt auf Fische und Korallen, wir gehen tief und immer tiefer. Sechseinhalb Meter, sagt er später, 40 Minuten waren wir beim zweiten Tauchgang unten– ich hatte für beides nicht das geringste Gefühl, weder für Zeit noch für Raum.
Manchmal denke ich, es ist vielleicht ein bisschen viel für die Synapsen, was ich in diesem Jahr erlebe. Jeden Monat eine neue Welt, neue Eindrücke, neue Menschen, neue Lebensbedingungen. Und jetzt auch noch dieser neue K osm os unter Wasser. Gelegentlich platzt mir das Hirn. Vor Freude, vor Verwunderung über diese Welt, auf der ich mich doch nun schon ein halbes Jahrhundert herumgetrieben habe. Aimée , wir können uns freuen: Wir leben auf einem richtig netten Planeten.
Nach drei Tagen schraube ich mein Tauchzeug fast blind zusammen und habe unter Wasser im Griff, wann ich meine Tauchweste aufpumpen oder leeren muss, um die Tiefe (inzwischen 12 Meter) zu erreichen. Es ist wie Autofahren lernen: Anfangs konzentriert man sich verbissen auf das Schalten, das haklige Spiel zwischen Gas und Kupplung, später automatisiert sich das völlig und man kann die schöne Landschaft genießen. Schon nach drei Tagen hatte ich da unten dieses völlig entspannte Gefühl von: Das ist mein Element, hier gehöre ich her. Was, schon wieder auftauchen? Das waren doch erst 55 Minuten!
An Tag 4 mache ich meinen Tauchschein, kriege ein Kärtchen in die Hand gedrückt, dass ich jetzt zertifizierte Sporttaucherin bin, und fahre delirisch wieder in Richtung Norden. Aber das Wasser lässt mich noch nicht los: Wenigstens einmal kurz muss ich im Toten Meer schwimmen und das obligatorische Foto machen: auf dem Rücken Zeitung lesend. Ich habe mir nicht viel davon versprochen, aber wenn ich schon mal in der Gegend bin…
Ich biege also in Ein Bokek ab, schwindele einem Hotelparkplatzbewacher was von einer Reservierung vor, ziehe mich um, wate über den Salzstrand ins warme Wasser und lasse mich sinken. Zuerst muss ich einfach nur hell lachen. Unglaublich! Das ist ja… So fühlt sich das also an! Wie ein Korken, so leicht. Man kann ohne Bodenberührung senkrecht im Wasser stehen, auf der Seite liegen, die Knie anziehen, unsinkbaren Blödsinn machen, yippie! Schnell jemandem mit trockenen Händen die Kamera in die Hand drücken, Beweisfoto machen.
Und dann: einfach nur treiben lassen.
Irgendwann verändert sich das Gefühl. Von der juchzenden Kinderfreude darüber, dass hier alle Lebenserfahrung mit dem Wasser völlig hinfällig ist, zu etwas tief in die Eingeweide, nein: zu Herzen Gehendem. Auf dem Wasser liegen wie auf einem Bett, gewärmt, getragen, geborgen.
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