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Das gruene Zelt

Das gruene Zelt

Titel: Das gruene Zelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Ulitzkaja
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Bett.
    »Iljuscha, die Schreibmaschine und das Manuskript sind verschwunden. Poluschka hat keine Ahnung, wo sie geblieben sind«, beichtete sie ihrem Mann die beunruhigende Neuigkeit.
    »Das war bestimmt der Nager! Wir müssen hier sofort aufräumen!« Ilja reagierte rasch. Eilig suchten sie in Regalen und Geheimverstecken alle gefährlichen Papiere zusammen. Einige mit Büroklammern zusammengeheftete Zigarettenpapierbögen verbrannte Ilja auf der Toilette. Besonders gefährlich waren die Ausgaben der Chronik der laufenden Ereignisse .
    In den Schränken von Olgas Mutter, hinter Romain Rolland und Gorki, stand auch noch einiges. Um drei Uhr nachts war alles Gefährliche in einem alten Koffer verstaut, den sie unter die Garderobe schoben, um am Morgen zu entscheiden, ob sie ihn auf die Datscha bringen sollten oder noch weiter weg, zu Iljas Tante aufs Land.
    Sie konnten lange nicht einschlafen, ergingen sich in abenteuerlichen Vermutungen über die Zukunft, erörterten, ob sie dem Autor des GULAG über Rosa Wassiljewna mitteilen sollten, dass sein Manuskript möglicherweise beim KGB gelandet sei. Sie verabredeten, gleich am nächsten Morgen zu Rosa Wassiljewna zu fahren und ihr ausführlich von dem Vorfall zu berichten. Dann sah Ilja, dass Olga mitten im Satz eingeschlafen war. Plötzlich traf es ihn wie ein Blitz: Morgen werden sie mich verhaften! Ihm brach der Schweiß aus. Es waren noch so viele Spuren nicht beseitigt – die Notizbücher mit sämtlichen Telefonnummern, außerdem musste er zu seiner Mutter, um seine Fotosammlung zu holen und zu verstecken. Die Negative gesondert. Am besten bei der Tante in Kirshatsch. Hoffentlich schaffte er das alles! Er musste um sechs Uhr aufstehen und gleich zu seiner Mutter fahren – mit diesem Gedanken schlief er tief und fest ein.
    Kurz nach acht gab Olga Kostja einen Apfel und schickte ihn zur Schule. Ilja schlief noch. Olga setzte Kaffeewasser auf, und da, zehn nach neun, schrillte das Telefon, und zugleich klingelte es an der Tür. Ilja wachte auf, schaute auf die Uhr und begriff, dass er es nicht geschafft hatte.
    »Geh schnell ins Bad«, kommandierte Olga. Ilja schlüpfte ins Bad und legte den Haken vor. Olga ging öffnen und überlegte auf dem Weg zur Tür, was sie sagen sollte. Und was nicht.
    Sie wusste seit langem, wie so etwas ablief, aber ihr erster Gedanke war: Ich muss Mama anrufen, damit sie mir hilft. Doch sie schämte sich sofort dafür.
    Sechs Männer kamen herein. Keiner in Uniform. Ein Großer hielt ihr, ohne die Mütze abzunehmen, Dienstausweis und Durchsuchungsbeschluss hin. Ganz sachlich, ohne Umschweife. Sie öffneten alle Türen, bis auf die zum Bad.
    »Ist ihr Mann da drin?«, fragte der Große, wobei er die Mütze abnahm. Zusammen mit einem Toupet, das offenbar schlecht befestigt gewesen war. Er sieht aus wie Kossygin, dachte Olga, und plötzlich war ihre Angst verflogen.
    »Ja, mein Mann«, bestätigte sie.
    Ein etwas kleinerer Mann sprang herbei und klopfte an die Tür. »Kommen Sie heraus!«
    »Ich komme«, antwortete Ilja.
    Er erschien nach ein paar Minuten, in einem alten Bademantel des Generals mit Flicken auf den Ärmeln, hastig rasiert.
    Sehr gut, dachte Olga im Stillen.
    »Sie kommen mit uns, zu Ihrer Meldeadresse«, sagte der Kleinere. Er wechselte einen Blick mit dem Großen. Vielsagend.
    Ilja zog sich ohne Hast an.
    Drei Männer standen vor den Bücherschränken.
    »Ihre Bibliothek?«, fragte der Kleinste.
    »Nein, nein, die meisten Bücher gehören meiner Mutter. Sie ist doch eine bekannte Schriftstellerin. Und nebenan, das sind Fachbücher, Militärbauwesen. Mein Vater ist General, er besitzt eine umfangreiche Militärbibliothek.«
    Olga wurde heiterer, weil sie spürte, dass ihre Stimme gut klang, nicht verräterisch zitterte. Ilja merkte sofort, dass ihre Angst einem verwegenen, komplexen Gefühl gewichen war, das unter anderem auch Belustigung enthielt.
    Sehr gut, Mädchen, lobte Ilja seinerseits Olga im Stillen und fühlte sich auch selbst gestärkt. Er trat aus dem Schlafzimmer – rechts ein Kerl, links einer.
    Drei Mann nahmen die Durchsuchung vor, ein weiterer stand an der Tür.
    Der Zeuge, erriet Olga.
    Es war ihr erster unmittelbarer Kontakt mit Sicherheitsleuten, aber sie hatte schon viel darüber gehört, wie so etwas ablief. Sie erwiesen sich als höflicher, als sie vermutet hatte. Einer hatte ein sympathisches Gesicht – wie ein Traktorist oder ein Pferdewärter. Es war sogar gerötet wie bei Menschen vom Land, die viel

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