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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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hatte, aber zum Trotz, war Ryan ein gutmütiger und aufgeschlossener Junge. Doch eines wurde mir klar: Von ihm konnte ich wohl keine Hilfe erwarten, wenn ich versuchen würde, Jamerson und seine Kinder zu verlassen. Dennoch, es tat gut, einen Freund gefunden zu haben.
    Nachdem wir so eine ganze Weile beisammen gesessen waren und geredet hatten, kam mir plötzlich ein anderer Gedanke. Ich beschloss, Ryan direkt daraufhin anzusprechen:
    “Als ihr letzte Nacht so unvermutet aufgetaucht seid, da hat der alte Jamerson etwas ganz seltsames gesagt. Ich wäre keiner von ihnen , oder so... Was hat er damit gemeint? Von wem bin ich keiner?“
    Ryan sah mich finster an.
    „Na von den Anderen“, sagte er leise.
    „Die Anderen?“ Die Art wie er es betont hatte, ließ mich sofort hellhörig werden. Meinte er etwa tatsächlich die Anderen ? Ich wollte sicher gehen.
    „Was meinst du mit die Anderen?“
    Es dauerte etwas, bis er zu einer Antwort ansetzte.
    „Sie kommen nur Nachts. Wenn niemand sie sieht. Ich weiß nicht wer sie sind. Niemand weiß das. Naja... ausgenommen Jamerson. Er sagt, sie dürfen uns nicht kriegen. Er ist vor ihnen auf der Flucht. Sein ganzes Leben schon.“
    „Und was ist mit dir? Hast du sie gesehen?“, fragte ich bebend.
    Er nickte zuerst leicht mit dem Kopf, doch dann schüttelte er ihn energisch.
    „Nicht direkt...“
    „Was meinst du mit nicht direkt?“
    Er schien nach den richtigen Worten zu suchen. Schließlich sagte er.
    „Sie kommen über den Himmel. Von oben, verstehst du?“
    Ich verstand zuerst nicht was er meinte. Doch dann fiel mir meine Flucht vor ihnen, über die Felder, wieder ein. Das Licht war aus dem Himmel gekommen. Und dann dieses Fauchen – wie das machtvolle Fauchen eines gewaltigen Raubtieres.
    „Sie haben silbrige Kutschen, mit denen sie über den Himmel fliegen können.“
    „Du hast diese Kutschen gesehen?“
    Das Thema schien ihm mehr als unangenehm und die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Dennoch wich er meinen bohrenden Fragen nicht aus.
    „Sie sind groß wie ein Heuwagen – aber wesentlich weniger hoch. Ich nehme an, die Anderen sitzen darin. Silbrig, oder auch weiß, sind sie. Aber dort, wo eigentlich die Räder sein sollten, haben sie merkwürdige Zylinder, die frei beweglich zu sein scheinen. Luft strömt daraus hervor – so stark wie der heftigste Sturm...“
    „Wie das Fauchen eines riesigen Raubtieres?“
    Er sah mich verwundert an.
    „Du hast sie auch gesehen?“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Nur die hellen Lichter. Und dann habe ich das Fauchen gehört. Aber ich wusste nicht was es war.“
    Er schürzte die Lippen. Schließlich sagte er:
    “Ja, diese Lichter können einen am meisten Angst machen. Sie sind hell wie der Tag. Niemand kann sich davor verbergen, wenn er nichts findet, um sich zu verstecken. Doch Jamerson hat es bis jetzt immer geschafft, uns vor ihnen in Sicherheit zu bringen. Auch vergangene Nacht.“
    „Letzte Nacht?“ Ich erinnerte mich, dieses Fauchen gehört zu haben. Kurz bevor Jamerson und seine Kinder plötzlich in der Tür gestanden waren.
    „Jamerson sagte, sie wären da. Und was das betrifft kann man sich immer auf ihn verlassen. Er scheint sie regelrecht spüren zu können. Auch wenn man sie selbst nicht sieht. Er weiß es, wenn sie da sind!“
    „Selbst gesehen hast du aber niemals einen dieser Anderen?“, fragte ich.
    „Nur einmal. Aus weiter Ferne. Sie stiegen gerade aus ihrer fliegenden Kutsche. Ich glaube aber, sie waren völlig in ihre Anzüge eingehüllt. Jamerson hat uns sofort weggeführt.“
    Wir redeten noch eine ganze Weile. Aber unsre Gespräche drehten sich fast nur noch um belanglose Dinge. Ich wurde immer einsilbiger. Schließlich erzählte nur noch er. Ich hörte kaum noch zu. Meine Gedanken kreisten um die Anderen. Mehr denn je war ihr Verhalten unverständlich und beängstigend.
    Wer waren sie? Was wollten sie? Und was hatte der alte Jamerson mit ihnen zu tun. Was wusste er, über diese unheimlichen Gestalten? Ich überlegte, ob es Sinn machte, ihn danach zu fragen – bezweifelte es jedoch.
    Doch wer auch immer diese Anderen waren – ob nun Mutanten oder nicht –, es schien offenbar weit mehr von ihnen zu gegeben, als ich bisher angenommen hatte. Doch warum wusste kaum jemand etwas von ihnen? Und diejenigen, die ganz offensichtlich mehr wussten – wie Pater O’Malley zum Beispiel –, diese schwiegen.

Nächtlicher Raubzug
     
    „Liam! Hier drüben!“
    Ich sah mich um. Ryan stand im

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